Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.§. 5. Das gemeine Volck bildet sich ein/ in
§. 5. Das gemeine Volck bildet ſich ein/ in
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0082" n="66"/> <p>§. 5. Das gemeine Volck bildet ſich ein/<lb/> daß er ſich alle neue Mond verjuͤngere/ bey<lb/> denen alten Vor-Eltern. Allein die <hi rendition="#aq">Misſio-<lb/> narii</hi> des <hi rendition="#aq">Metropoliten</hi> erwehnen/ daß weil ſie<lb/> ſonderliche Liebe von ihm genoſſen/ und die<lb/><hi rendition="#aq">audience</hi> nach Verlangen haben koͤnnen/ ſie<lb/> es eigentlich <hi rendition="#aq">remarquir</hi>et/ daß er biß zum al-<lb/> ten Mond ſeinen grauen Bahrt wachſen laſſe/<lb/> und ein falſches klatterichtes Haar/ das ihm<lb/> eine alte Geſtalt mache, im alten Mond auf-<lb/> ſetze/ ſo bald aber das neue Licht zu ſcheinen be-<lb/> ginnet/ den alten Bahrt abſchneide/ und ſich<lb/> im Geſichte roth und weiß/ gleich dem weib-<lb/> lichen Geſchlechte in Rußland, ſchmincke und<lb/> anmahle. Sie <hi rendition="#aq">ſtatuir</hi>en <hi rendition="#aq">Metemplychoſin<lb/> Pythagoricam,</hi> und glauben/ daß des Men-<lb/> ſchen Seele nach dem Tode in ein Thier o-<lb/> der Menſchen wieder einziehe, weßfalls ſie<lb/> nicht gerne einen Vogel oder ander Thier er-<lb/> ſchlagen/ aus Furcht/ ſie moͤchten ihre Vor-<lb/> Eltern in ihnen ertoͤdten; Woferne ſie aber<lb/> der Creatur gleichwohl das Leben nehmen,<lb/> haben ſie die Abſicht, die Seele <hi rendition="#aq">avancir</hi>en zu<lb/> machen; ſonſten ziehe des Menſchen Seele,<lb/> wenn er in ſeinem Leben ſchweiniſch geweſt,<lb/> in ein Schwein wieder ein u. ſ. w. biß ſie ſich<lb/> durch vielfaͤltige Veraͤnderung endlich einen<lb/> Menſchen zu beziehen geſchickt mache. Die<lb/> von mehrerm Nachſinnen/ halten eigentlich<lb/> nicht dafuͤr/ daß die Seele aus einem Coͤrper<lb/> <fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [66/0082]
§. 5. Das gemeine Volck bildet ſich ein/
daß er ſich alle neue Mond verjuͤngere/ bey
denen alten Vor-Eltern. Allein die Misſio-
narii des Metropoliten erwehnen/ daß weil ſie
ſonderliche Liebe von ihm genoſſen/ und die
audience nach Verlangen haben koͤnnen/ ſie
es eigentlich remarquiret/ daß er biß zum al-
ten Mond ſeinen grauen Bahrt wachſen laſſe/
und ein falſches klatterichtes Haar/ das ihm
eine alte Geſtalt mache, im alten Mond auf-
ſetze/ ſo bald aber das neue Licht zu ſcheinen be-
ginnet/ den alten Bahrt abſchneide/ und ſich
im Geſichte roth und weiß/ gleich dem weib-
lichen Geſchlechte in Rußland, ſchmincke und
anmahle. Sie ſtatuiren Metemplychoſin
Pythagoricam, und glauben/ daß des Men-
ſchen Seele nach dem Tode in ein Thier o-
der Menſchen wieder einziehe, weßfalls ſie
nicht gerne einen Vogel oder ander Thier er-
ſchlagen/ aus Furcht/ ſie moͤchten ihre Vor-
Eltern in ihnen ertoͤdten; Woferne ſie aber
der Creatur gleichwohl das Leben nehmen,
haben ſie die Abſicht, die Seele avanciren zu
machen; ſonſten ziehe des Menſchen Seele,
wenn er in ſeinem Leben ſchweiniſch geweſt,
in ein Schwein wieder ein u. ſ. w. biß ſie ſich
durch vielfaͤltige Veraͤnderung endlich einen
Menſchen zu beziehen geſchickt mache. Die
von mehrerm Nachſinnen/ halten eigentlich
nicht dafuͤr/ daß die Seele aus einem Coͤrper
in
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Zitationshilfe: | Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/82>, abgerufen am 17.06.2024. |