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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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ans Licht kommen könne, als er? -- Ordnung,
Freiheit, Sicherheit, Recht, die Glückseligkeit Aller
sind erhabene Ideen für Den, der sie ideenweise
auffaßt; der Staat, wie groß und erhaben, wie
alles umfassend, wie in und auf sich selbst ruhend
er auch sey, verschmähet es nicht, mitunter be-
trachtet zu werden, als sey er nur um Eines
von diesen Zwecken willen da; er ist aber zu
groß, zu lebendig, um sich, den Wünschen der
Theoretiker gemäß, Einem dieser Zwecke aus-
schließend und allein hinzugeben: er dient ihnen
allen, er dient allen gedenkbaren Zwecken, weil
er sich selbst dient. --

So hat man oft auch nach der Bestimmung
des Menschen gefragt. Der Mensch fühlte sich
unvollständig, krank und halb. Es wurde ge-
antwortet: "der Mensch ist um seiner Glückselig-
keit willen da;" -- "nein, um seiner Tugend
willen," sagte ein Zweiter; "für seine Vervoll-
kommnung," sagte ein Dritter. Recht gut!
wenn ihr nur fühlen möchtet, daß alle diese
Zwecke immer in den Menschen zurückkehren,
daß es immer wieder auf seine Tugend, seine
Glückseligkeit, seine Vollkommenheit abgesehen
bleibt, und Er, nichts Einzelnes, am Ende
doch sein eigner Zweck ist. Du hast dich selbst
empfunden; und so hast du zugleich alle deine

ans Licht kommen koͤnne, als er? — Ordnung,
Freiheit, Sicherheit, Recht, die Gluͤckſeligkeit Aller
ſind erhabene Ideen fuͤr Den, der ſie ideenweiſe
auffaßt; der Staat, wie groß und erhaben, wie
alles umfaſſend, wie in und auf ſich ſelbſt ruhend
er auch ſey, verſchmaͤhet es nicht, mitunter be-
trachtet zu werden, als ſey er nur um Eines
von dieſen Zwecken willen da; er iſt aber zu
groß, zu lebendig, um ſich, den Wuͤnſchen der
Theoretiker gemaͤß, Einem dieſer Zwecke aus-
ſchließend und allein hinzugeben: er dient ihnen
allen, er dient allen gedenkbaren Zwecken, weil
er ſich ſelbſt dient. —

So hat man oft auch nach der Beſtimmung
des Menſchen gefragt. Der Menſch fuͤhlte ſich
unvollſtaͤndig, krank und halb. Es wurde ge-
antwortet: „der Menſch iſt um ſeiner Gluͤckſelig-
keit willen da;” — „nein, um ſeiner Tugend
willen,” ſagte ein Zweiter; „fuͤr ſeine Vervoll-
kommnung,” ſagte ein Dritter. Recht gut!
wenn ihr nur fuͤhlen moͤchtet, daß alle dieſe
Zwecke immer in den Menſchen zuruͤckkehren,
daß es immer wieder auf ſeine Tugend, ſeine
Gluͤckſeligkeit, ſeine Vollkommenheit abgeſehen
bleibt, und Er, nichts Einzelnes, am Ende
doch ſein eigner Zweck iſt. Du haſt dich ſelbſt
empfunden; und ſo haſt du zugleich alle deine

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[68/0102] ans Licht kommen koͤnne, als er? — Ordnung, Freiheit, Sicherheit, Recht, die Gluͤckſeligkeit Aller ſind erhabene Ideen fuͤr Den, der ſie ideenweiſe auffaßt; der Staat, wie groß und erhaben, wie alles umfaſſend, wie in und auf ſich ſelbſt ruhend er auch ſey, verſchmaͤhet es nicht, mitunter be- trachtet zu werden, als ſey er nur um Eines von dieſen Zwecken willen da; er iſt aber zu groß, zu lebendig, um ſich, den Wuͤnſchen der Theoretiker gemaͤß, Einem dieſer Zwecke aus- ſchließend und allein hinzugeben: er dient ihnen allen, er dient allen gedenkbaren Zwecken, weil er ſich ſelbſt dient. — So hat man oft auch nach der Beſtimmung des Menſchen gefragt. Der Menſch fuͤhlte ſich unvollſtaͤndig, krank und halb. Es wurde ge- antwortet: „der Menſch iſt um ſeiner Gluͤckſelig- keit willen da;” — „nein, um ſeiner Tugend willen,” ſagte ein Zweiter; „fuͤr ſeine Vervoll- kommnung,” ſagte ein Dritter. Recht gut! wenn ihr nur fuͤhlen moͤchtet, daß alle dieſe Zwecke immer in den Menſchen zuruͤckkehren, daß es immer wieder auf ſeine Tugend, ſeine Gluͤckſeligkeit, ſeine Vollkommenheit abgeſehen bleibt, und Er, nichts Einzelnes, am Ende doch ſein eigner Zweck iſt. Du haſt dich ſelbſt empfunden; und ſo haſt du zugleich alle deine

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/102>, abgerufen am 30.04.2024.