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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Triumphus Temporis,
Oder
Siegs-Gepränge der Zeit/ aus
Frantz Petrarchen.
DJe güldne Röthin schloß des Himmels-Thüren auff/
Und ließ den Morgen-Glantz zur Seiten seinen Lauff;
Bald brach die Sonn' berfür/ und rüff die Feuer
Pferde/

Nach der gewohnten Pflicht zu fahren umb die Erde!
Als sie sich nun erhöht auf ihrem Wagen sah'/
Und der beflammte Blitz offt hier und wieder da
Aus beyden Augen brach/ an jeden Ort gerichtet/
Gleichwie ein alter Mann bey vollem Schauplatz dichtet/
Und stille Reden führt: so sprach sie auch bey sich/
Was fang' ich weiter an/ itzt ist es Zeit für mich/
Daß mein bemühter Fleiß aus allen Kräfften gehe/
Und diesem was mich kränckt behutsam widerstehe;
Wird einer/ den die Ehr im Leben groß gemacht/
Und der durch klugen Witz den Menschen Heil gebracht/
Wenn er die Welt verläst/ und seine Stunde schläget/
Zugleich mit Lob und Ruhm ins finstre Grab geleget?
Nein/ diß was irdisch war'/ der Leib wird hingesetzt/
Der Nachklang so ihn rühmt und seine Thaten schätzt/
Lebt länger als wir selbst/ und blüht in tausend Zungen;
Wo bleibt nun das Gesetz? das allen auffgedrungen/
Und das die Sterblichen mit leisem Munde lehrt/
Wie Auff- und Untergang der Menschen Hoffnung stört.
Bricht ihres Namens Schall durch Kercker/ Grufft und Bahre/
So wird es noch geschehen/ daß ich zu spät' erfahre/
Wie unser Licht verlescht/ und wie mein edler Schein/
Der dieser gantzen Welt und allen in gemein
Zu
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Triumphus Temporis,
Oder
Siegs-Gepraͤnge der Zeit/ aus
Frantz Petrarchen.
DJe guͤldne Roͤthin ſchloß des Himmels-Thuͤren auff/
Und ließ den Morgen-Glantz zur Seiten ſeinen Lauff;
Bald brach die Sonn’ berfuͤr/ und ruͤff die Feuer
Pferde/

Nach der gewohnten Pflicht zu fahren umb die Erde!
Als ſie ſich nun erhoͤht auf ihrem Wagen ſah’/
Und der beflammte Blitz offt hier und wieder da
Aus beyden Augen brach/ an jeden Ort gerichtet/
Gleichwie ein alter Mann bey vollem Schauplatz dichtet/
Und ſtille Reden fuͤhrt: ſo ſprach ſie auch bey ſich/
Was fang’ ich weiter an/ itzt iſt es Zeit fuͤr mich/
Daß mein bemuͤhter Fleiß aus allen Kraͤfften gehe/
Und dieſem was mich kraͤnckt behutſam widerſtehe;
Wird einer/ den die Ehr im Leben groß gemacht/
Und der durch klugen Witz den Menſchen Heil gebracht/
Wenn er die Welt verlaͤſt/ und ſeine Stunde ſchlaͤget/
Zugleich mit Lob und Ruhm ins finſtre Grab geleget?
Nein/ diß was irdiſch war’/ der Leib wird hingeſetzt/
Der Nachklang ſo ihn ruͤhmt und ſeine Thaten ſchaͤtzt/
Lebt laͤnger als wir ſelbſt/ und bluͤht in tauſend Zungen;
Wo bleibt nun das Geſetz? das allen auffgedrungen/
Und das die Sterblichen mit leiſem Munde lehrt/
Wie Auff- und Untergang der Menſchen Hoffnung ſtoͤrt.
Bricht ihres Namens Schall durch Kercker/ Grufft und Bahre/
So wird es noch geſchehen/ daß ich zu ſpaͤt’ erfahre/
Wie unſer Licht verleſcht/ und wie mein edler Schein/
Der dieſer gantzen Welt und allen in gemein
Zu
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[3/0731] Triumphus Temporis, Oder Siegs-Gepraͤnge der Zeit/ aus Frantz Petrarchen. DJe guͤldne Roͤthin ſchloß des Himmels-Thuͤren auff/ Und ließ den Morgen-Glantz zur Seiten ſeinen Lauff; Bald brach die Sonn’ berfuͤr/ und ruͤff die Feuer Pferde/ Nach der gewohnten Pflicht zu fahren umb die Erde! Als ſie ſich nun erhoͤht auf ihrem Wagen ſah’/ Und der beflammte Blitz offt hier und wieder da Aus beyden Augen brach/ an jeden Ort gerichtet/ Gleichwie ein alter Mann bey vollem Schauplatz dichtet/ Und ſtille Reden fuͤhrt: ſo ſprach ſie auch bey ſich/ Was fang’ ich weiter an/ itzt iſt es Zeit fuͤr mich/ Daß mein bemuͤhter Fleiß aus allen Kraͤfften gehe/ Und dieſem was mich kraͤnckt behutſam widerſtehe; Wird einer/ den die Ehr im Leben groß gemacht/ Und der durch klugen Witz den Menſchen Heil gebracht/ Wenn er die Welt verlaͤſt/ und ſeine Stunde ſchlaͤget/ Zugleich mit Lob und Ruhm ins finſtre Grab geleget? Nein/ diß was irdiſch war’/ der Leib wird hingeſetzt/ Der Nachklang ſo ihn ruͤhmt und ſeine Thaten ſchaͤtzt/ Lebt laͤnger als wir ſelbſt/ und bluͤht in tauſend Zungen; Wo bleibt nun das Geſetz? das allen auffgedrungen/ Und das die Sterblichen mit leiſem Munde lehrt/ Wie Auff- und Untergang der Menſchen Hoffnung ſtoͤrt. Bricht ihres Namens Schall durch Kercker/ Grufft und Bahre/ So wird es noch geſchehen/ daß ich zu ſpaͤt’ erfahre/ Wie unſer Licht verleſcht/ und wie mein edler Schein/ Der dieſer gantzen Welt und allen in gemein Zu A a a a a a 2

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/731>, abgerufen am 27.04.2024.