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Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Erst verschmäht, nun fliehst du mich? Wie, du willst von hinnen scheiden?

Nein, nein, ich bleibe bei dir, meine Fanny! Seit du mir dieses Thema gegeben hast, denk' ich nicht mehr an die Reise nach Italien und an den alten wunderlichen Marquis.

Arthur hatte diese Worte noch nicht ausgesprochen, wenn auch vielleicht zu Ende gedacht, als er draußen auf seiner Treppe leise Fußtritte, lautes Husten und starkes Aufstoßen mit einem Stocke hörte. Ecce, lupus in fabula! rief er aus. Da kommt der alte Narr mir wieder über den Hals. Es ist um toll zu werden. Aber ich will ihn einmal ablaufen lassen. Es ist nur ein Glück, daß er schon von Weitem einen so vernehmlichen Anmelder hat. Er eilte nach der Stubenthüre, um den Riegel vorzuschieben: aber ein Stuhl, über den er seinen eben ausgezogenen Schlafrock geworfen hatte, stellte sich ihm in den Weg, und so stolperte er darüber weg und fiel mit vollem Gewicht gegen seinen Flügel, von welchem er eine Wasserflasche, einen Leuchter und ein Notenpult herunterwarf. Inzwischen war der Marquis, ohne anzuklopfen, auf das donnernde Signal, überrascht und ein wenig erschrocken, in das Zimmer getreten.

Guten Abend! Guten Abend, meine Herren! grüßte er in seiner langsamen und scharf gemessenen Sprache, der man es auch in jedem richtig gewählten und gestellten Worte anhörte, daß sie mehr aus

Erst verschmäht, nun fliehst du mich? Wie, du willst von hinnen scheiden?

Nein, nein, ich bleibe bei dir, meine Fanny! Seit du mir dieses Thema gegeben hast, denk' ich nicht mehr an die Reise nach Italien und an den alten wunderlichen Marquis.

Arthur hatte diese Worte noch nicht ausgesprochen, wenn auch vielleicht zu Ende gedacht, als er draußen auf seiner Treppe leise Fußtritte, lautes Husten und starkes Aufstoßen mit einem Stocke hörte. Ecce, lupus in fabula! rief er aus. Da kommt der alte Narr mir wieder über den Hals. Es ist um toll zu werden. Aber ich will ihn einmal ablaufen lassen. Es ist nur ein Glück, daß er schon von Weitem einen so vernehmlichen Anmelder hat. Er eilte nach der Stubenthüre, um den Riegel vorzuschieben: aber ein Stuhl, über den er seinen eben ausgezogenen Schlafrock geworfen hatte, stellte sich ihm in den Weg, und so stolperte er darüber weg und fiel mit vollem Gewicht gegen seinen Flügel, von welchem er eine Wasserflasche, einen Leuchter und ein Notenpult herunterwarf. Inzwischen war der Marquis, ohne anzuklopfen, auf das donnernde Signal, überrascht und ein wenig erschrocken, in das Zimmer getreten.

Guten Abend! Guten Abend, meine Herren! grüßte er in seiner langsamen und scharf gemessenen Sprache, der man es auch in jedem richtig gewählten und gestellten Worte anhörte, daß sie mehr aus

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:21:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:21:38Z)

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Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/9>, abgerufen am 26.04.2024.