Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

wird *): jeder Punct verfolgt frey seine eigenthümliche
Bahn, und doch sind sie alle einem so gewaltigen als leichten
Gesetze untergeordnet.

Ich bediene mich dieses Bildes, nicht bloß Gleichnißweise,
sondern weil dasselbe Gesetz, welches alle Kräfte der Natur
überhaupt, auch wieder die menschliche Haushaltung ordnet.
Aber auch als bloßes Bild wäre es schon nothwendig, weil
es darauf ankommt, ein anderes und falsches, in den Köpfen
der heutigen Menschen vorwaltendes Bild zu zerstören: es
ist eben jenes Fortschreiten, jener Wettlauf nach einem un-
bekannten Wohin? nach einem Ziele, welches sich in dem
Maaße entfernt, als man sich ihm zu nähern glaubt, womit
also die ewige Unruhe gegeben ist.

Alle Geschäfte des bürgerlichen Lebens, jedes an seinem
besonderen Orte, also in seiner eigenthümlichen Kreisbahn,
laufen um die dauerhafte Bewirthschaftung des Grundeigen-
thums her, wie alles vergängliche Wesen an der Oberfläche
der Erde um den großen gemeinschaftlichen Träger: alle
stehen in ununterbrochener Beziehung auf dieses mittelste Ge-
schäft, fügen und ordnen sich nach ihm; sie können sich aus
dieser einzig wesentlichen Wechselwirkung nicht etwa hinaus-
heben oder hinausschwärmen; sie werden allenthalben mit
starkem Arme festgehalten, und müssen über kurz oder lang

*) Auf gleiche Weise wird die Ruhe erst wahrhaftig
ruhig, durch die Bewegung. So bedarf die frische und
natürliche Ruhe des Kindes der Wiege.

wird *): jeder Punct verfolgt frey ſeine eigenthuͤmliche
Bahn, und doch ſind ſie alle einem ſo gewaltigen als leichten
Geſetze untergeordnet.

Ich bediene mich dieſes Bildes, nicht bloß Gleichnißweiſe,
ſondern weil dasſelbe Geſetz, welches alle Kraͤfte der Natur
uͤberhaupt, auch wieder die menſchliche Haushaltung ordnet.
Aber auch als bloßes Bild waͤre es ſchon nothwendig, weil
es darauf ankommt, ein anderes und falſches, in den Koͤpfen
der heutigen Menſchen vorwaltendes Bild zu zerſtoͤren: es
iſt eben jenes Fortſchreiten, jener Wettlauf nach einem un-
bekannten Wohin? nach einem Ziele, welches ſich in dem
Maaße entfernt, als man ſich ihm zu naͤhern glaubt, womit
alſo die ewige Unruhe gegeben iſt.

Alle Geſchaͤfte des buͤrgerlichen Lebens, jedes an ſeinem
beſonderen Orte, alſo in ſeiner eigenthuͤmlichen Kreisbahn,
laufen um die dauerhafte Bewirthſchaftung des Grundeigen-
thums her, wie alles vergaͤngliche Weſen an der Oberflaͤche
der Erde um den großen gemeinſchaftlichen Traͤger: alle
ſtehen in ununterbrochener Beziehung auf dieſes mittelſte Ge-
ſchaͤft, fuͤgen und ordnen ſich nach ihm; ſie koͤnnen ſich aus
dieſer einzig weſentlichen Wechſelwirkung nicht etwa hinaus-
heben oder hinausſchwaͤrmen; ſie werden allenthalben mit
ſtarkem Arme feſtgehalten, und muͤſſen uͤber kurz oder lang

*) Auf gleiche Weiſe wird die Ruhe erſt wahrhaftig
ruhig, durch die Bewegung. So bedarf die friſche und
natuͤrliche Ruhe des Kindes der Wiege.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0075" n="61"/>
wird <note place="foot" n="*)">Auf gleiche Wei&#x017F;e wird die Ruhe er&#x017F;t wahrhaftig<lb/>
ruhig, durch die Bewegung. So bedarf die fri&#x017F;che und<lb/>
natu&#x0364;rliche Ruhe des Kindes der Wiege.</note>: jeder Punct verfolgt frey &#x017F;eine eigenthu&#x0364;mliche<lb/>
Bahn, und doch &#x017F;ind &#x017F;ie alle einem &#x017F;o gewaltigen als leichten<lb/>
Ge&#x017F;etze untergeordnet.</p><lb/>
          <p>Ich bediene mich die&#x017F;es Bildes, nicht bloß Gleichnißwei&#x017F;e,<lb/>
&#x017F;ondern weil das&#x017F;elbe Ge&#x017F;etz, welches alle Kra&#x0364;fte der Natur<lb/>
u&#x0364;berhaupt, auch wieder die men&#x017F;chliche Haushaltung ordnet.<lb/>
Aber auch als bloßes Bild wa&#x0364;re es &#x017F;chon nothwendig, weil<lb/>
es darauf ankommt, ein anderes und fal&#x017F;ches, in den Ko&#x0364;pfen<lb/>
der heutigen Men&#x017F;chen vorwaltendes Bild zu zer&#x017F;to&#x0364;ren: es<lb/>
i&#x017F;t eben jenes Fort&#x017F;chreiten, jener Wettlauf nach einem un-<lb/>
bekannten Wohin? nach einem Ziele, welches &#x017F;ich in dem<lb/>
Maaße entfernt, als man &#x017F;ich ihm zu na&#x0364;hern glaubt, womit<lb/>
al&#x017F;o die ewige Unruhe gegeben i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Alle Ge&#x017F;cha&#x0364;fte des bu&#x0364;rgerlichen Lebens, jedes an &#x017F;einem<lb/>
be&#x017F;onderen Orte, al&#x017F;o in &#x017F;einer eigenthu&#x0364;mlichen Kreisbahn,<lb/>
laufen um die dauerhafte Bewirth&#x017F;chaftung des Grundeigen-<lb/>
thums her, wie alles verga&#x0364;ngliche We&#x017F;en an der Oberfla&#x0364;che<lb/>
der Erde um den großen gemein&#x017F;chaftlichen Tra&#x0364;ger: alle<lb/>
&#x017F;tehen in ununterbrochener Beziehung auf die&#x017F;es mittel&#x017F;te Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ft, fu&#x0364;gen und ordnen &#x017F;ich nach ihm; &#x017F;ie ko&#x0364;nnen &#x017F;ich aus<lb/>
die&#x017F;er einzig we&#x017F;entlichen Wech&#x017F;elwirkung nicht etwa hinaus-<lb/>
heben oder hinaus&#x017F;chwa&#x0364;rmen; &#x017F;ie werden allenthalben mit<lb/>
&#x017F;tarkem Arme fe&#x017F;tgehalten, und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;ber kurz oder lang<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0075] wird *): jeder Punct verfolgt frey ſeine eigenthuͤmliche Bahn, und doch ſind ſie alle einem ſo gewaltigen als leichten Geſetze untergeordnet. Ich bediene mich dieſes Bildes, nicht bloß Gleichnißweiſe, ſondern weil dasſelbe Geſetz, welches alle Kraͤfte der Natur uͤberhaupt, auch wieder die menſchliche Haushaltung ordnet. Aber auch als bloßes Bild waͤre es ſchon nothwendig, weil es darauf ankommt, ein anderes und falſches, in den Koͤpfen der heutigen Menſchen vorwaltendes Bild zu zerſtoͤren: es iſt eben jenes Fortſchreiten, jener Wettlauf nach einem un- bekannten Wohin? nach einem Ziele, welches ſich in dem Maaße entfernt, als man ſich ihm zu naͤhern glaubt, womit alſo die ewige Unruhe gegeben iſt. Alle Geſchaͤfte des buͤrgerlichen Lebens, jedes an ſeinem beſonderen Orte, alſo in ſeiner eigenthuͤmlichen Kreisbahn, laufen um die dauerhafte Bewirthſchaftung des Grundeigen- thums her, wie alles vergaͤngliche Weſen an der Oberflaͤche der Erde um den großen gemeinſchaftlichen Traͤger: alle ſtehen in ununterbrochener Beziehung auf dieſes mittelſte Ge- ſchaͤft, fuͤgen und ordnen ſich nach ihm; ſie koͤnnen ſich aus dieſer einzig weſentlichen Wechſelwirkung nicht etwa hinaus- heben oder hinausſchwaͤrmen; ſie werden allenthalben mit ſtarkem Arme feſtgehalten, und muͤſſen uͤber kurz oder lang *) Auf gleiche Weiſe wird die Ruhe erſt wahrhaftig ruhig, durch die Bewegung. So bedarf die friſche und natuͤrliche Ruhe des Kindes der Wiege.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/75
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/75>, abgerufen am 06.05.2024.