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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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kein Grund da ist: so muß er aus der Gegend der
Metropolis gekommen sein. Hier gab es nun zwar
auch einen Tempel der Demeter und Kora, deren Prie-
sterinnen zugleich Prophetinnen durch Träume waren 1;
allein dieser Dienst ist lange nicht so bedeutend, wie der
Sicilische wurde: dessen großes Ansehen man indeß
vielleicht durch die Fruchtbarkeit Siciliens erklären
könnte -- des Waizenlandes -- welche wohl die (Ger-
ste essenden) Griechen zu ganz besonderer Verehrung der
Segensgöttin auffordern mochte. Ueberlegt man aber,
daß außer Korinth auch noch Megara, die Nachbar-
stadt, an der Gründung von Syrakus starken Antheil
nahm: so wird man kaum zweifeln, daß die letztre Stadt
die wahre Metropolis dieses Cultus war, da hier De-
meter uralte Landesgöttin ist, und in ihrem Megaron
auf der alten Burg Karia auch von den erobernden
Doriern ungefährdet blieb 2.

Auch noch in Lakonien hatte sich von alten Zeiten
Demeter behauptet, obgleich schwerlich von den Do-
riern zu Sparta sehr geehrt. Denn die dort vorkom-
menden Eleusinien wurden besonders von den Einwoh-
nern der alten Stadt Helos begangen, welche an be-
stimmten Tagen ein Holzbild der Kora nach dem Eleu-
sinion auf der Höhe des Targetos führten 3. Die
Göttin als Chthonia zu verehren, hatten die Lakonen nach

1 Plut. Timol. 8. Diod. 16, 66. epoikidie Demeter in Ko-
rinth, Hesych.
2 Pausan. -- Cerealisch ist auch der mystische
Cult der Damia und Auxesia zu Epidauros und Trözen, wie
auch noch der Schol. msc. bei Mitscherlich ad H. in Cerer. 122. sagt.
Dem. Azesia (Sophokl. bei Hesych s. v. cf. Valcken. Adoniaz. p. 292)
und LAmaia (Suid.) sind mit den genannten Gottheiten nicht zu
verwechseln.
3 Paus. 3, 20, 5. 6. vgl. Hesych: Eleusinia
agon thumelikos agomenos DemetrD para Lakosi.

kein Grund da iſt: ſo muß er aus der Gegend der
Metropolis gekommen ſein. Hier gab es nun zwar
auch einen Tempel der Demeter und Kora, deren Prie-
ſterinnen zugleich Prophetinnen durch Traͤume waren 1;
allein dieſer Dienſt iſt lange nicht ſo bedeutend, wie der
Siciliſche wurde: deſſen großes Anſehen man indeß
vielleicht durch die Fruchtbarkeit Siciliens erklaͤren
koͤnnte — des Waizenlandes — welche wohl die (Ger-
ſte eſſenden) Griechen zu ganz beſonderer Verehrung der
Segensgoͤttin auffordern mochte. Ueberlegt man aber,
daß außer Korinth auch noch Megara, die Nachbar-
ſtadt, an der Gruͤndung von Syrakus ſtarken Antheil
nahm: ſo wird man kaum zweifeln, daß die letztre Stadt
die wahre Metropolis dieſes Cultus war, da hier De-
meter uralte Landesgoͤttin iſt, und in ihrem Megaron
auf der alten Burg Karia auch von den erobernden
Doriern ungefaͤhrdet blieb 2.

Auch noch in Lakonien hatte ſich von alten Zeiten
Demeter behauptet, obgleich ſchwerlich von den Do-
riern zu Sparta ſehr geehrt. Denn die dort vorkom-
menden Eleuſinien wurden beſonders von den Einwoh-
nern der alten Stadt Helos begangen, welche an be-
ſtimmten Tagen ein Holzbild der Kora nach dem Eleu-
ſinion auf der Hoͤhe des Targetos fuͤhrten 3. Die
Goͤttin als Chthonia zu verehren, hatten die Lakonen nach

1 Plut. Timol. 8. Diod. 16, 66. ἐποικιδίη Demeter in Ko-
rinth, Heſych.
2 Pauſan. — Cerealiſch iſt auch der myſtiſche
Cult der Damia und Auxeſia zu Epidauros und Troͤzen, wie
auch noch der Schol. msc. bei Mitſcherlich ad H. in Cerer. 122. ſagt.
Δημ. Αζησία (Sophokl. bei Heſych s. v. cf. Valcken. Adoniaz. p. 292)
und ΛΑμαία (Suid.) ſind mit den genannten Gottheiten nicht zu
verwechſeln.
3 Pauſ. 3, 20, 5. 6. vgl. Heſych: Ελευσίνια
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[402/0432] kein Grund da iſt: ſo muß er aus der Gegend der Metropolis gekommen ſein. Hier gab es nun zwar auch einen Tempel der Demeter und Kora, deren Prie- ſterinnen zugleich Prophetinnen durch Traͤume waren 1; allein dieſer Dienſt iſt lange nicht ſo bedeutend, wie der Siciliſche wurde: deſſen großes Anſehen man indeß vielleicht durch die Fruchtbarkeit Siciliens erklaͤren koͤnnte — des Waizenlandes — welche wohl die (Ger- ſte eſſenden) Griechen zu ganz beſonderer Verehrung der Segensgoͤttin auffordern mochte. Ueberlegt man aber, daß außer Korinth auch noch Megara, die Nachbar- ſtadt, an der Gruͤndung von Syrakus ſtarken Antheil nahm: ſo wird man kaum zweifeln, daß die letztre Stadt die wahre Metropolis dieſes Cultus war, da hier De- meter uralte Landesgoͤttin iſt, und in ihrem Megaron auf der alten Burg Karia auch von den erobernden Doriern ungefaͤhrdet blieb 2. Auch noch in Lakonien hatte ſich von alten Zeiten Demeter behauptet, obgleich ſchwerlich von den Do- riern zu Sparta ſehr geehrt. Denn die dort vorkom- menden Eleuſinien wurden beſonders von den Einwoh- nern der alten Stadt Helos begangen, welche an be- ſtimmten Tagen ein Holzbild der Kora nach dem Eleu- ſinion auf der Hoͤhe des Targetos fuͤhrten 3. Die Goͤttin als Chthonia zu verehren, hatten die Lakonen nach 1 Plut. Timol. 8. Diod. 16, 66. ἐποικιδίη Demeter in Ko- rinth, Heſych. 2 Pauſan. — Cerealiſch iſt auch der myſtiſche Cult der Damia und Auxeſia zu Epidauros und Troͤzen, wie auch noch der Schol. msc. bei Mitſcherlich ad H. in Cerer. 122. ſagt. Δημ. Αζησία (Sophokl. bei Heſych s. v. cf. Valcken. Adoniaz. p. 292) und ΛΑμαία (Suid.) ſind mit den genannten Gottheiten nicht zu verwechſeln. 3 Pauſ. 3, 20, 5. 6. vgl. Heſych: Ελευσίνια ἀγὼν ϑυμελικὸς ἀγόμενος ΔήμητϱΔ παϱὰ Λἁκωσι.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/432>, abgerufen am 27.04.2024.