Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

Landen Musik mit Eifer betrieben wurde, bezeugen
die Agonen beim Tempel des Zeus auf Ithome in
Messenien, in denen schon vor dem ersten Kriege mit
Lakedämon Eumelos wettstritt 1; die mit dem Kar-
neenfest verbundnen Musenkämpfe begannen von Olymp.
26. -- Argos hatte in den Zeiten des Polykrates
die berühmtesten Musiker in Hellas 2, namentlich Flö-
tenspieler; Sakadas dichtete, komponirte, spielte gegen
Ol. 48. lyrische Lieder und Elegien zur Flöte 3; eine
besondre Art von Flöten hießen die Argeiischen 4. An
diesen Bestrebungen scheint Sikyon Antheil genom-
men zu haben; nachdem Sakadas in den Pythien drei-
mal gesiegt, gewann Pythokritos von Sikyon den Preis
sechsmal hinter einander 5; und der dithyrambische
Chor zur Flöte wurde hier mit besonderm Glanze und
Geschicke aufgeführt 6. Wie aber in Sikyon, Ko-
rinth, Phlius
der Bakchosdienst der Musik und
Poesie eine eigenthümliche Nichtung gab, ist zum Theil
schon oben angedeutet worden 7, und wird unten noch
weiter ausgeführt werden. In Sicilien herrschte
der Demeterdienst vor, in dem eine gewisse Lascivität
liegt; die Syrakusischen Jambisten-Chöre 8 waren ohne
Zweifel mit diesem Cult verbunden, wie das iambi-
zein auch anderswo dabei vorkommt 9: von der Ent-
artung der Musik auf der Insel zeugt auch der Um-

1 Paus. 4, 33, 3.
2 Her. 3, 131.
3 Böckh ad
Pind. Frgm. inc. 88.
vgl. von Hierax unten S. 337.
4 Paus. 4, 27, 4.
5 6, 14, 5.
6 S. das alte Epigramm
bei Ath. 14, 629.
7 Bd. 2. S. 404.
8 Ath. 5, 181 c.
9 Selbst bei Archilochos ist daran zu denken, daß er zu derselben
Colonie gehörte, bei der die Priesterin Kleoböa die mystischen Sa-
cra der Dem. von Paros nach Thasos brachte.

Landen Muſik mit Eifer betrieben wurde, bezeugen
die Agonen beim Tempel des Zeus auf Ithome in
Meſſenien, in denen ſchon vor dem erſten Kriege mit
Lakedaͤmon Eumelos wettſtritt 1; die mit dem Kar-
neenfeſt verbundnen Muſenkaͤmpfe begannen von Olymp.
26. — Argos hatte in den Zeiten des Polykrates
die beruͤhmteſten Muſiker in Hellas 2, namentlich Floͤ-
tenſpieler; Sakadas dichtete, komponirte, ſpielte gegen
Ol. 48. lyriſche Lieder und Elegien zur Floͤte 3; eine
beſondre Art von Floͤten hießen die Argeiiſchen 4. An
dieſen Beſtrebungen ſcheint Sikyon Antheil genom-
men zu haben; nachdem Sakadas in den Pythien drei-
mal geſiegt, gewann Pythokritos von Sikyon den Preis
ſechsmal hinter einander 5; und der dithyrambiſche
Chor zur Floͤte wurde hier mit beſonderm Glanze und
Geſchicke aufgefuͤhrt 6. Wie aber in Sikyon, Ko-
rinth, Phlius
der Bakchosdienſt der Muſik und
Poëſie eine eigenthuͤmliche Nichtung gab, iſt zum Theil
ſchon oben angedeutet worden 7, und wird unten noch
weiter ausgefuͤhrt werden. In Sicilien herrſchte
der Demeterdienſt vor, in dem eine gewiſſe Laſcivitaͤt
liegt; die Syrakuſiſchen Jambiſten-Choͤre 8 waren ohne
Zweifel mit dieſem Cult verbunden, wie das ἰαμβί-
ζειν auch anderswo dabei vorkommt 9: von der Ent-
artung der Muſik auf der Inſel zeugt auch der Um-

1 Pauſ. 4, 33, 3.
2 Her. 3, 131.
3 Boͤckh ad
Pind. Frgm. inc. 88.
vgl. von Hierax unten S. 337.
4 Pauſ. 4, 27, 4.
5 6, 14, 5.
6 S. das alte Epigramm
bei Ath. 14, 629.
7 Bd. 2. S. 404.
8 Ath. 5, 181 c.
9 Selbſt bei Archilochos iſt daran zu denken, daß er zu derſelben
Colonie gehoͤrte, bei der die Prieſterin Kleoboͤa die myſtiſchen Sa-
cra der Dem. von Paros nach Thaſos brachte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0338" n="332"/>
Landen Mu&#x017F;ik mit Eifer betrieben wurde, bezeugen<lb/>
die Agonen beim Tempel des Zeus auf Ithome in<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;enien, in denen &#x017F;chon vor dem er&#x017F;ten Kriege mit<lb/>
Lakeda&#x0364;mon Eumelos wett&#x017F;tritt <note place="foot" n="1">Pau&#x017F;. 4, 33, 3.</note>; die mit dem Kar-<lb/>
neenfe&#x017F;t verbundnen Mu&#x017F;enka&#x0364;mpfe begannen von Olymp.<lb/>
26. &#x2014; <hi rendition="#g">Argos</hi> hatte in den Zeiten des Polykrates<lb/>
die beru&#x0364;hmte&#x017F;ten Mu&#x017F;iker in Hellas <note place="foot" n="2">Her. 3, 131.</note>, namentlich Flo&#x0364;-<lb/>
ten&#x017F;pieler; Sakadas dichtete, komponirte, &#x017F;pielte gegen<lb/>
Ol. 48. lyri&#x017F;che Lieder und Elegien zur Flo&#x0364;te <note place="foot" n="3">Bo&#x0364;ckh <hi rendition="#aq">ad<lb/>
Pind. Frgm. inc. 88.</hi> vgl. von <hi rendition="#g">Hierax</hi> unten S. 337.</note>; eine<lb/>
be&#x017F;ondre Art von Flo&#x0364;ten hießen die Argeii&#x017F;chen <note place="foot" n="4">Pau&#x017F;. 4, 27, 4.</note>. An<lb/>
die&#x017F;en Be&#x017F;trebungen &#x017F;cheint <hi rendition="#g">Sikyon</hi> Antheil genom-<lb/>
men zu haben; nachdem Sakadas in den Pythien drei-<lb/>
mal ge&#x017F;iegt, gewann Pythokritos von Sikyon den Preis<lb/>
&#x017F;echsmal hinter einander <note place="foot" n="5">6, 14, 5.</note>; und der dithyrambi&#x017F;che<lb/>
Chor zur Flo&#x0364;te wurde hier mit be&#x017F;onderm Glanze und<lb/>
Ge&#x017F;chicke aufgefu&#x0364;hrt <note place="foot" n="6">S. das alte Epigramm<lb/>
bei Ath. 14, 629.</note>. Wie aber in <hi rendition="#g">Sikyon, Ko-<lb/>
rinth, Phlius</hi> der Bakchosdien&#x017F;t der Mu&#x017F;ik und<lb/>
Poë&#x017F;ie eine eigenthu&#x0364;mliche Nichtung gab, i&#x017F;t zum Theil<lb/>
&#x017F;chon oben angedeutet worden <note place="foot" n="7">Bd. 2. S. 404.</note>, und wird unten noch<lb/>
weiter ausgefu&#x0364;hrt werden. In <hi rendition="#g">Sicilien</hi> herr&#x017F;chte<lb/>
der Demeterdien&#x017F;t vor, in dem eine gewi&#x017F;&#x017F;e La&#x017F;civita&#x0364;t<lb/>
liegt; die Syraku&#x017F;i&#x017F;chen Jambi&#x017F;ten-Cho&#x0364;re <note place="foot" n="8">Ath. 5, 181 <hi rendition="#aq">c.</hi></note> waren ohne<lb/>
Zweifel mit die&#x017F;em Cult verbunden, wie das &#x1F30;&#x03B1;&#x03BC;&#x03B2;&#x03AF;-<lb/>
&#x03B6;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD; auch anderswo dabei vorkommt <note place="foot" n="9">Selb&#x017F;t bei Archilochos i&#x017F;t daran zu denken, daß er zu der&#x017F;elben<lb/>
Colonie geho&#x0364;rte, bei der die Prie&#x017F;terin Kleobo&#x0364;a die my&#x017F;ti&#x017F;chen Sa-<lb/>
cra der Dem. von Paros nach Tha&#x017F;os brachte.</note>: von der Ent-<lb/>
artung der Mu&#x017F;ik auf der In&#x017F;el zeugt auch der Um-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[332/0338] Landen Muſik mit Eifer betrieben wurde, bezeugen die Agonen beim Tempel des Zeus auf Ithome in Meſſenien, in denen ſchon vor dem erſten Kriege mit Lakedaͤmon Eumelos wettſtritt 1; die mit dem Kar- neenfeſt verbundnen Muſenkaͤmpfe begannen von Olymp. 26. — Argos hatte in den Zeiten des Polykrates die beruͤhmteſten Muſiker in Hellas 2, namentlich Floͤ- tenſpieler; Sakadas dichtete, komponirte, ſpielte gegen Ol. 48. lyriſche Lieder und Elegien zur Floͤte 3; eine beſondre Art von Floͤten hießen die Argeiiſchen 4. An dieſen Beſtrebungen ſcheint Sikyon Antheil genom- men zu haben; nachdem Sakadas in den Pythien drei- mal geſiegt, gewann Pythokritos von Sikyon den Preis ſechsmal hinter einander 5; und der dithyrambiſche Chor zur Floͤte wurde hier mit beſonderm Glanze und Geſchicke aufgefuͤhrt 6. Wie aber in Sikyon, Ko- rinth, Phlius der Bakchosdienſt der Muſik und Poëſie eine eigenthuͤmliche Nichtung gab, iſt zum Theil ſchon oben angedeutet worden 7, und wird unten noch weiter ausgefuͤhrt werden. In Sicilien herrſchte der Demeterdienſt vor, in dem eine gewiſſe Laſcivitaͤt liegt; die Syrakuſiſchen Jambiſten-Choͤre 8 waren ohne Zweifel mit dieſem Cult verbunden, wie das ἰαμβί- ζειν auch anderswo dabei vorkommt 9: von der Ent- artung der Muſik auf der Inſel zeugt auch der Um- 1 Pauſ. 4, 33, 3. 2 Her. 3, 131. 3 Boͤckh ad Pind. Frgm. inc. 88. vgl. von Hierax unten S. 337. 4 Pauſ. 4, 27, 4. 5 6, 14, 5. 6 S. das alte Epigramm bei Ath. 14, 629. 7 Bd. 2. S. 404. 8 Ath. 5, 181 c. 9 Selbſt bei Archilochos iſt daran zu denken, daß er zu derſelben Colonie gehoͤrte, bei der die Prieſterin Kleoboͤa die myſtiſchen Sa- cra der Dem. von Paros nach Thaſos brachte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/338
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/338>, abgerufen am 28.04.2024.