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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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Seite Waden und Schenkel entblößt; und mit demsel-
ben, nur faltenreicheren, Chiton -- so daß die Falten
am linken Beine herab sich ineinanderlegen -- Pallas
im Costüm der vollendeten Kunst; mit hochgegürtetem
Dorischen Chiton aber Artemis die Jägerin.

Auf eine dieser Weisen, je nachdem diese oder jene
Anstand und Thätigkeit forderte, trug auch die Jung-
frau Sparta's, meist ohne Himation 1, ihr einfaches
Gewand, und zeigte sich auch in Männergesellschaft
ohne weitere Verhüllung. So gewann Periandros der
Korinthier 2 die schöne Melissa zu Epidauros lieb, da
er sie Peloponnesisch gekleidet ohne Obergewand und
blos im Chiton sah, wie sie den Arbeitern Wein
schenkte 3; ebenso schaute man die Dorischen Mädchen
auf ihren Uebungsplätzen und im Chor tanzend 4. Die
Frauen dagegen erblickte man schwerlich ohne ein Ueber-
kleid, das wahrscheinlich vom Himation der Männer
nicht wesentlich verschieden war; wie z. B. die Frau
des nach Dorischer Weise lebenden Phokion, nach Plu-
tarchs Erzählung, oft im Himation ihres Mannes
ausging.


1 monopeplos, Doris os kora, Eurip. Hekabe 928. Doris
nullo culta palliolo
Juven. 3, 94. Darauf geht auch das gu-
mnos oden S. 261. und unten N. 4.
2 Daß damals schon das
Korinthische Kleid vom ächtdorischen einigermaßen abwich, ist
hiernach und nach Her. 5, 87. schon Aegin. p. 64, 6. bemerkt.
Das Syrakusische emperonama war vielleicht aus dem Dorischen
Spangenchiton entstanden, Theokr. 15, 34. vgl. Spohn Lection.
Theocr. 1. p.
36., aber es ward über das khitonion gezogen. --
Ein Korinthisches Frauenkleid war auch das parapekhu, Athen. 13.
p. 582.
3 Pythänetos Aeginet. p. 63. Vergl. noch Theogn.
1002 Bekker, wo die Lakaina kore Kränze für die Gäste bringt.
So setzten auch die Dorischen Sikelioten eine parthenos phialepho-
ros an die Stelle des pais. Polyb. 12, 5, 7.
4 Plut. Lyk.
14. tas koras gumnas te pompeuein kai pros ierois tisin or-
kheisthai kti adein. vgl. Lak. Ap. p. 223. Hesych doriazein.

Seite Waden und Schenkel entbloͤßt; und mit demſel-
ben, nur faltenreicheren, Chiton — ſo daß die Falten
am linken Beine herab ſich ineinanderlegen — Pallas
im Coſtuͤm der vollendeten Kunſt; mit hochgeguͤrtetem
Doriſchen Chiton aber Artemis die Jaͤgerin.

Auf eine dieſer Weiſen, je nachdem dieſe oder jene
Anſtand und Thaͤtigkeit forderte, trug auch die Jung-
frau Sparta’s, meiſt ohne Himation 1, ihr einfaches
Gewand, und zeigte ſich auch in Maͤnnergeſellſchaft
ohne weitere Verhuͤllung. So gewann Periandros der
Korinthier 2 die ſchoͤne Meliſſa zu Epidauros lieb, da
er ſie Peloponneſiſch gekleidet ohne Obergewand und
blos im Chiton ſah, wie ſie den Arbeitern Wein
ſchenkte 3; ebenſo ſchaute man die Doriſchen Maͤdchen
auf ihren Uebungsplaͤtzen und im Chor tanzend 4. Die
Frauen dagegen erblickte man ſchwerlich ohne ein Ueber-
kleid, das wahrſcheinlich vom Himation der Maͤnner
nicht weſentlich verſchieden war; wie z. B. die Frau
des nach Doriſcher Weiſe lebenden Phokion, nach Plu-
tarchs Erzaͤhlung, oft im Himation ihres Mannes
ausging.


1 μονόπεπλος, Δωϱὶς ὡς κὀϱα, Eurip. Hekabe 928. Doris
nullo culta palliolo
Juven. 3, 94. Darauf geht auch das γυ-
μνὸς oden S. 261. und unten N. 4.
2 Daß damals ſchon das
Korinthiſche Kleid vom aͤchtdoriſchen einigermaßen abwich, iſt
hiernach und nach Her. 5, 87. ſchon Aegin. p. 64, 6. bemerkt.
Das Syrakuſiſche ἐμπεϱόναμα war vielleicht aus dem Doriſchen
Spangenchiton entſtanden, Theokr. 15, 34. vgl. Spohn Lection.
Theocr. 1. p.
36., aber es ward uͤber das χιτὠνιον gezogen. —
Ein Korinthiſches Frauenkleid war auch das παϱάπηχυ, Athen. 13.
p. 582.
3 Pythaͤnetos Aeginet. p. 63. Vergl. noch Theogn.
1002 Bekker, wo die Λἀκαινα κὀϱη Kraͤnze fuͤr die Gaͤſte bringt.
So ſetzten auch die Doriſchen Sikelioten eine παϱϑένος φιαληφό-
ϱος an die Stelle des παῖς. Polyb. 12, 5, 7.
4 Plut. Lyk.
14. τὰς κόϱας γυμνάς τε πομπεύειν καὶ πϱὸς ἱεϱοῖς τισὶν ὀϱ-
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[265/0271] Seite Waden und Schenkel entbloͤßt; und mit demſel- ben, nur faltenreicheren, Chiton — ſo daß die Falten am linken Beine herab ſich ineinanderlegen — Pallas im Coſtuͤm der vollendeten Kunſt; mit hochgeguͤrtetem Doriſchen Chiton aber Artemis die Jaͤgerin. Auf eine dieſer Weiſen, je nachdem dieſe oder jene Anſtand und Thaͤtigkeit forderte, trug auch die Jung- frau Sparta’s, meiſt ohne Himation 1, ihr einfaches Gewand, und zeigte ſich auch in Maͤnnergeſellſchaft ohne weitere Verhuͤllung. So gewann Periandros der Korinthier 2 die ſchoͤne Meliſſa zu Epidauros lieb, da er ſie Peloponneſiſch gekleidet ohne Obergewand und blos im Chiton ſah, wie ſie den Arbeitern Wein ſchenkte 3; ebenſo ſchaute man die Doriſchen Maͤdchen auf ihren Uebungsplaͤtzen und im Chor tanzend 4. Die Frauen dagegen erblickte man ſchwerlich ohne ein Ueber- kleid, das wahrſcheinlich vom Himation der Maͤnner nicht weſentlich verſchieden war; wie z. B. die Frau des nach Doriſcher Weiſe lebenden Phokion, nach Plu- tarchs Erzaͤhlung, oft im Himation ihres Mannes ausging. 1 μονόπεπλος, Δωϱὶς ὡς κὀϱα, Eurip. Hekabe 928. Doris nullo culta palliolo Juven. 3, 94. Darauf geht auch das γυ- μνὸς oden S. 261. und unten N. 4. 2 Daß damals ſchon das Korinthiſche Kleid vom aͤchtdoriſchen einigermaßen abwich, iſt hiernach und nach Her. 5, 87. ſchon Aegin. p. 64, 6. bemerkt. Das Syrakuſiſche ἐμπεϱόναμα war vielleicht aus dem Doriſchen Spangenchiton entſtanden, Theokr. 15, 34. vgl. Spohn Lection. Theocr. 1. p. 36., aber es ward uͤber das χιτὠνιον gezogen. — Ein Korinthiſches Frauenkleid war auch das παϱάπηχυ, Athen. 13. p. 582. 3 Pythaͤnetos Aeginet. p. 63. Vergl. noch Theogn. 1002 Bekker, wo die Λἀκαινα κὀϱη Kraͤnze fuͤr die Gaͤſte bringt. So ſetzten auch die Doriſchen Sikelioten eine παϱϑένος φιαληφό- ϱος an die Stelle des παῖς. Polyb. 12, 5, 7. 4 Plut. Lyk. 14. τὰς κόϱας γυμνάς τε πομπεύειν καὶ πϱὸς ἱεϱοῖς τισὶν ὀϱ- χεῖσϑαι κτὶ ᾄδειν. vgl. Lak. Ap. p. 223. Heſych δωϱιἀζειν.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/271>, abgerufen am 28.04.2024.