Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI.
gionen, ferner proprätorischen Rang für seine Adjutanten, wie
die pompeianischen ihn gehabt hatten; auf fünf Jahre hinaus,
auf längere Zeit als je früher ein überhaupt auf bestimmte Zeit
beschränkter Feldherr bestellt worden war, ward dies Amt ihm
gesichert. Den Kern seiner Statthalterschaft bildeten die Trans-
padaner, seit Jahren schon in Hoffnung auf Erlangung des Bür-
gerrechts die Clienten der demokratischen Partei in Rom und
insbesondere Caesars (S. 152). Sein Amtsbezirk erstreckte sich
südlich bis zum Arnus und zum Rubico und schloss Luca und
Ravenna ein; da in der Halbinsel selbst verfassungsmässig keine
Truppen stehen durften (II, 340), so war durch diesen Beschluss
Rom und Italien dem Heerführer der Demokratie auf die näch-
sten fünf Jahre wehrlos überliefert. Nachträglich ward dann noch
die Provinz Narbo mit der einen daselbst befindlichen Legion
zu Caesars Amtsbezirk hinzugefügt, was auf Pompeius Antrag
der Senat beschloss, um wenigstens nicht auch dies Commando
durch ausserordentlichen Bürgerschaftsbeschluss auf Caesar über-
gehen zu sehen. Indem in den Legionen des cis- und transalpi-
nischen Galliens die Coalition und zunächst Caesar das Schwer-
gewicht in der Hand behielt, das ihr die Herrschaft über Italien
auch ferner sicherte, war der Plan der Verbündeten in seinen
wesentlichen Theilen durchgeführt und das erreicht, was Caesar
als Consul sich vorgesetzt hatte. Es versteht sich, dass man ne-
benbei nicht versäumte die Menge durch Spiele und Lustbarkei-
ten aller Art bei guter Laune zu erhalten und dass man gern jede
Gelegenheit ergriff die Kasse der Verbündeten zu füllen; wie denn
zum Beispiel dem König von Aegypten der Volksschluss, der ihn
als legitimen Herrscher anerkannte (S. 146), von der Coalition
um hohen Preis verkauft ward und ebenso andere Dynasten
und Gemeinden Freibriefe und Privilegien bei dieser Gelegenheit
erwarben.

Auch die Stabilität der getroffenen Verfügungen schien hin-
länglich gesichert. Das Consulat war wenigstens für das nächste
Jahr sicheren Händen anvertraut. Das Publicum glaubte anfangs,
dass es Pompeius und Crassus selber bestimmt sei; die Macht-
haber zogen es indess vor zwei untergeordnete, aber zuverlässige
Männer ihrer Partei, Aulus Gabinius, den besten unter Pompeius
Adjutanten, und Lucius Piso, der minder bedeutend, aber Cae-
sars Schwiegervater war, für 696 zu Consuln wählen zu lassen.
Pompeius übernahm es persönlich Italien zu überwachen, wo
er an der Spitze der Zwanzigercommission die Ausführung
des Ackergesetzes betrieb und gegen 20,000 Bürger, grossen-

FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI.
gionen, ferner proprätorischen Rang für seine Adjutanten, wie
die pompeianischen ihn gehabt hatten; auf fünf Jahre hinaus,
auf längere Zeit als je früher ein überhaupt auf bestimmte Zeit
beschränkter Feldherr bestellt worden war, ward dies Amt ihm
gesichert. Den Kern seiner Statthalterschaft bildeten die Trans-
padaner, seit Jahren schon in Hoffnung auf Erlangung des Bür-
gerrechts die Clienten der demokratischen Partei in Rom und
insbesondere Caesars (S. 152). Sein Amtsbezirk erstreckte sich
südlich bis zum Arnus und zum Rubico und schloſs Luca und
Ravenna ein; da in der Halbinsel selbst verfassungsmäſsig keine
Truppen stehen durften (II, 340), so war durch diesen Beschluſs
Rom und Italien dem Heerführer der Demokratie auf die näch-
sten fünf Jahre wehrlos überliefert. Nachträglich ward dann noch
die Provinz Narbo mit der einen daselbst befindlichen Legion
zu Caesars Amtsbezirk hinzugefügt, was auf Pompeius Antrag
der Senat beschloſs, um wenigstens nicht auch dies Commando
durch auſserordentlichen Bürgerschaftsbeschluſs auf Caesar über-
gehen zu sehen. Indem in den Legionen des cis- und transalpi-
nischen Galliens die Coalition und zunächst Caesar das Schwer-
gewicht in der Hand behielt, das ihr die Herrschaft über Italien
auch ferner sicherte, war der Plan der Verbündeten in seinen
wesentlichen Theilen durchgeführt und das erreicht, was Caesar
als Consul sich vorgesetzt hatte. Es versteht sich, daſs man ne-
benbei nicht versäumte die Menge durch Spiele und Lustbarkei-
ten aller Art bei guter Laune zu erhalten und daſs man gern jede
Gelegenheit ergriff die Kasse der Verbündeten zu füllen; wie denn
zum Beispiel dem König von Aegypten der Volksschluſs, der ihn
als legitimen Herrscher anerkannte (S. 146), von der Coalition
um hohen Preis verkauft ward und ebenso andere Dynasten
und Gemeinden Freibriefe und Privilegien bei dieser Gelegenheit
erwarben.

Auch die Stabilität der getroffenen Verfügungen schien hin-
länglich gesichert. Das Consulat war wenigstens für das nächste
Jahr sicheren Händen anvertraut. Das Publicum glaubte anfangs,
daſs es Pompeius und Crassus selber bestimmt sei; die Macht-
haber zogen es indeſs vor zwei untergeordnete, aber zuverlässige
Männer ihrer Partei, Aulus Gabinius, den besten unter Pompeius
Adjutanten, und Lucius Piso, der minder bedeutend, aber Cae-
sars Schwiegervater war, für 696 zu Consuln wählen zu lassen.
Pompeius übernahm es persönlich Italien zu überwachen, wo
er an der Spitze der Zwanzigercommission die Ausführung
des Ackergesetzes betrieb und gegen 20,000 Bürger, groſsen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0206" n="196"/><fw place="top" type="header">FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI.</fw><lb/>
gionen, ferner proprätorischen Rang für seine Adjutanten, wie<lb/>
die pompeianischen ihn gehabt hatten; auf fünf Jahre hinaus,<lb/>
auf längere Zeit als je früher ein überhaupt auf bestimmte Zeit<lb/>
beschränkter Feldherr bestellt worden war, ward dies Amt ihm<lb/>
gesichert. Den Kern seiner Statthalterschaft bildeten die Trans-<lb/>
padaner, seit Jahren schon in Hoffnung auf Erlangung des Bür-<lb/>
gerrechts die Clienten der demokratischen Partei in Rom und<lb/>
insbesondere Caesars (S. 152). Sein Amtsbezirk erstreckte sich<lb/>
südlich bis zum Arnus und zum Rubico und schlo&#x017F;s Luca und<lb/>
Ravenna ein; da in der Halbinsel selbst verfassungsmä&#x017F;sig keine<lb/>
Truppen stehen durften (II, 340), so war durch diesen Beschlu&#x017F;s<lb/>
Rom und Italien dem Heerführer der Demokratie auf die näch-<lb/>
sten fünf Jahre wehrlos überliefert. Nachträglich ward dann noch<lb/>
die Provinz Narbo mit der einen daselbst befindlichen Legion<lb/>
zu Caesars Amtsbezirk hinzugefügt, was auf Pompeius Antrag<lb/>
der Senat beschlo&#x017F;s, um wenigstens nicht auch dies Commando<lb/>
durch au&#x017F;serordentlichen Bürgerschaftsbeschlu&#x017F;s auf Caesar über-<lb/>
gehen zu sehen. Indem in den Legionen des cis- und transalpi-<lb/>
nischen Galliens die Coalition und zunächst Caesar das Schwer-<lb/>
gewicht in der Hand behielt, das ihr die Herrschaft über Italien<lb/>
auch ferner sicherte, war der Plan der Verbündeten in seinen<lb/>
wesentlichen Theilen durchgeführt und das erreicht, was Caesar<lb/>
als Consul sich vorgesetzt hatte. Es versteht sich, da&#x017F;s man ne-<lb/>
benbei nicht versäumte die Menge durch Spiele und Lustbarkei-<lb/>
ten aller Art bei guter Laune zu erhalten und da&#x017F;s man gern jede<lb/>
Gelegenheit ergriff die Kasse der Verbündeten zu füllen; wie denn<lb/>
zum Beispiel dem König von Aegypten der Volksschlu&#x017F;s, der ihn<lb/>
als legitimen Herrscher anerkannte (S. 146), von der Coalition<lb/>
um hohen Preis verkauft ward und ebenso andere Dynasten<lb/>
und Gemeinden Freibriefe und Privilegien bei dieser Gelegenheit<lb/>
erwarben.</p><lb/>
          <p>Auch die Stabilität der getroffenen Verfügungen schien hin-<lb/>
länglich gesichert. Das Consulat war wenigstens für das nächste<lb/>
Jahr sicheren Händen anvertraut. Das Publicum glaubte anfangs,<lb/>
da&#x017F;s es Pompeius und Crassus selber bestimmt sei; die Macht-<lb/>
haber zogen es inde&#x017F;s vor zwei untergeordnete, aber zuverlässige<lb/>
Männer ihrer Partei, Aulus Gabinius, den besten unter Pompeius<lb/>
Adjutanten, und Lucius Piso, der minder bedeutend, aber Cae-<lb/>
sars Schwiegervater war, für 696 zu Consuln wählen zu lassen.<lb/>
Pompeius übernahm es persönlich Italien zu überwachen, wo<lb/>
er an der Spitze der Zwanzigercommission die Ausführung<lb/>
des Ackergesetzes betrieb und gegen 20,000 Bürger, gro&#x017F;sen-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0206] FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI. gionen, ferner proprätorischen Rang für seine Adjutanten, wie die pompeianischen ihn gehabt hatten; auf fünf Jahre hinaus, auf längere Zeit als je früher ein überhaupt auf bestimmte Zeit beschränkter Feldherr bestellt worden war, ward dies Amt ihm gesichert. Den Kern seiner Statthalterschaft bildeten die Trans- padaner, seit Jahren schon in Hoffnung auf Erlangung des Bür- gerrechts die Clienten der demokratischen Partei in Rom und insbesondere Caesars (S. 152). Sein Amtsbezirk erstreckte sich südlich bis zum Arnus und zum Rubico und schloſs Luca und Ravenna ein; da in der Halbinsel selbst verfassungsmäſsig keine Truppen stehen durften (II, 340), so war durch diesen Beschluſs Rom und Italien dem Heerführer der Demokratie auf die näch- sten fünf Jahre wehrlos überliefert. Nachträglich ward dann noch die Provinz Narbo mit der einen daselbst befindlichen Legion zu Caesars Amtsbezirk hinzugefügt, was auf Pompeius Antrag der Senat beschloſs, um wenigstens nicht auch dies Commando durch auſserordentlichen Bürgerschaftsbeschluſs auf Caesar über- gehen zu sehen. Indem in den Legionen des cis- und transalpi- nischen Galliens die Coalition und zunächst Caesar das Schwer- gewicht in der Hand behielt, das ihr die Herrschaft über Italien auch ferner sicherte, war der Plan der Verbündeten in seinen wesentlichen Theilen durchgeführt und das erreicht, was Caesar als Consul sich vorgesetzt hatte. Es versteht sich, daſs man ne- benbei nicht versäumte die Menge durch Spiele und Lustbarkei- ten aller Art bei guter Laune zu erhalten und daſs man gern jede Gelegenheit ergriff die Kasse der Verbündeten zu füllen; wie denn zum Beispiel dem König von Aegypten der Volksschluſs, der ihn als legitimen Herrscher anerkannte (S. 146), von der Coalition um hohen Preis verkauft ward und ebenso andere Dynasten und Gemeinden Freibriefe und Privilegien bei dieser Gelegenheit erwarben. Auch die Stabilität der getroffenen Verfügungen schien hin- länglich gesichert. Das Consulat war wenigstens für das nächste Jahr sicheren Händen anvertraut. Das Publicum glaubte anfangs, daſs es Pompeius und Crassus selber bestimmt sei; die Macht- haber zogen es indeſs vor zwei untergeordnete, aber zuverlässige Männer ihrer Partei, Aulus Gabinius, den besten unter Pompeius Adjutanten, und Lucius Piso, der minder bedeutend, aber Cae- sars Schwiegervater war, für 696 zu Consuln wählen zu lassen. Pompeius übernahm es persönlich Italien zu überwachen, wo er an der Spitze der Zwanzigercommission die Ausführung des Ackergesetzes betrieb und gegen 20,000 Bürger, groſsen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/206
Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/206>, abgerufen am 30.04.2024.