Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

dazu Satyrn, im Kreise walzend" sie hat ihren Na-
men vielleicht von der Zagheit dieser unnützen und
nichtswürdigen Gesellen, wie sie Hesiod nennt 1. "Die
Ithymben galten dem Dionysos, der Karyatidentanz
der Artemis; die Bryallicha heißen nach dem Erfinder
Bryallichos; es tanzten sie Weiber dem Apollon und
der Artemis." Daß nun auch die folgenden Tänze zu
den Lakonischen gehören, beweist der Schluß. "Die
Hypogyponen ahmen Greise auf Stäben nach; die
Gyponen standen auf hölzernen Füßen, und tanzten in
durchscheinenden Tarantinidien. Die Menes (eine
ganz unsichre Lesart) wurden von Charinen getanzt
(von denen weiter unten die Rede sein wird), und
hatten von dem Flötenspieler, der sie erfand, den Na-
men. Tyrbasia hieß ein Dionysischer Tanz" wahr-
scheinlich verwandt mit der Argolischen Tyrbe 2, und
von der darin herrschenden Verwirrung benannt.
"Deikelistisch 3 nannten sie den Tanz, in dem sie Leu-
ten nachahmten, die beim Stehlen der Reste des Mahls
ertappt waren. Glänzender war 4 die Gymnopädie,
mit Spaß und Scherz verbunden." Der muntre Geist
und die Neigung zu possierlicher Darstellung, die alle
diese mimischen Tänze erzeugte, spricht sich auch in
diesen abgebrochnen Notizen aus, von denen wir nur
die über die Deikelikten anderswoher belegen und er-
gänzen können. In Sparta gab es ein altes Schau-
spiel, das aber wahrscheinlich nur von Leuten aus dem

1 Indessen ist der Name selbst aus den Varr. des Mss. noch
nicht klar.
2 Bd. 2. S. 404.
3 Der Text hat mime-
tiken d ekaloun, was offenbar falsch; daß von Deikelikten hier die
Rede, wird sogleich klar werden: so, glaube ich denn, ist deikeli-
stiken durch sein gewöhnliches Glossem verdrängt.
4 lam-
protera de en, en schreibe ich.

dazu Satyrn, im Kreiſe walzend“ ſie hat ihren Na-
men vielleicht von der Zagheit dieſer unnuͤtzen und
nichtswuͤrdigen Geſellen, wie ſie Heſiod nennt 1. „Die
Ithymben galten dem Dionyſos, der Karyatidentanz
der Artemis; die Bryallicha heißen nach dem Erfinder
Bryallichos; es tanzten ſie Weiber dem Apollon und
der Artemis.“ Daß nun auch die folgenden Taͤnze zu
den Lakoniſchen gehoͤren, beweist der Schluß. „Die
Hypogyponen ahmen Greiſe auf Staͤben nach; die
Gyponen ſtanden auf hoͤlzernen Fuͤßen, und tanzten in
durchſcheinenden Tarantinidien. Die Menes (eine
ganz unſichre Lesart) wurden von Charinen getanzt
(von denen weiter unten die Rede ſein wird), und
hatten von dem Floͤtenſpieler, der ſie erfand, den Na-
men. Tyrbaſia hieß ein Dionyſiſcher Tanz“ wahr-
ſcheinlich verwandt mit der Argoliſchen Tyrbe 2, und
von der darin herrſchenden Verwirrung benannt.
„Deikeliſtiſch 3 nannten ſie den Tanz, in dem ſie Leu-
ten nachahmten, die beim Stehlen der Reſte des Mahls
ertappt waren. Glaͤnzender war 4 die Gymnopaͤdie,
mit Spaß und Scherz verbunden.“ Der muntre Geiſt
und die Neigung zu poſſierlicher Darſtellung, die alle
dieſe mimiſchen Taͤnze erzeugte, ſpricht ſich auch in
dieſen abgebrochnen Notizen aus, von denen wir nur
die uͤber die Deikelikten anderswoher belegen und er-
gaͤnzen koͤnnen. In Sparta gab es ein altes Schau-
ſpiel, das aber wahrſcheinlich nur von Leuten aus dem

1 Indeſſen iſt der Name ſelbſt aus den Varr. des Mſſ. noch
nicht klar.
2 Bd. 2. S. 404.
3 Der Text hat μιμη-
τικὴν δ̛ ἐκάλουν, was offenbar falſch; daß von Deikelikten hier die
Rede, wird ſogleich klar werden: ſo, glaube ich denn, iſt δεικηλι-
στικὴν durch ſein gewoͤhnliches Gloſſem verdraͤngt.
4 λαμ-
πϱοτέϱα δὲ ἦν, ἣν ſchreibe ich.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0349" n="343"/>
dazu Satyrn, im Krei&#x017F;e walzend&#x201C; &#x017F;ie hat ihren Na-<lb/>
men vielleicht von der Zagheit die&#x017F;er unnu&#x0364;tzen und<lb/>
nichtswu&#x0364;rdigen Ge&#x017F;ellen, wie &#x017F;ie He&#x017F;iod nennt <note place="foot" n="1">Inde&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t der Name &#x017F;elb&#x017F;t aus den Varr. des M&#x017F;&#x017F;. noch<lb/>
nicht klar.</note>. &#x201E;Die<lb/>
Ithymben galten dem Diony&#x017F;os, der Karyatidentanz<lb/>
der Artemis; die Bryallicha heißen nach dem Erfinder<lb/>
Bryallichos; es tanzten &#x017F;ie Weiber dem Apollon und<lb/>
der Artemis.&#x201C; Daß nun auch die folgenden Ta&#x0364;nze zu<lb/>
den Lakoni&#x017F;chen geho&#x0364;ren, beweist der Schluß. &#x201E;Die<lb/>
Hypogyponen ahmen Grei&#x017F;e auf Sta&#x0364;ben nach; die<lb/>
Gyponen &#x017F;tanden auf ho&#x0364;lzernen Fu&#x0364;ßen, und tanzten in<lb/>
durch&#x017F;cheinenden Tarantinidien. Die Menes (eine<lb/>
ganz un&#x017F;ichre Lesart) wurden von Charinen getanzt<lb/>
(von denen weiter unten die Rede &#x017F;ein wird), und<lb/>
hatten von dem Flo&#x0364;ten&#x017F;pieler, der &#x017F;ie erfand, den Na-<lb/>
men. Tyrba&#x017F;ia hieß ein Diony&#x017F;i&#x017F;cher Tanz&#x201C; wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich verwandt mit der Argoli&#x017F;chen Tyrbe <note place="foot" n="2">Bd. 2. S. 404.</note>, und<lb/>
von der darin herr&#x017F;chenden Verwirrung benannt.<lb/>
&#x201E;Deikeli&#x017F;ti&#x017F;ch <note place="foot" n="3">Der Text hat &#x03BC;&#x03B9;&#x03BC;&#x03B7;-<lb/>
&#x03C4;&#x03B9;&#x03BA;&#x1F74;&#x03BD; &#x03B4;&#x031B; &#x1F10;&#x03BA;&#x03AC;&#x03BB;&#x03BF;&#x03C5;&#x03BD;, was offenbar fal&#x017F;ch; daß von Deikelikten hier die<lb/>
Rede, wird &#x017F;ogleich klar werden: &#x017F;o, glaube ich denn, i&#x017F;t &#x03B4;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BA;&#x03B7;&#x03BB;&#x03B9;-<lb/>
&#x03C3;&#x03C4;&#x03B9;&#x03BA;&#x1F74;&#x03BD; durch &#x017F;ein gewo&#x0364;hnliches Glo&#x017F;&#x017F;em verdra&#x0364;ngt.</note> nannten &#x017F;ie den Tanz, in dem &#x017F;ie Leu-<lb/>
ten nachahmten, die beim Stehlen der Re&#x017F;te des Mahls<lb/>
ertappt waren. Gla&#x0364;nzender war <note place="foot" n="4">&#x03BB;&#x03B1;&#x03BC;-<lb/>
&#x03C0;&#x03F1;&#x03BF;&#x03C4;&#x03AD;&#x03F1;&#x03B1; &#x03B4;&#x1F72; &#x1F26;&#x03BD;, &#x1F23;&#x03BD; &#x017F;chreibe ich.</note> die Gymnopa&#x0364;die,<lb/>
mit Spaß und Scherz verbunden.&#x201C; Der muntre Gei&#x017F;t<lb/>
und die Neigung zu po&#x017F;&#x017F;ierlicher Dar&#x017F;tellung, die alle<lb/>
die&#x017F;e mimi&#x017F;chen Ta&#x0364;nze erzeugte, &#x017F;pricht &#x017F;ich auch in<lb/>
die&#x017F;en abgebrochnen Notizen aus, von denen wir nur<lb/>
die u&#x0364;ber die <hi rendition="#g">Deikelikten</hi> anderswoher belegen und er-<lb/>
ga&#x0364;nzen ko&#x0364;nnen. In Sparta gab es ein altes Schau-<lb/>
&#x017F;piel, das aber wahr&#x017F;cheinlich nur von Leuten aus dem<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[343/0349] dazu Satyrn, im Kreiſe walzend“ ſie hat ihren Na- men vielleicht von der Zagheit dieſer unnuͤtzen und nichtswuͤrdigen Geſellen, wie ſie Heſiod nennt 1. „Die Ithymben galten dem Dionyſos, der Karyatidentanz der Artemis; die Bryallicha heißen nach dem Erfinder Bryallichos; es tanzten ſie Weiber dem Apollon und der Artemis.“ Daß nun auch die folgenden Taͤnze zu den Lakoniſchen gehoͤren, beweist der Schluß. „Die Hypogyponen ahmen Greiſe auf Staͤben nach; die Gyponen ſtanden auf hoͤlzernen Fuͤßen, und tanzten in durchſcheinenden Tarantinidien. Die Menes (eine ganz unſichre Lesart) wurden von Charinen getanzt (von denen weiter unten die Rede ſein wird), und hatten von dem Floͤtenſpieler, der ſie erfand, den Na- men. Tyrbaſia hieß ein Dionyſiſcher Tanz“ wahr- ſcheinlich verwandt mit der Argoliſchen Tyrbe 2, und von der darin herrſchenden Verwirrung benannt. „Deikeliſtiſch 3 nannten ſie den Tanz, in dem ſie Leu- ten nachahmten, die beim Stehlen der Reſte des Mahls ertappt waren. Glaͤnzender war 4 die Gymnopaͤdie, mit Spaß und Scherz verbunden.“ Der muntre Geiſt und die Neigung zu poſſierlicher Darſtellung, die alle dieſe mimiſchen Taͤnze erzeugte, ſpricht ſich auch in dieſen abgebrochnen Notizen aus, von denen wir nur die uͤber die Deikelikten anderswoher belegen und er- gaͤnzen koͤnnen. In Sparta gab es ein altes Schau- ſpiel, das aber wahrſcheinlich nur von Leuten aus dem 1 Indeſſen iſt der Name ſelbſt aus den Varr. des Mſſ. noch nicht klar. 2 Bd. 2. S. 404. 3 Der Text hat μιμη- τικὴν δ̛ ἐκάλουν, was offenbar falſch; daß von Deikelikten hier die Rede, wird ſogleich klar werden: ſo, glaube ich denn, iſt δεικηλι- στικὴν durch ſein gewoͤhnliches Gloſſem verdraͤngt. 4 λαμ- πϱοτέϱα δὲ ἦν, ἣν ſchreibe ich.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/349
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/349>, abgerufen am 07.05.2024.