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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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Herrlichkeit erfreun, aber nicht um ihrer Gegenwart
willen ist das Fest angesetzt. Ein Hauptspiel bei die-
sem Feste war der Anapale ähnlich, die Knaben tanz-
ten in rhythmischen Bewegungen mit anmuthigen
Schwingungen und Wendungen der Hände, in denen
sie die Weisen der Ringschule und des Pankrations
zeigten: zugleich hatte aber der Tanz etwas Bakchi-
sches 1. So tanzten auch sonst die Epheben in Spar-
ta, wenn sie mit ihren Uebungen fertig waren, zum
Taktschlag und Spiel eines Flötners, in Reihen hinter
einander, indem sie zuerst mehr kriegerische, dann die
Weisen von Chortänzen darstellten, und dabei bestän-
dig zwei Verse wiederholten, wovon der eine die
Aphrodite und den Eros einlud, mitzutanzen, der an-
dre die Tänzer selbst aufforderte:

Auf schwingt weithin die behenden Füße, führt den Reigen
mit besserm Fleiß. 2

Auch aus dem Ballspiel wurde zu Sparta und Sikyon
ein Tanz gebildet 3. Gymnastischer Art war ferner
die Bibasis, die von Knaben und Mädchen getanzt
wurde 4; Tänzer und Tänzerinnen schlugen dabei mit
den Füßen nach hinten, wie die Spartiatin Lampito
bei Aristophanes 5 von sich rühmt, daß sie sich gy-

1 Athen. 15, 678 b. vgl. auch 14, 631 b. 632 c. Ueber
die Gymnopädie überhaupt Meurs. Orch. p. 202. und was Creu-
zer Comment. Herod. I. p. 230. citirt.
2 poRRo paides
poda metabate, kai komaxate beltion, Lukian a. O. 10. 11.
3 Athen. 1, 14 d. aus Dikäarch und Hippasos. In Argos hie-
ßen gew. Knabenehöre Ballakhradai, Birnenwerfer, Plut. Qu. Gr.
51. p. 405.
4 Pollux 4, 14, 102.
5 Lysistr. 82. Das
analaktizein der tanzenden Spartiatinnen kommt bei Oreibasios
Med. p. 121. ed. Mosqu. vor; die eklaktismata als Frauentanz
überhaupt bei Poll. a. O.
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Herrlichkeit erfreun, aber nicht um ihrer Gegenwart
willen iſt das Feſt angeſetzt. Ein Hauptſpiel bei die-
ſem Feſte war der Anapale aͤhnlich, die Knaben tanz-
ten in rhythmiſchen Bewegungen mit anmuthigen
Schwingungen und Wendungen der Haͤnde, in denen
ſie die Weiſen der Ringſchule und des Pankrations
zeigten: zugleich hatte aber der Tanz etwas Bakchi-
ſches 1. So tanzten auch ſonſt die Epheben in Spar-
ta, wenn ſie mit ihren Uebungen fertig waren, zum
Taktſchlag und Spiel eines Floͤtners, in Reihen hinter
einander, indem ſie zuerſt mehr kriegeriſche, dann die
Weiſen von Chortaͤnzen darſtellten, und dabei beſtaͤn-
dig zwei Verſe wiederholten, wovon der eine die
Aphrodite und den Eros einlud, mitzutanzen, der an-
dre die Taͤnzer ſelbſt aufforderte:

Auf ſchwingt weithin die behenden Fuͤße, fuͤhrt den Reigen
mit beſſerm Fleiß. 2

Auch aus dem Ballſpiel wurde zu Sparta und Sikyon
ein Tanz gebildet 3. Gymnaſtiſcher Art war ferner
die Bibaſis, die von Knaben und Maͤdchen getanzt
wurde 4; Taͤnzer und Taͤnzerinnen ſchlugen dabei mit
den Fuͤßen nach hinten, wie die Spartiatin Lampito
bei Ariſtophanes 5 von ſich ruͤhmt, daß ſie ſich gy-

1 Athen. 15, 678 b. vgl. auch 14, 631 b. 632 c. Ueber
die Gymnopaͤdie uͤberhaupt Meurſ. Orch. p. 202. und was Creu-
zer Comment. Herod. I. p. 230. citirt.
2 πόῤῥω παῖδες
πόδα μετάβατε, καὶ κωμάξατε βέλτιον, Lukian a. O. 10. 11.
3 Athen. 1, 14 d. aus Dikaͤarch und Hippaſos. In Argos hie-
ßen gew. Knabenehoͤre Βαλλαχϱάδαι, Birnenwerfer, Plut. Qu. Gr.
51. p. 405.
4 Pollux 4, 14, 102.
5 Lyſiſtr. 82. Das
ἀναλακτίζειν der tanzenden Spartiatinnen kommt bei Oreibaſios
Med. p. 121. ed. Mosqu. vor; die ἐκλακτίσματα als Frauentanz
uͤberhaupt bei Poll. a. O.
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[339/0345] Herrlichkeit erfreun, aber nicht um ihrer Gegenwart willen iſt das Feſt angeſetzt. Ein Hauptſpiel bei die- ſem Feſte war der Anapale aͤhnlich, die Knaben tanz- ten in rhythmiſchen Bewegungen mit anmuthigen Schwingungen und Wendungen der Haͤnde, in denen ſie die Weiſen der Ringſchule und des Pankrations zeigten: zugleich hatte aber der Tanz etwas Bakchi- ſches 1. So tanzten auch ſonſt die Epheben in Spar- ta, wenn ſie mit ihren Uebungen fertig waren, zum Taktſchlag und Spiel eines Floͤtners, in Reihen hinter einander, indem ſie zuerſt mehr kriegeriſche, dann die Weiſen von Chortaͤnzen darſtellten, und dabei beſtaͤn- dig zwei Verſe wiederholten, wovon der eine die Aphrodite und den Eros einlud, mitzutanzen, der an- dre die Taͤnzer ſelbſt aufforderte: Auf ſchwingt weithin die behenden Fuͤße, fuͤhrt den Reigen mit beſſerm Fleiß. 2 Auch aus dem Ballſpiel wurde zu Sparta und Sikyon ein Tanz gebildet 3. Gymnaſtiſcher Art war ferner die Bibaſis, die von Knaben und Maͤdchen getanzt wurde 4; Taͤnzer und Taͤnzerinnen ſchlugen dabei mit den Fuͤßen nach hinten, wie die Spartiatin Lampito bei Ariſtophanes 5 von ſich ruͤhmt, daß ſie ſich gy- 1 Athen. 15, 678 b. vgl. auch 14, 631 b. 632 c. Ueber die Gymnopaͤdie uͤberhaupt Meurſ. Orch. p. 202. und was Creu- zer Comment. Herod. I. p. 230. citirt. 2 πόῤῥω παῖδες πόδα μετάβατε, καὶ κωμάξατε βέλτιον, Lukian a. O. 10. 11. 3 Athen. 1, 14 d. aus Dikaͤarch und Hippaſos. In Argos hie- ßen gew. Knabenehoͤre Βαλλαχϱάδαι, Birnenwerfer, Plut. Qu. Gr. 51. p. 405. 4 Pollux 4, 14, 102. 5 Lyſiſtr. 82. Das ἀναλακτίζειν der tanzenden Spartiatinnen kommt bei Oreibaſios Med. p. 121. ed. Mosqu. vor; die ἐκλακτίσματα als Frauentanz uͤberhaupt bei Poll. a. O. 22*

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/345>, abgerufen am 30.04.2024.