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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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THAPSUS.
Drohungen noch Bitten sie zu öffnen vermochten, begab sich der
König, eine jener im grellen und übermüthigen Lebensgenuss
verwilderten Naturen, die auch aus dem Tode sich ein Taumel-
fest bereiten, mit seinem Begleiter nach einem seiner Landhäuser,
liess einen reichlichen Schmaus auftragen und forderte nach ge-
endeter Mahlzeit den Petreius auf mit ihm im Zweikampf um den
Tod zu fechten. Da es der Besieger Catilinas war, der von der
Hand des Königs den Tod empfing, so liess der König dann von
einem seiner Sclaven sich durchbohren. Die wenigen angesehenen
Männer, welche entkamen, wie Labienus und Sextus Pompeius,
folgten dem älteren Bruder des Letzteren nach Spanien und such-
ten, wie einst Sertorius, in den Gewässern und Gebirgen dieser
immer noch halb unabhängigen Landschaft ein letztes Räuber-
und Piratenasyl. Ohne Widerstand ordnete Caesar die africani-
schen Verhältnisse. Wie schon Curio beantragt hatte, ward das
Reich des Massinissa aufgelöst. Der östlichste Theil oder die
Landschaft von Sitifis ward mit dem Reich des Königs Bocchus
von Ostmauretanien vereinigt (II, 149), auch der treue König
Bogud von Tingis mit ansehnlichen Gaben bedacht. Cirta (Con-
stantine) und den umliegenden Landstrich, die bisher unter Ju-
bas Oberhoheit der Fürst Massinissa und dessen Sohn Arabion
besessen hatten, erhielt der Condottier Publius Sittius, um seine
halbrömischen Schaaren daselbst anzusiedeln; zugleich aber wurde
dieser District so wie überhaupt der bei weitem grösste und
fruchtbarste Theil des bisherigen numidischen Reiches als ,Neu-
africa' mit der bisherigen Provinz Africa vereinigt und die Ver-
theidigung der Küstenlandschaft gegen die schweifenden Stämme
der Wüste, welche die Republik einem Clientelkönig überlassen
hatte, von dem neuen Monarchen auf das Reich selbst über-
nommen.

Der Kampf, den die Republikaner und Pompeianer gegen
Caesars Monarchie unternommen hatten, endigte also nach vier-
jähriger Dauer mit dem vollständigen Sieg des neuen Monar-
chen. Zwar die Monarchie ward nicht erst auf den Schlachtfel-
dern von Pharsalos und Thapsus festgestellt; sie durfte bereits
sich datiren von dem Augenblick, wo Pompeius und Caesar im
Bunde die Gesammtherrschaft begründet und die bisherige ari-
stokratische Verfassung über den Haufen geworfen hatten. Aber
die Consolidirung durch Beseitigung jenes dem Wesen der Allein-
herrschaft widerstreitenden Gesammtregiments und die förm-
liche Anerkennung hat die römische Monarchie erst durch jene
Bluttaufen erhalten. Mit dem sechsten April 708 bestand der

THAPSUS.
Drohungen noch Bitten sie zu öffnen vermochten, begab sich der
König, eine jener im grellen und übermüthigen Lebensgenuſs
verwilderten Naturen, die auch aus dem Tode sich ein Taumel-
fest bereiten, mit seinem Begleiter nach einem seiner Landhäuser,
lieſs einen reichlichen Schmaus auftragen und forderte nach ge-
endeter Mahlzeit den Petreius auf mit ihm im Zweikampf um den
Tod zu fechten. Da es der Besieger Catilinas war, der von der
Hand des Königs den Tod empfing, so lieſs der König dann von
einem seiner Sclaven sich durchbohren. Die wenigen angesehenen
Männer, welche entkamen, wie Labienus und Sextus Pompeius,
folgten dem älteren Bruder des Letzteren nach Spanien und such-
ten, wie einst Sertorius, in den Gewässern und Gebirgen dieser
immer noch halb unabhängigen Landschaft ein letztes Räuber-
und Piratenasyl. Ohne Widerstand ordnete Caesar die africani-
schen Verhältnisse. Wie schon Curio beantragt hatte, ward das
Reich des Massinissa aufgelöst. Der östlichste Theil oder die
Landschaft von Sitifis ward mit dem Reich des Königs Bocchus
von Ostmauretanien vereinigt (II, 149), auch der treue König
Bogud von Tingis mit ansehnlichen Gaben bedacht. Cirta (Con-
stantine) und den umliegenden Landstrich, die bisher unter Ju-
bas Oberhoheit der Fürst Massinissa und dessen Sohn Arabion
besessen hatten, erhielt der Condottier Publius Sittius, um seine
halbrömischen Schaaren daselbst anzusiedeln; zugleich aber wurde
dieser District so wie überhaupt der bei weitem gröſste und
fruchtbarste Theil des bisherigen numidischen Reiches als ‚Neu-
africa‘ mit der bisherigen Provinz Africa vereinigt und die Ver-
theidigung der Küstenlandschaft gegen die schweifenden Stämme
der Wüste, welche die Republik einem Clientelkönig überlassen
hatte, von dem neuen Monarchen auf das Reich selbst über-
nommen.

Der Kampf, den die Republikaner und Pompeianer gegen
Caesars Monarchie unternommen hatten, endigte also nach vier-
jähriger Dauer mit dem vollständigen Sieg des neuen Monar-
chen. Zwar die Monarchie ward nicht erst auf den Schlachtfel-
dern von Pharsalos und Thapsus festgestellt; sie durfte bereits
sich datiren von dem Augenblick, wo Pompeius und Caesar im
Bunde die Gesammtherrschaft begründet und die bisherige ari-
stokratische Verfassung über den Haufen geworfen hatten. Aber
die Consolidirung durch Beseitigung jenes dem Wesen der Allein-
herrschaft widerstreitenden Gesammtregiments und die förm-
liche Anerkennung hat die römische Monarchie erst durch jene
Bluttaufen erhalten. Mit dem sechsten April 708 bestand der

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[425/0435] THAPSUS. Drohungen noch Bitten sie zu öffnen vermochten, begab sich der König, eine jener im grellen und übermüthigen Lebensgenuſs verwilderten Naturen, die auch aus dem Tode sich ein Taumel- fest bereiten, mit seinem Begleiter nach einem seiner Landhäuser, lieſs einen reichlichen Schmaus auftragen und forderte nach ge- endeter Mahlzeit den Petreius auf mit ihm im Zweikampf um den Tod zu fechten. Da es der Besieger Catilinas war, der von der Hand des Königs den Tod empfing, so lieſs der König dann von einem seiner Sclaven sich durchbohren. Die wenigen angesehenen Männer, welche entkamen, wie Labienus und Sextus Pompeius, folgten dem älteren Bruder des Letzteren nach Spanien und such- ten, wie einst Sertorius, in den Gewässern und Gebirgen dieser immer noch halb unabhängigen Landschaft ein letztes Räuber- und Piratenasyl. Ohne Widerstand ordnete Caesar die africani- schen Verhältnisse. Wie schon Curio beantragt hatte, ward das Reich des Massinissa aufgelöst. Der östlichste Theil oder die Landschaft von Sitifis ward mit dem Reich des Königs Bocchus von Ostmauretanien vereinigt (II, 149), auch der treue König Bogud von Tingis mit ansehnlichen Gaben bedacht. Cirta (Con- stantine) und den umliegenden Landstrich, die bisher unter Ju- bas Oberhoheit der Fürst Massinissa und dessen Sohn Arabion besessen hatten, erhielt der Condottier Publius Sittius, um seine halbrömischen Schaaren daselbst anzusiedeln; zugleich aber wurde dieser District so wie überhaupt der bei weitem gröſste und fruchtbarste Theil des bisherigen numidischen Reiches als ‚Neu- africa‘ mit der bisherigen Provinz Africa vereinigt und die Ver- theidigung der Küstenlandschaft gegen die schweifenden Stämme der Wüste, welche die Republik einem Clientelkönig überlassen hatte, von dem neuen Monarchen auf das Reich selbst über- nommen. Der Kampf, den die Republikaner und Pompeianer gegen Caesars Monarchie unternommen hatten, endigte also nach vier- jähriger Dauer mit dem vollständigen Sieg des neuen Monar- chen. Zwar die Monarchie ward nicht erst auf den Schlachtfel- dern von Pharsalos und Thapsus festgestellt; sie durfte bereits sich datiren von dem Augenblick, wo Pompeius und Caesar im Bunde die Gesammtherrschaft begründet und die bisherige ari- stokratische Verfassung über den Haufen geworfen hatten. Aber die Consolidirung durch Beseitigung jenes dem Wesen der Allein- herrschaft widerstreitenden Gesammtregiments und die förm- liche Anerkennung hat die römische Monarchie erst durch jene Bluttaufen erhalten. Mit dem sechsten April 708 bestand der

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/435>, abgerufen am 15.05.2024.