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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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will und kann. In Verfassungen aber, wo Land-
stände sind, sieht man erst eigentlich das Bie-
ten und Wiederbieten, die Versteigerung dieses
Fürstlichen guten Willens und wie Kaüfer und
Verkäufer sich zuweilen von einander trennen,
biss höhere Gewalt, Noth und Betrug sie wie-
der unter sich nähern, und zulezt ein erlogenes
Lob, woran keiner von beyden Theilen glaubt,
noch in Kauf gegeben wird.

Den actenmässigen Beweis davon könnte
man finden wenn man aus der Geschichte der
deutschen Landtäge nur die einträglichen Arti-
kel von Wildschaden, von Lotto, von schlech-
ter Münze, vom Diensthandel u. s. w. aushe-
ben, und bey jeder Rubrik die Summen beyse-
zen wollte, wie theuer die Abschaffung dieser
Beschwerden erkauft werden, und wie viel Dank
und Lob noch dazu gelogen werden müssen.
So wahr ist es was ein kluger Mann *) jüngst
gesagt hat: Alles ist jezt so verkehrt, dass man
nöthig hat, zu loben, was von Rechts wegen ge-
than werden muss, weil es so selten gethan wird.


Ein Journal von lauter guten, schönen, löb-
lichen Handlungen der Fürsten würde einem

*) Berliner-Monatschrift. Febr. 1785. S. 158.

will und kann. In Verfassungen aber, wo Land-
stände sind, sieht man erst eigentlich das Bie-
ten und Wiederbieten, die Versteigerung dieses
Fürstlichen guten Willens und wie Kaüfer und
Verkäufer sich zuweilen von einander trennen,
biſs höhere Gewalt, Noth und Betrug sie wie-
der unter sich nähern, und zulezt ein erlogenes
Lob, woran keiner von beyden Theilen glaubt,
noch in Kauf gegeben wird.

Den actenmäſsigen Beweis davon könnte
man finden wenn man aus der Geschichte der
deutschen Landtäge nur die einträglichen Arti-
kel von Wildschaden, von Lotto, von schlech-
ter Münze, vom Diensthandel u. s. w. aushe-
ben, und bey jeder Rubrik die Summen beyse-
zen wollte, wie theuer die Abschaffung dieser
Beschwerden erkauft werden, und wie viel Dank
und Lob noch dazu gelogen werden müssen.
So wahr ist es was ein kluger Mann *) jüngst
gesagt hat: Alles ist jezt so verkehrt, daſs man
nöthig hat, zu loben, was von Rechts wegen ge-
than werden muſs, weil es so selten gethan wird.


Ein Journal von lauter guten, schönen, löb-
lichen Handlungen der Fürsten würde einem

*) Berliner-Monatschrift. Febr. 1785. S. 158.
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[82/0088] will und kann. In Verfassungen aber, wo Land- stände sind, sieht man erst eigentlich das Bie- ten und Wiederbieten, die Versteigerung dieses Fürstlichen guten Willens und wie Kaüfer und Verkäufer sich zuweilen von einander trennen, biſs höhere Gewalt, Noth und Betrug sie wie- der unter sich nähern, und zulezt ein erlogenes Lob, woran keiner von beyden Theilen glaubt, noch in Kauf gegeben wird. Den actenmäſsigen Beweis davon könnte man finden wenn man aus der Geschichte der deutschen Landtäge nur die einträglichen Arti- kel von Wildschaden, von Lotto, von schlech- ter Münze, vom Diensthandel u. s. w. aushe- ben, und bey jeder Rubrik die Summen beyse- zen wollte, wie theuer die Abschaffung dieser Beschwerden erkauft werden, und wie viel Dank und Lob noch dazu gelogen werden müssen. So wahr ist es was ein kluger Mann *) jüngst gesagt hat: Alles ist jezt so verkehrt, daſs man nöthig hat, zu loben, was von Rechts wegen ge- than werden muſs, weil es so selten gethan wird. Ein Journal von lauter guten, schönen, löb- lichen Handlungen der Fürsten würde einem *) Berliner-Monatschrift. Febr. 1785. S. 158.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/88>, abgerufen am 27.04.2024.