Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

ben, ohne dass er es selbst wahrnahm, sicht-
bar einwürkte. -- Die Freyheit des Landes ward
gegen den aufwachenden Finanzgeist kaum ge-
schüzt; und der Herzog selbst, der sich an
soldatischen Gehorsam und soldatische Schleu-
nigkeit gewöhnt hatte, fand jede freymüthigere
Vorstellung seiner Räthe, jede alttönende, land-
ständische Bitte unerträglich. -- So edel und
gütig Johann Friedrich war, jeder muthvollere
Widerspruch schien ihm unerträglich; so sehr
er Groten persönlich liebte, selbst Grote durfte
es nicht wagen, seiner einmahl gefassten Mei-
nung mit dem feinverhülltesten Widerspruch
zu begegnen. So grossmüthig er wich, so bil-
ligkeitsvoll er selbst zurücktrat, so bald ihn
die Wahrheit mit aller der zarten Langsamkeit,
womit gewöhnlich die Zeit würkt, allmälig
überschlich, so unerbittlich schien er zu ste-
hen, wenn die Landstände auf Recht drangen,
die alten Räthe als alte redliche Männer sprachen.

Mit Uebergehung vieler andern ähnlichen
Zeugnisse und Beyspiele führe ich nur noch an,
dass noch im Jahr 1736. Herzog Ernst August
von Sachsen-Weimar, ein originaler Selbstherr-
scher, in einer offentlich gedruckten Verord-
nung bekannt machen lassen: "Das vielfälti-

ben, ohne daſs er es selbst wahrnahm, sicht-
bar einwürkte. — Die Freyheit des Landes ward
gegen den aufwachenden Finanzgeist kaum ge-
schüzt; und der Herzog selbst, der sich an
soldatischen Gehorsam und soldatische Schleu-
nigkeit gewöhnt hatte, fand jede freymüthigere
Vorstellung seiner Räthe, jede alttönende, land-
ständische Bitte unerträglich. — So edel und
gütig Johann Friedrich war, jeder muthvollere
Widerspruch schien ihm unerträglich; so sehr
er Groten persönlich liebte, selbst Grote durfte
es nicht wagen, seiner einmahl gefaſsten Mei-
nung mit dem feinverhülltesten Widerspruch
zu begegnen. So groſsmüthig er wich, so bil-
ligkeitsvoll er selbst zurücktrat, so bald ihn
die Wahrheit mit aller der zarten Langsamkeit,
womit gewöhnlich die Zeit würkt, allmälig
überschlich, so unerbittlich schien er zu ste-
hen, wenn die Landstände auf Recht drangen,
die alten Räthe als alte redliche Männer sprachen.

Mit Uebergehung vieler andern ähnlichen
Zeugnisse und Beyspiele führe ich nur noch an,
daſs noch im Jahr 1736. Herzog Ernst August
von Sachsen-Weimar, ein originaler Selbstherr-
scher, in einer offentlich gedruckten Verord-
nung bekannt machen lassen: „Das vielfälti-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0041" n="35"/>
ben, ohne da&#x017F;s er es selbst wahrnahm, sicht-<lb/>
bar einwürkte. &#x2014; Die Freyheit des Landes ward<lb/>
gegen den aufwachenden Finanzgeist kaum ge-<lb/>
schüzt; und der Herzog selbst, der sich an<lb/>
soldatischen Gehorsam und soldatische Schleu-<lb/>
nigkeit gewöhnt hatte, fand jede freymüthigere<lb/>
Vorstellung seiner Räthe, jede alttönende, land-<lb/>
ständische Bitte unerträglich. &#x2014; So edel und<lb/>
gütig Johann Friedrich war, jeder muthvollere<lb/>
Widerspruch schien ihm unerträglich; so sehr<lb/>
er <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Groten</hi></hi> persönlich liebte, selbst <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Grote</hi></hi> durfte<lb/>
es nicht wagen, seiner einmahl gefa&#x017F;sten Mei-<lb/>
nung mit dem feinverhülltesten Widerspruch<lb/>
zu begegnen. So gro&#x017F;smüthig er wich, so bil-<lb/>
ligkeitsvoll er selbst zurücktrat, so bald ihn<lb/>
die Wahrheit mit aller der zarten Langsamkeit,<lb/>
womit gewöhnlich die Zeit würkt, allmälig<lb/>
überschlich, so unerbittlich schien er zu ste-<lb/>
hen, wenn die Landstände <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">auf Recht</hi></hi> drangen,<lb/>
die alten Räthe als alte redliche Männer sprachen.</p><lb/>
        <p>Mit Uebergehung vieler andern ähnlichen<lb/>
Zeugnisse und Beyspiele führe ich nur noch an,<lb/>
da&#x017F;s noch im Jahr 1736. Herzog Ernst August<lb/>
von Sachsen-Weimar, ein originaler Selbstherr-<lb/>
scher, in einer offentlich gedruckten Verord-<lb/>
nung bekannt machen lassen: &#x201E;<hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Das vielfälti-<lb/></hi></hi></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0041] ben, ohne daſs er es selbst wahrnahm, sicht- bar einwürkte. — Die Freyheit des Landes ward gegen den aufwachenden Finanzgeist kaum ge- schüzt; und der Herzog selbst, der sich an soldatischen Gehorsam und soldatische Schleu- nigkeit gewöhnt hatte, fand jede freymüthigere Vorstellung seiner Räthe, jede alttönende, land- ständische Bitte unerträglich. — So edel und gütig Johann Friedrich war, jeder muthvollere Widerspruch schien ihm unerträglich; so sehr er Groten persönlich liebte, selbst Grote durfte es nicht wagen, seiner einmahl gefaſsten Mei- nung mit dem feinverhülltesten Widerspruch zu begegnen. So groſsmüthig er wich, so bil- ligkeitsvoll er selbst zurücktrat, so bald ihn die Wahrheit mit aller der zarten Langsamkeit, womit gewöhnlich die Zeit würkt, allmälig überschlich, so unerbittlich schien er zu ste- hen, wenn die Landstände auf Recht drangen, die alten Räthe als alte redliche Männer sprachen. Mit Uebergehung vieler andern ähnlichen Zeugnisse und Beyspiele führe ich nur noch an, daſs noch im Jahr 1736. Herzog Ernst August von Sachsen-Weimar, ein originaler Selbstherr- scher, in einer offentlich gedruckten Verord- nung bekannt machen lassen: „Das vielfälti-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/41
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/41>, abgerufen am 26.04.2024.