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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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muss, wenn das Ende von Allem ist: Miss-
brauch unsers Vertrauens
".

Und Zimmermann *) schreibt in besonderer
Anwendung auf Friedrich den Grossen: "Oft
hat man über Friedrichs schreckliche Menschen-
Verachtung geklagt. Hat man aber auch be-
dacht: Wie ganz unmöglich es seyn mag, Mo-
narch zu seyn, den Menschen recht und ganz
ins Herz zu sehen, und sie dann nicht oft samt
und sonders aus ganzem Herzen zu verachten?
Gott bewahre doch jedes reine Herz, dass es
von Welt und Menschen nicht so viel wisse,
erfahre und kenne, was jeder scharfsinnige und
hellsehende Monarch wissen kann und erfah-
ren muss".

Büsching **) drückte sich hierüber weniger
unverblümt aus: "Man hat keine Ursache",
schreibt er, "sich zu wundern, dass der König
in vielen Fällen ein grosses Misstrauen geaüs-
sert und wenige Menschen für ehrlich und zu-
verlässig gehalten hat: Denn er war zu häufig
und stark betrogen worden. Er klagte oft darü-
ber. -- Das Misstrauen nahm bey Ihm, so wie
bey jedem andern Menschen, mit dem Alter

*) In den Fragmenten II. B. S. 197.
**) In dem Leben Friedrichs II. S. 267.

muſs, wenn das Ende von Allem ist: Miſs-
brauch unsers Vertrauens
„.

Und Zimmermann *) schreibt in besonderer
Anwendung auf Friedrich den Groſsen: „Oft
hat man über Friedrichs schreckliche Menschen-
Verachtung geklagt. Hat man aber auch be-
dacht: Wie ganz unmöglich es seyn mag, Mo-
narch zu seyn, den Menschen recht und ganz
ins Herz zu sehen, und sie dann nicht oft samt
und sonders aus ganzem Herzen zu verachten?
Gott bewahre doch jedes reine Herz, daſs es
von Welt und Menschen nicht so viel wisse,
erfahre und kenne, was jeder scharfsinnige und
hellsehende Monarch wissen kann und erfah-
ren muſs„.

Büsching **) drückte sich hierüber weniger
unverblümt aus: „Man hat keine Ursache„,
schreibt er, „sich zu wundern, daſs der König
in vielen Fällen ein groſses Miſstrauen geaüs-
sert und wenige Menschen für ehrlich und zu-
verlässig gehalten hat: Denn er war zu häufig
und stark betrogen worden. Er klagte oft darü-
ber. — Das Miſstrauen nahm bey Ihm, so wie
bey jedem andern Menschen, mit dem Alter

*) In den Fragmenten II. B. S. 197.
**) In dem Leben Friedrichs II. S. 267.
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[268/0274] muſs, wenn das Ende von Allem ist: Miſs- brauch unsers Vertrauens„. Und Zimmermann *) schreibt in besonderer Anwendung auf Friedrich den Groſsen: „Oft hat man über Friedrichs schreckliche Menschen- Verachtung geklagt. Hat man aber auch be- dacht: Wie ganz unmöglich es seyn mag, Mo- narch zu seyn, den Menschen recht und ganz ins Herz zu sehen, und sie dann nicht oft samt und sonders aus ganzem Herzen zu verachten? Gott bewahre doch jedes reine Herz, daſs es von Welt und Menschen nicht so viel wisse, erfahre und kenne, was jeder scharfsinnige und hellsehende Monarch wissen kann und erfah- ren muſs„. Büsching **) drückte sich hierüber weniger unverblümt aus: „Man hat keine Ursache„, schreibt er, „sich zu wundern, daſs der König in vielen Fällen ein groſses Miſstrauen geaüs- sert und wenige Menschen für ehrlich und zu- verlässig gehalten hat: Denn er war zu häufig und stark betrogen worden. Er klagte oft darü- ber. — Das Miſstrauen nahm bey Ihm, so wie bey jedem andern Menschen, mit dem Alter *) In den Fragmenten II. B. S. 197. **) In dem Leben Friedrichs II. S. 267.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/274>, abgerufen am 30.04.2024.