Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite


Wenn der Spieler (qnmt) (der Diener Gottes) dem Jnstrumente gleich wird (qnb), alsdann kömmt auf ihn der Geist Gottes.*)

Nun hören Sie noch, sagte der Fremde ferner, die Erklärung einer Stelle aus der Mischea, wo es heißt: die Ehre deines Nächsten muß dir so lieb seyn als die deinige.

Unsre Lehrer erklären dieses auf folgende Art: Es ist gewiß, daß kein Mensch daran Vergnügen finden wird, sich selbst Ehre anzuthun, dieses wäre ganz lächerlich. Aber eben so lächerlich ist es, auf Ehrenbezeugungen eines andern zu viel zu halten, da wir doch durch diese Ehrenbezeugungen keinen größern innern Werth erhalten, als wir schon haben. Diese Stelle will daher so viel sagen: Die Ehre deines Nächsten (die dein Nächster dir erzeigt) muß dir so wenig lieb seyn, als die deinige (die du dir selbst erzeigst)." B. J. konnte nicht

*) Das Sinnreiche dieser Erklärungsart besteht darin, daß im Hebräischen qn sowohl das Jnfinitivum von Spielen, als ein musikalisches Jnstrument bedeuten, und das b, das demselben vorgesetzt wird, sowohl mit als, als auch mit gleich ausgelegt werden kann. Die hohen Obern, die die Stellen der heiligen Schrift aus dem Zusammenhange herausrissen, indem sie dieselben blos als Vehikel zu ihren Lehren betrachteten, wählten daher diejenige Bedeutung, die ihrem Prinzip von der Selbstvernichtung vor Gott am angemessensten war.


Wenn der Spieler (קנםת) (der Diener Gottes) dem Jnstrumente gleich wird (קנב), alsdann koͤmmt auf ihn der Geist Gottes.*)

Nun hoͤren Sie noch, sagte der Fremde ferner, die Erklaͤrung einer Stelle aus der Mischea, wo es heißt: die Ehre deines Naͤchsten muß dir so lieb seyn als die deinige.

Unsre Lehrer erklaͤren dieses auf folgende Art: Es ist gewiß, daß kein Mensch daran Vergnuͤgen finden wird, sich selbst Ehre anzuthun, dieses waͤre ganz laͤcherlich. Aber eben so laͤcherlich ist es, auf Ehrenbezeugungen eines andern zu viel zu halten, da wir doch durch diese Ehrenbezeugungen keinen groͤßern innern Werth erhalten, als wir schon haben. Diese Stelle will daher so viel sagen: Die Ehre deines Naͤchsten (die dein Naͤchster dir erzeigt) muß dir so wenig lieb seyn, als die deinige (die du dir selbst erzeigst).« B. J. konnte nicht

*) Das Sinnreiche dieser Erklaͤrungsart besteht darin, daß im Hebraͤischen קנ sowohl das Jnfinitivum von Spielen, als ein musikalisches Jnstrument bedeuten, und das ב, das demselben vorgesetzt wird, sowohl mit als, als auch mit gleich ausgelegt werden kann. Die hohen Obern, die die Stellen der heiligen Schrift aus dem Zusammenhange herausrissen, indem sie dieselben blos als Vehikel zu ihren Lehren betrachteten, waͤhlten daher diejenige Bedeutung, die ihrem Prinzip von der Selbstvernichtung vor Gott am angemessensten war.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0077" n="77"/><lb/>
Wenn der Spieler (&#x05E7;&#x05E0;&#x05DD;&#x05EA;) <hi rendition="#b">(der Diener Gottes)</hi> dem  Jnstrumente gleich wird (&#x05E7;&#x05E0;&#x05D1;), alsdann ko&#x0364;mmt auf ihn  der Geist Gottes.*)<note place="foot"><p>*) Das  Sinnreiche dieser Erkla&#x0364;rungsart besteht darin, daß  im Hebra&#x0364;ischen &#x05E7;&#x05E0; sowohl das Jnfinitivum von <hi rendition="#b">Spielen,</hi> als ein <hi rendition="#b">musikalisches Jnstrument</hi> bedeuten, und das &#x05D1;, das demselben vorgesetzt  wird, sowohl mit <hi rendition="#b">als,</hi> als  auch mit <hi rendition="#b">gleich</hi> ausgelegt  werden kann. Die hohen Obern, die die Stellen der  heiligen Schrift <hi rendition="#b">aus dem  Zusammenhange herausrissen,</hi> indem sie  dieselben blos als <hi rendition="#b">Vehikel</hi> zu ihren Lehren betrachteten,  wa&#x0364;hlten daher diejenige Bedeutung, die ihrem  Prinzip von der <hi rendition="#b">Selbstvernichtung vor Gott</hi> am  angemessensten war.</p></note></p>
            <p>Nun ho&#x0364;ren Sie noch, sagte der Fremde ferner, die  Erkla&#x0364;rung einer Stelle aus der <hi rendition="#b">Mischea,</hi> wo es heißt: <hi rendition="#b">die Ehre deines Na&#x0364;chsten muß dir so lieb seyn als  die deinige.</hi></p>
            <p>Unsre Lehrer erkla&#x0364;ren dieses auf folgende Art: Es ist  gewiß, daß kein Mensch daran Vergnu&#x0364;gen finden wird, <hi rendition="#b">sich selbst Ehre  anzuthun,</hi> dieses wa&#x0364;re ganz la&#x0364;cherlich. Aber  eben so la&#x0364;cherlich ist es, auf Ehrenbezeugungen  eines andern zu viel zu halten, da wir doch durch  diese Ehrenbezeugungen keinen gro&#x0364;ßern innern Werth  erhalten, als wir schon haben. Diese Stelle will  daher so viel sagen: Die Ehre deines Na&#x0364;chsten (die  dein Na&#x0364;chster dir erzeigt) muß dir so wenig lieb  seyn, als die deinige (die du dir selbst erzeigst).« <hi rendition="#b">B. J.</hi> konnte nicht<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0077] Wenn der Spieler (קנםת) (der Diener Gottes) dem Jnstrumente gleich wird (קנב), alsdann koͤmmt auf ihn der Geist Gottes.*) Nun hoͤren Sie noch, sagte der Fremde ferner, die Erklaͤrung einer Stelle aus der Mischea, wo es heißt: die Ehre deines Naͤchsten muß dir so lieb seyn als die deinige. Unsre Lehrer erklaͤren dieses auf folgende Art: Es ist gewiß, daß kein Mensch daran Vergnuͤgen finden wird, sich selbst Ehre anzuthun, dieses waͤre ganz laͤcherlich. Aber eben so laͤcherlich ist es, auf Ehrenbezeugungen eines andern zu viel zu halten, da wir doch durch diese Ehrenbezeugungen keinen groͤßern innern Werth erhalten, als wir schon haben. Diese Stelle will daher so viel sagen: Die Ehre deines Naͤchsten (die dein Naͤchster dir erzeigt) muß dir so wenig lieb seyn, als die deinige (die du dir selbst erzeigst).« B. J. konnte nicht *) Das Sinnreiche dieser Erklaͤrungsart besteht darin, daß im Hebraͤischen קנ sowohl das Jnfinitivum von Spielen, als ein musikalisches Jnstrument bedeuten, und das ב, das demselben vorgesetzt wird, sowohl mit als, als auch mit gleich ausgelegt werden kann. Die hohen Obern, die die Stellen der heiligen Schrift aus dem Zusammenhange herausrissen, indem sie dieselben blos als Vehikel zu ihren Lehren betrachteten, waͤhlten daher diejenige Bedeutung, die ihrem Prinzip von der Selbstvernichtung vor Gott am angemessensten war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/77
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/77>, abgerufen am 13.05.2024.