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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Griechen. Vierte Periode.
Künstler gehen selbst aus den Griechischen Anlagen im
Orient hervor; und nirgends knüpft sich an einen der
Höfe eine nahmhafte Kunstschule an.

Vgl. §. 154. Ueber den Kunsthandel von Sikyon nach Ale-
xandreia Plut. Arat. 13. Athen. V. p. 196 e. Für Daphne
arbeitet der Athener Bryaxis (Kedrenos), für Antiocheia am Oron-
tes der Sikyonier Eutychides, Paus. vi, 2, 4.

147. Nun ist es keinem Zweifel unterworfen, daß1
die Kunstschulen Griechenlands, besonders im Anfange
dieser Periode, in einem blühenden Zustande waren, und
in einzelnen von den Mustern der besten Zeit genährten
Gemüthern beständig der reine Kunstsinn der frühern Pe-
riode lebendig blieb. Auf der andern Seite konnte es2
nicht ohne Einfluß auf die Kunst bleiben, wenn die innige
Verbindung, in der sie mit dem politischen Leben freier
Staaten stand, geschwächt, und ihr dagegen die Verherr-
lichung und das Vergnügen einzelner Personen als ein
Hauptzweck vorgeschrieben wurde. Es mußte sie wohl auf3
mancherlei Abwege führen, wenn ihr, bald die Schmei-
chelsucht knechtisch gesinnter Städte, bald die Launen von
Glanz und Herrlichkeit übersättigter Herrscher zu befrie-4
digen, und für den Prunk von Hoffesten in der Schnel-
ligkeit viel Glänzendes herbeizuschaffen, aufgegeben wurde.

2. Vgl. über die Verbindung der Kunst mit dem öffentlichen
Leben, Heeren Ideen iii, 1. S. 513.

3. S. von den Ehrenstatuen §. 158. Vgl. Heyne de genio
saeculi Ptolemaeorum, Opusc. Acad. I. p.
114.

4. S. die Beschreibung der in Alexandreia, unter Ptolemäos II,
von Arsinoe II veranstalteten Adonisfeier bei Theokrit xv, 119 ff.
Aphrodite u. Adonis auf Ruhebetten in einer Laube, in der viele
kleine Eroten umherfliegen, Zeus Adler den Ganymed raubt (nach
Leochares) u. dgl. Alles aus Elfenbein, Ebenholz, Gold, prächti-
gen Teppigen zusammengesetzt. Vgl. Groddeck Antiq. Versuche i.
S. 103 ff. Ferner die Beschreibung der von Ptolem. II allen
Göttern, besonders Dionysos und Alexander, aufgeführten Pompa,

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Griechen. Vierte Periode.
Kuͤnſtler gehen ſelbſt aus den Griechiſchen Anlagen im
Orient hervor; und nirgends knuͤpft ſich an einen der
Hoͤfe eine nahmhafte Kunſtſchule an.

Vgl. §. 154. Ueber den Kunſthandel von Sikyon nach Ale-
xandreia Plut. Arat. 13. Athen. V. p. 196 e. Für Daphne
arbeitet der Athener Bryaxis (Kedrenos), für Antiocheia am Oron-
tes der Sikyonier Eutychides, Pauſ. vi, 2, 4.

147. Nun iſt es keinem Zweifel unterworfen, daß1
die Kunſtſchulen Griechenlands, beſonders im Anfange
dieſer Periode, in einem bluͤhenden Zuſtande waren, und
in einzelnen von den Muſtern der beſten Zeit genaͤhrten
Gemuͤthern beſtaͤndig der reine Kunſtſinn der fruͤhern Pe-
riode lebendig blieb. Auf der andern Seite konnte es2
nicht ohne Einfluß auf die Kunſt bleiben, wenn die innige
Verbindung, in der ſie mit dem politiſchen Leben freier
Staaten ſtand, geſchwaͤcht, und ihr dagegen die Verherr-
lichung und das Vergnuͤgen einzelner Perſonen als ein
Hauptzweck vorgeſchrieben wurde. Es mußte ſie wohl auf3
mancherlei Abwege fuͤhren, wenn ihr, bald die Schmei-
chelſucht knechtiſch geſinnter Staͤdte, bald die Launen von
Glanz und Herrlichkeit uͤberſaͤttigter Herrſcher zu befrie-4
digen, und fuͤr den Prunk von Hoffeſten in der Schnel-
ligkeit viel Glaͤnzendes herbeizuſchaffen, aufgegeben wurde.

2. Vgl. über die Verbindung der Kunſt mit dem öffentlichen
Leben, Heeren Ideen iii, 1. S. 513.

3. S. von den Ehrenſtatuen §. 158. Vgl. Heyne de genio
saeculi Ptolemaeorum, Opusc. Acad. I. p.
114.

4. S. die Beſchreibung der in Alexandreia, unter Ptolemäos II,
von Arſinoe II veranſtalteten Adonisfeier bei Theokrit xv, 119 ff.
Aphrodite u. Adonis auf Ruhebetten in einer Laube, in der viele
kleine Eroten umherfliegen, Zeus Adler den Ganymed raubt (nach
Leochares) u. dgl. Alles aus Elfenbein, Ebenholz, Gold, prächti-
gen Teppigen zuſammengeſetzt. Vgl. Groddeck Antiq. Verſuche i.
S. 103 ff. Ferner die Beſchreibung der von Ptolem. II allen
Göttern, beſonders Dionyſos und Alexander, aufgeführten Pompa,

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[129/0151] Griechen. Vierte Periode. Kuͤnſtler gehen ſelbſt aus den Griechiſchen Anlagen im Orient hervor; und nirgends knuͤpft ſich an einen der Hoͤfe eine nahmhafte Kunſtſchule an. Vgl. §. 154. Ueber den Kunſthandel von Sikyon nach Ale- xandreia Plut. Arat. 13. Athen. V. p. 196 e. Für Daphne arbeitet der Athener Bryaxis (Kedrenos), für Antiocheia am Oron- tes der Sikyonier Eutychides, Pauſ. vi, 2, 4. 147. Nun iſt es keinem Zweifel unterworfen, daß die Kunſtſchulen Griechenlands, beſonders im Anfange dieſer Periode, in einem bluͤhenden Zuſtande waren, und in einzelnen von den Muſtern der beſten Zeit genaͤhrten Gemuͤthern beſtaͤndig der reine Kunſtſinn der fruͤhern Pe- riode lebendig blieb. Auf der andern Seite konnte es nicht ohne Einfluß auf die Kunſt bleiben, wenn die innige Verbindung, in der ſie mit dem politiſchen Leben freier Staaten ſtand, geſchwaͤcht, und ihr dagegen die Verherr- lichung und das Vergnuͤgen einzelner Perſonen als ein Hauptzweck vorgeſchrieben wurde. Es mußte ſie wohl auf mancherlei Abwege fuͤhren, wenn ihr, bald die Schmei- chelſucht knechtiſch geſinnter Staͤdte, bald die Launen von Glanz und Herrlichkeit uͤberſaͤttigter Herrſcher zu befrie- digen, und fuͤr den Prunk von Hoffeſten in der Schnel- ligkeit viel Glaͤnzendes herbeizuſchaffen, aufgegeben wurde. 1 2 3 4 2. Vgl. über die Verbindung der Kunſt mit dem öffentlichen Leben, Heeren Ideen iii, 1. S. 513. 3. S. von den Ehrenſtatuen §. 158. Vgl. Heyne de genio saeculi Ptolemaeorum, Opusc. Acad. I. p. 114. 4. S. die Beſchreibung der in Alexandreia, unter Ptolemäos II, von Arſinoe II veranſtalteten Adonisfeier bei Theokrit xv, 119 ff. Aphrodite u. Adonis auf Ruhebetten in einer Laube, in der viele kleine Eroten umherfliegen, Zeus Adler den Ganymed raubt (nach Leochares) u. dgl. Alles aus Elfenbein, Ebenholz, Gold, prächti- gen Teppigen zuſammengeſetzt. Vgl. Groddeck Antiq. Verſuche i. S. 103 ff. Ferner die Beſchreibung der von Ptolem. II allen Göttern, beſonders Dionyſos und Alexander, aufgeführten Pompa, 9

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/151>, abgerufen am 29.04.2024.