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Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826.

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nur mehr auf die bloß allgemeinste Form des
Athemhohlens beschränkt ist. Dieses ist nun
das freilich sehr verunreinigte und getrübte
Licht, das der Mensch sich selbst des Nachts
anzündet und in welchem er träumend die Din-
ge sieht; denn nur des Todten Licht ist ganz
ausgelöscht
. Auch hier liegt also wenigstens die Ueberzeu-
gung zu Grunde, daß auch im Traume die Sinnesorgane
selbst thätig sind.

92.

Platon läßt offenbar im Traume die Sinnesor-
gane thätig seyn. Ein Organ des Feuers,
das nicht brennt, sondern ein mildes Licht
giebt, hatten die Götter bei der Bildung der
Augen zur Absicht. Wenn das Tageslicht um
den Ausfluß des Gesichtes ist, und Gleiches zu
Gleichem ausströmend sich vereint, so entwirft
sich in der Richtung der Augen ein Körper, wo
immer das aus dem Auge strömende Licht mit
dem äußern zusammentrifft. Wenn aber das
verwandte Feuer des Tages in die Nacht
vergeht, so ist auch das innere Licht verhalten.
-- Wenn die Augen geschlossen sind, ist auch
das innere Feuer zurückgehalten, und so be-
sänftigen und ebnen sich auch alle inneren Be-
wegungen. -- Sind aber noch einige hervor-
stechende Bewegungen zurückgeblieben, so wer-
den, welcherlei Bewegungen und an welchen
Puncten sie zurückgelassen werden, eben
solche und so vielerlei Bilder der Phantha-
sie erscheinen
.

93.

Daß dem Aristoteles die Sinnesorgane im Trau-

nur mehr auf die bloß allgemeinſte Form des
Athemhohlens beſchraͤnkt iſt. Dieſes iſt nun
das freilich ſehr verunreinigte und getruͤbte
Licht, das der Menſch ſich ſelbſt des Nachts
anzuͤndet und in welchem er traͤumend die Din-
ge ſieht; denn nur des Todten Licht iſt ganz
ausgeloͤſcht
. Auch hier liegt alſo wenigſtens die Ueberzeu-
gung zu Grunde, daß auch im Traume die Sinnesorgane
ſelbſt thaͤtig ſind.

92.

Platon laͤßt offenbar im Traume die Sinnesor-
gane thaͤtig ſeyn. Ein Organ des Feuers,
das nicht brennt, ſondern ein mildes Licht
giebt, hatten die Goͤtter bei der Bildung der
Augen zur Abſicht. Wenn das Tageslicht um
den Ausfluß des Geſichtes iſt, und Gleiches zu
Gleichem ausſtroͤmend ſich vereint, ſo entwirft
ſich in der Richtung der Augen ein Koͤrper, wo
immer das aus dem Auge ſtroͤmende Licht mit
dem aͤußern zuſammentrifft. Wenn aber das
verwandte Feuer des Tages in die Nacht
vergeht, ſo iſt auch das innere Licht verhalten.
— Wenn die Augen geſchloſſen ſind, iſt auch
das innere Feuer zuruͤckgehalten, und ſo be-
ſaͤnftigen und ebnen ſich auch alle inneren Be-
wegungen. — Sind aber noch einige hervor-
ſtechende Bewegungen zuruͤckgeblieben, ſo wer-
den, welcherlei Bewegungen und an welchen
Puncten ſie zuruͤckgelaſſen werden, eben
ſolche und ſo vielerlei Bilder der Phantha-
ſie erſcheinen
.

93.

Daß dem Ariſtoteles die Sinnesorgane im Trau-

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[52/0068] nur mehr auf die bloß allgemeinſte Form des Athemhohlens beſchraͤnkt iſt. Dieſes iſt nun das freilich ſehr verunreinigte und getruͤbte Licht, das der Menſch ſich ſelbſt des Nachts anzuͤndet und in welchem er traͤumend die Din- ge ſieht; denn nur des Todten Licht iſt ganz ausgeloͤſcht. Auch hier liegt alſo wenigſtens die Ueberzeu- gung zu Grunde, daß auch im Traume die Sinnesorgane ſelbſt thaͤtig ſind. 92. Platon laͤßt offenbar im Traume die Sinnesor- gane thaͤtig ſeyn. Ein Organ des Feuers, das nicht brennt, ſondern ein mildes Licht giebt, hatten die Goͤtter bei der Bildung der Augen zur Abſicht. Wenn das Tageslicht um den Ausfluß des Geſichtes iſt, und Gleiches zu Gleichem ausſtroͤmend ſich vereint, ſo entwirft ſich in der Richtung der Augen ein Koͤrper, wo immer das aus dem Auge ſtroͤmende Licht mit dem aͤußern zuſammentrifft. Wenn aber das verwandte Feuer des Tages in die Nacht vergeht, ſo iſt auch das innere Licht verhalten. — Wenn die Augen geſchloſſen ſind, iſt auch das innere Feuer zuruͤckgehalten, und ſo be- ſaͤnftigen und ebnen ſich auch alle inneren Be- wegungen. — Sind aber noch einige hervor- ſtechende Bewegungen zuruͤckgeblieben, ſo wer- den, welcherlei Bewegungen und an welchen Puncten ſie zuruͤckgelaſſen werden, eben ſolche und ſo vielerlei Bilder der Phantha- ſie erſcheinen. 93. Daß dem Ariſtoteles die Sinnesorgane im Trau-

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Zitationshilfe: Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_gesichtserscheinungen_1826/68>, abgerufen am 29.04.2024.