Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

nächstanwohnenden Skythen, und von diesen wanderten
sie durch eine Kette benachbarter Völker an das adria-
tische Meer, über Dodona 1, durch Thessalien, Euböa,
über Tenos und kämen mit Flöten, Syringen, Kitharn
begleitet 2 nach Delos 3. Unmöglich ist alles dies
bodenlose Dichtung; ohne Zweifel liegt ein ehemals
wohl durch Opfersendungen bethätigter Zusammenhang
mit den Ursitzen des Cultus im Norden Thessaliens
zum Grunde 4. Wie in Delphi, erzählte man auch
hier wohl von Besuchen des Gottes bei den Hyperbo-
reern, an deren Stelle indeß gemeinhin Lykien gesetzt
wurde 5. Auf einem Vasengemälde sieht man den
Gott mit der Kithar in der Hand neben der berühmten
Palme herabschweben; eine Jungfrau -- als Darstel-
lung eines ganzen Chors -- empfängt ihn mit Gesang
zum Saitenspiel 6.

Als das Peloponnesische Heiligthum zu Olympia
in Verbindung mit Delphi trat: fanden sich auch hier
Sagen von dem Hyperboreerlande, als der Heimat
des wilden Oelbaums im Haine des Zeus ein, deren
Zusammenhang wir unten besser bei Herakles erörtern.


1 Dodona Hyperboreisch nach Etym. M. Dodonaios.
2 Plut. de mus. 14.
3 Nach Herod. Kallim. Del. 281.
vgl. Plin. H. N. 4, 26. Mela 3, 5. -- Salmas. hält die Gaben
für thumaton aparkhai, prosiciae hostiarum, nach Mela, aber
es sind ohne Zweifel primitiae frugum, Excerc. Plin. p. 147.
4 Auf den Weg kann man kein Gewicht legen, da Paus. 1, 31,
2. einen ganz andern nennt, der Attika berührt, wo auch Ge-
bräuche oder Heiligthümer, ta ex 'Uperboreon waren. Chrysost.
Epist. ad Tit. Rom. 3. T. XI. p. 744 e. Montfaucon. S. unten
§. 6.
5 Heyne Exc. ad Aen. 4, 2. Auch nach Delos
kommt er im Frühjahr.
6 Tischb. 2, 12. vgl. die Münzen
von Chalkedon bei Vaillant und Theupoli. Den Commentar giebt
Kallim. Apoll v. Auf.

naͤchſtanwohnenden Skythen, und von dieſen wanderten
ſie durch eine Kette benachbarter Voͤlker an das adria-
tiſche Meer, uͤber Dodona 1, durch Theſſalien, Euboͤa,
uͤber Tenos und kaͤmen mit Floͤten, Syringen, Kitharn
begleitet 2 nach Delos 3. Unmoͤglich iſt alles dies
bodenloſe Dichtung; ohne Zweifel liegt ein ehemals
wohl durch Opferſendungen bethaͤtigter Zuſammenhang
mit den Urſitzen des Cultus im Norden Theſſaliens
zum Grunde 4. Wie in Delphi, erzaͤhlte man auch
hier wohl von Beſuchen des Gottes bei den Hyperbo-
reern, an deren Stelle indeß gemeinhin Lykien geſetzt
wurde 5. Auf einem Vaſengemaͤlde ſieht man den
Gott mit der Kithar in der Hand neben der beruͤhmten
Palme herabſchweben; eine Jungfrau — als Darſtel-
lung eines ganzen Chors — empfaͤngt ihn mit Geſang
zum Saitenſpiel 6.

Als das Peloponneſiſche Heiligthum zu Olympia
in Verbindung mit Delphi trat: fanden ſich auch hier
Sagen von dem Hyperboreerlande, als der Heimat
des wilden Oelbaums im Haine des Zeus ein, deren
Zuſammenhang wir unten beſſer bei Herakles eroͤrtern.


1 Dodona Hyperboreiſch nach Etym. M. Δωδωναῖος.
2 Plut. de mus. 14.
3 Nach Herod. Kallim. Del. 281.
vgl. Plin. H. N. 4, 26. Mela 3, 5. — Salmaſ. haͤlt die Gaben
fuͤr ϑυμάτων ἀπαϱχαὶ, prosiciae hostiarum, nach Mela, aber
es ſind ohne Zweifel primitiae frugum, Excerc. Plin. p. 147.
4 Auf den Weg kann man kein Gewicht legen, da Pauſ. 1, 31,
2. einen ganz andern nennt, der Attika beruͤhrt, wo auch Ge-
braͤuche oder Heiligthuͤmer, τὰ ἐξ ᾽ϒπεϱβοϱέων waren. Chryſoſt.
Epist. ad Tit. Rom. 3. T. XI. p. 744 e. Montfaucon. S. unten
§. 6.
5 Heyne Exc. ad Aen. 4, 2. Auch nach Delos
kommt er im Fruͤhjahr.
6 Tiſchb. 2, 12. vgl. die Muͤnzen
von Chalkedon bei Vaillant und Theupoli. Den Commentar giebt
Kallim. Apoll v. Auf.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0302" n="272"/>
na&#x0364;ch&#x017F;tanwohnenden Skythen, und von die&#x017F;en wanderten<lb/>
&#x017F;ie durch eine Kette benachbarter Vo&#x0364;lker an das adria-<lb/>
ti&#x017F;che Meer, u&#x0364;ber Dodona <note place="foot" n="1">Dodona Hyperborei&#x017F;ch nach Etym. M. &#x0394;&#x03C9;&#x03B4;&#x03C9;&#x03BD;&#x03B1;&#x1FD6;&#x03BF;&#x03C2;.</note>, durch The&#x017F;&#x017F;alien, Eubo&#x0364;a,<lb/>
u&#x0364;ber Tenos und ka&#x0364;men mit Flo&#x0364;ten, Syringen, Kitharn<lb/>
begleitet <note place="foot" n="2">Plut. <hi rendition="#aq">de mus.</hi> 14.</note> nach Delos <note place="foot" n="3">Nach Herod. Kallim. Del. 281.<lb/>
vgl. Plin. <hi rendition="#aq">H. N.</hi> 4, 26. Mela 3, 5. &#x2014; Salma&#x017F;. ha&#x0364;lt die Gaben<lb/>
fu&#x0364;r &#x03D1;&#x03C5;&#x03BC;&#x03AC;&#x03C4;&#x03C9;&#x03BD; &#x1F00;&#x03C0;&#x03B1;&#x03F1;&#x03C7;&#x03B1;&#x1F76;, <hi rendition="#aq">prosiciae hostiarum,</hi> nach Mela, aber<lb/>
es &#x017F;ind ohne Zweifel <hi rendition="#aq">primitiae frugum, Excerc. Plin. p.</hi> 147.</note>. Unmo&#x0364;glich i&#x017F;t alles dies<lb/>
bodenlo&#x017F;e Dichtung; ohne Zweifel liegt ein ehemals<lb/>
wohl durch Opfer&#x017F;endungen betha&#x0364;tigter Zu&#x017F;ammenhang<lb/>
mit den Ur&#x017F;itzen des Cultus im Norden The&#x017F;&#x017F;aliens<lb/>
zum Grunde <note place="foot" n="4">Auf den Weg kann man kein Gewicht legen, da Pau&#x017F;. 1, 31,<lb/>
2. einen ganz andern nennt, der Attika beru&#x0364;hrt, wo auch Ge-<lb/>
bra&#x0364;uche oder Heiligthu&#x0364;mer, &#x03C4;&#x1F70; &#x1F10;&#x03BE; &#x1FBD;&#x03D2;&#x03C0;&#x03B5;&#x03F1;&#x03B2;&#x03BF;&#x03F1;&#x03AD;&#x03C9;&#x03BD; waren. Chry&#x017F;o&#x017F;t.<lb/><hi rendition="#aq">Epist. ad Tit. Rom. 3. T. XI. p. 744 e.</hi> Montfaucon. S. unten<lb/>
§. 6.</note>. Wie in Delphi, erza&#x0364;hlte man auch<lb/>
hier wohl von Be&#x017F;uchen des Gottes bei den Hyperbo-<lb/>
reern, an deren Stelle indeß gemeinhin Lykien ge&#x017F;etzt<lb/>
wurde <note place="foot" n="5">Heyne <hi rendition="#aq">Exc. ad Aen.</hi> 4, 2. Auch nach Delos<lb/>
kommt er im Fru&#x0364;hjahr.</note>. Auf einem Va&#x017F;engema&#x0364;lde &#x017F;ieht man den<lb/>
Gott mit der Kithar in der Hand neben der beru&#x0364;hmten<lb/>
Palme herab&#x017F;chweben; eine Jungfrau &#x2014; als Dar&#x017F;tel-<lb/>
lung eines ganzen Chors &#x2014; empfa&#x0364;ngt ihn mit Ge&#x017F;ang<lb/>
zum Saiten&#x017F;piel <note place="foot" n="6">Ti&#x017F;chb. 2, 12. vgl. die Mu&#x0364;nzen<lb/>
von Chalkedon bei Vaillant und Theupoli. Den Commentar giebt<lb/>
Kallim. Apoll v. Auf.</note>.</p><lb/>
              <p>Als das Peloponne&#x017F;i&#x017F;che Heiligthum zu Olympia<lb/>
in Verbindung mit Delphi trat: fanden &#x017F;ich auch hier<lb/>
Sagen von dem Hyperboreerlande, als der Heimat<lb/>
des wilden Oelbaums im Haine des Zeus ein, deren<lb/>
Zu&#x017F;ammenhang wir unten be&#x017F;&#x017F;er bei Herakles ero&#x0364;rtern.</p>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0302] naͤchſtanwohnenden Skythen, und von dieſen wanderten ſie durch eine Kette benachbarter Voͤlker an das adria- tiſche Meer, uͤber Dodona 1, durch Theſſalien, Euboͤa, uͤber Tenos und kaͤmen mit Floͤten, Syringen, Kitharn begleitet 2 nach Delos 3. Unmoͤglich iſt alles dies bodenloſe Dichtung; ohne Zweifel liegt ein ehemals wohl durch Opferſendungen bethaͤtigter Zuſammenhang mit den Urſitzen des Cultus im Norden Theſſaliens zum Grunde 4. Wie in Delphi, erzaͤhlte man auch hier wohl von Beſuchen des Gottes bei den Hyperbo- reern, an deren Stelle indeß gemeinhin Lykien geſetzt wurde 5. Auf einem Vaſengemaͤlde ſieht man den Gott mit der Kithar in der Hand neben der beruͤhmten Palme herabſchweben; eine Jungfrau — als Darſtel- lung eines ganzen Chors — empfaͤngt ihn mit Geſang zum Saitenſpiel 6. Als das Peloponneſiſche Heiligthum zu Olympia in Verbindung mit Delphi trat: fanden ſich auch hier Sagen von dem Hyperboreerlande, als der Heimat des wilden Oelbaums im Haine des Zeus ein, deren Zuſammenhang wir unten beſſer bei Herakles eroͤrtern. 1 Dodona Hyperboreiſch nach Etym. M. Δωδωναῖος. 2 Plut. de mus. 14. 3 Nach Herod. Kallim. Del. 281. vgl. Plin. H. N. 4, 26. Mela 3, 5. — Salmaſ. haͤlt die Gaben fuͤr ϑυμάτων ἀπαϱχαὶ, prosiciae hostiarum, nach Mela, aber es ſind ohne Zweifel primitiae frugum, Excerc. Plin. p. 147. 4 Auf den Weg kann man kein Gewicht legen, da Pauſ. 1, 31, 2. einen ganz andern nennt, der Attika beruͤhrt, wo auch Ge- braͤuche oder Heiligthuͤmer, τὰ ἐξ ᾽ϒπεϱβοϱέων waren. Chryſoſt. Epist. ad Tit. Rom. 3. T. XI. p. 744 e. Montfaucon. S. unten §. 6. 5 Heyne Exc. ad Aen. 4, 2. Auch nach Delos kommt er im Fruͤhjahr. 6 Tiſchb. 2, 12. vgl. die Muͤnzen von Chalkedon bei Vaillant und Theupoli. Den Commentar giebt Kallim. Apoll v. Auf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/302
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/302>, abgerufen am 29.04.2024.