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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL VIII.
schiffe war geringer, allein die Menge ihrer offenen Kähne
glich dies wieder aus und Philippos Epibaten fochten mit
grossem Muthe; doch unterlag er endlich und fast die Hälfte
seiner Deckschiffe, vier und zwanzig Segel, wurden versenkt
oder genommen, 6000 Matrosen, 3000 makedonische Epibaten
kamen um, darunter der Admiral Demokrates, 2000 wurden
gefangen. Den Bundesgenossen kostete der Sieg nicht mehr
als 800 Mann und sechs Segel. Aber von den Führern der
Verbündeten war Attalos von seiner Flotte abgeschnitten und
gezwungen worden sein Admiralschiff bei Erythrae auf den
Strand laufen zu lassen; und Theophiliskos von Rhodos, des-
sen Bürgermuth den Krieg und dessen Tapferkeit die Schlacht
entschieden hatte, starb den Tag nach derselben an seinen
Wunden. So konnte, während Attalos Flotte in die Heimath
ging und die rhodische vorläufig bei Chios blieb, Philippos,
der fälschlich sich den Sieg zuschrieb, seinen Zug weiter fort-
setzen, und sich nach Samos wenden, um die karischen Städte
zu besetzen. An der karischen Küste lieferten die Rhodier,
diesmal von Attalos nicht unterstützt, der makedonischen
Flotte unter Herakleides ein zweites Treffen bei der kleinen
Insel Lade vor dem Hafen von Milet. Der Sieg, den wieder
beide Theile sich zuschrieben, scheint hier von den Makedo-
niern gewonnen zu sein, denn während die Rhodier nach
Myndos und von da nach Kos zurückwichen, besetzten jene
Milet und ein Geschwader unter dem Aetoler Dikaearchos die
Kykladen. Philippos inzwischen verfolgte auf dem karischen
Festland die Eroberung der rhodischen Besitzungen daselbst
und der griechischen Städte; wenn er Ptolemaeos selbst hätte
angreifen wollen und es nicht vorgezogen hätte sich auf die
Gewinnung seines Beuteantheils zu beschränken, er hätte
jetzt selbst an einen Zug nach Aegypten denken können. In
Karien stand zwar kein Heer den Makedoniern gegenüber
und Philippos durchzog ungehindert die Gegend von Magnesia
bis Mylasa; aber in der Landschaft, wo jede Stadt eine Festung
war, entspann sich ein Belagerungskrieg, der sich in die Länge
zog ohne erhebliche Resultate zu geben oder zu versprechen.
Der Satrap von Lydien Zeuxis unterstützte den Bundesgenos-
sen seines Herrn eben so lau wie Philippos sich bewies in
der Förderung der Interessen des syrischen Königs und die
griechischen Städte gaben Unterstützung nur aus Zwang oder
Furcht. Die Verproviantirung des Heeres ward immer schwie-
riger; Philippos musste heute den plündern, der ihm gestern

DRITTES BUCH. KAPITEL VIII.
schiffe war geringer, allein die Menge ihrer offenen Kähne
glich dies wieder aus und Philippos Epibaten fochten mit
groſsem Muthe; doch unterlag er endlich und fast die Hälfte
seiner Deckschiffe, vier und zwanzig Segel, wurden versenkt
oder genommen, 6000 Matrosen, 3000 makedonische Epibaten
kamen um, darunter der Admiral Demokrates, 2000 wurden
gefangen. Den Bundesgenossen kostete der Sieg nicht mehr
als 800 Mann und sechs Segel. Aber von den Führern der
Verbündeten war Attalos von seiner Flotte abgeschnitten und
gezwungen worden sein Admiralschiff bei Erythrae auf den
Strand laufen zu lassen; und Theophiliskos von Rhodos, des-
sen Bürgermuth den Krieg und dessen Tapferkeit die Schlacht
entschieden hatte, starb den Tag nach derselben an seinen
Wunden. So konnte, während Attalos Flotte in die Heimath
ging und die rhodische vorläufig bei Chios blieb, Philippos,
der fälschlich sich den Sieg zuschrieb, seinen Zug weiter fort-
setzen, und sich nach Samos wenden, um die karischen Städte
zu besetzen. An der karischen Küste lieferten die Rhodier,
diesmal von Attalos nicht unterstützt, der makedonischen
Flotte unter Herakleides ein zweites Treffen bei der kleinen
Insel Lade vor dem Hafen von Milet. Der Sieg, den wieder
beide Theile sich zuschrieben, scheint hier von den Makedo-
niern gewonnen zu sein, denn während die Rhodier nach
Myndos und von da nach Kos zurückwichen, besetzten jene
Milet und ein Geschwader unter dem Aetoler Dikaearchos die
Kykladen. Philippos inzwischen verfolgte auf dem karischen
Festland die Eroberung der rhodischen Besitzungen daselbst
und der griechischen Städte; wenn er Ptolemaeos selbst hätte
angreifen wollen und es nicht vorgezogen hätte sich auf die
Gewinnung seines Beuteantheils zu beschränken, er hätte
jetzt selbst an einen Zug nach Aegypten denken können. In
Karien stand zwar kein Heer den Makedoniern gegenüber
und Philippos durchzog ungehindert die Gegend von Magnesia
bis Mylasa; aber in der Landschaft, wo jede Stadt eine Festung
war, entspann sich ein Belagerungskrieg, der sich in die Länge
zog ohne erhebliche Resultate zu geben oder zu versprechen.
Der Satrap von Lydien Zeuxis unterstützte den Bundesgenos-
sen seines Herrn eben so lau wie Philippos sich bewies in
der Förderung der Interessen des syrischen Königs und die
griechischen Städte gaben Unterstützung nur aus Zwang oder
Furcht. Die Verproviantirung des Heeres ward immer schwie-
riger; Philippos muſste heute den plündern, der ihm gestern

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[514/0528] DRITTES BUCH. KAPITEL VIII. schiffe war geringer, allein die Menge ihrer offenen Kähne glich dies wieder aus und Philippos Epibaten fochten mit groſsem Muthe; doch unterlag er endlich und fast die Hälfte seiner Deckschiffe, vier und zwanzig Segel, wurden versenkt oder genommen, 6000 Matrosen, 3000 makedonische Epibaten kamen um, darunter der Admiral Demokrates, 2000 wurden gefangen. Den Bundesgenossen kostete der Sieg nicht mehr als 800 Mann und sechs Segel. Aber von den Führern der Verbündeten war Attalos von seiner Flotte abgeschnitten und gezwungen worden sein Admiralschiff bei Erythrae auf den Strand laufen zu lassen; und Theophiliskos von Rhodos, des- sen Bürgermuth den Krieg und dessen Tapferkeit die Schlacht entschieden hatte, starb den Tag nach derselben an seinen Wunden. So konnte, während Attalos Flotte in die Heimath ging und die rhodische vorläufig bei Chios blieb, Philippos, der fälschlich sich den Sieg zuschrieb, seinen Zug weiter fort- setzen, und sich nach Samos wenden, um die karischen Städte zu besetzen. An der karischen Küste lieferten die Rhodier, diesmal von Attalos nicht unterstützt, der makedonischen Flotte unter Herakleides ein zweites Treffen bei der kleinen Insel Lade vor dem Hafen von Milet. Der Sieg, den wieder beide Theile sich zuschrieben, scheint hier von den Makedo- niern gewonnen zu sein, denn während die Rhodier nach Myndos und von da nach Kos zurückwichen, besetzten jene Milet und ein Geschwader unter dem Aetoler Dikaearchos die Kykladen. Philippos inzwischen verfolgte auf dem karischen Festland die Eroberung der rhodischen Besitzungen daselbst und der griechischen Städte; wenn er Ptolemaeos selbst hätte angreifen wollen und es nicht vorgezogen hätte sich auf die Gewinnung seines Beuteantheils zu beschränken, er hätte jetzt selbst an einen Zug nach Aegypten denken können. In Karien stand zwar kein Heer den Makedoniern gegenüber und Philippos durchzog ungehindert die Gegend von Magnesia bis Mylasa; aber in der Landschaft, wo jede Stadt eine Festung war, entspann sich ein Belagerungskrieg, der sich in die Länge zog ohne erhebliche Resultate zu geben oder zu versprechen. Der Satrap von Lydien Zeuxis unterstützte den Bundesgenos- sen seines Herrn eben so lau wie Philippos sich bewies in der Förderung der Interessen des syrischen Königs und die griechischen Städte gaben Unterstützung nur aus Zwang oder Furcht. Die Verproviantirung des Heeres ward immer schwie- riger; Philippos muſste heute den plündern, der ihm gestern

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/528>, abgerufen am 21.05.2024.