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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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türlichste Verfassung der menschlichen Dinge auf-
recht zu erhalten.

In der ersten Familie, welche auf dieser Erde
existirt haben mag, muß wechselsweise bald
der Mann, bald die Frau, oder eine dritte unbe-
greifliche Stimme, die Stimme Gottes oder der
Instinct des Gesetzes, regiert haben. Es hat
also in diesem allerersten Regiment auf Erden
wechselsweise monarchische Momente gege-
ben, wo eine von den beiden Personen herrschte,
und republicanische Momente, wo keine von
beiden die Oberhand hatte, sondern ein, wenn
auch noch so dunkles, Gefühl des Rechtes, das
die späteren Jahrhunderte durch den Buchstaben
auszubilden, zu verdeutlichen und festzuhalten
glaubten. Wie sich auch die Formen späterhin
verändert haben; in wie viel größeren Dimen-
sionen, in wie viel reicheren Gestalten die Idee
des Rechtes erscheinen möge: ihr Wesen ist durch
alle Zeitalter der Menschheit hindurch immer
dasselbe geblieben. --

Noch heutiges Tages spricht man in den un-
eingeschränktesten Monarchieen von einer Unter-
worfenheit des Suveräns unter das Gesetz;
man setzt einen Streit zwischen dem Gesetze und
dem Repräsentanten des Gesetzes voraus. Das
Gesetz, wie es da im Buchstaben ausgedrückt

tuͤrlichſte Verfaſſung der menſchlichen Dinge auf-
recht zu erhalten.

In der erſten Familie, welche auf dieſer Erde
exiſtirt haben mag, muß wechſelsweiſe bald
der Mann, bald die Frau, oder eine dritte unbe-
greifliche Stimme, die Stimme Gottes oder der
Inſtinct des Geſetzes, regiert haben. Es hat
alſo in dieſem allererſten Regiment auf Erden
wechſelsweiſe monarchiſche Momente gege-
ben, wo eine von den beiden Perſonen herrſchte,
und republicaniſche Momente, wo keine von
beiden die Oberhand hatte, ſondern ein, wenn
auch noch ſo dunkles, Gefuͤhl des Rechtes, das
die ſpaͤteren Jahrhunderte durch den Buchſtaben
auszubilden, zu verdeutlichen und feſtzuhalten
glaubten. Wie ſich auch die Formen ſpaͤterhin
veraͤndert haben; in wie viel groͤßeren Dimen-
ſionen, in wie viel reicheren Geſtalten die Idee
des Rechtes erſcheinen moͤge: ihr Weſen iſt durch
alle Zeitalter der Menſchheit hindurch immer
daſſelbe geblieben. —

Noch heutiges Tages ſpricht man in den un-
eingeſchraͤnkteſten Monarchieen von einer Unter-
worfenheit des Suveraͤns unter das Geſetz;
man ſetzt einen Streit zwiſchen dem Geſetze und
dem Repraͤſentanten des Geſetzes voraus. Das
Geſetz, wie es da im Buchſtaben ausgedruͤckt

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[72/0106] tuͤrlichſte Verfaſſung der menſchlichen Dinge auf- recht zu erhalten. In der erſten Familie, welche auf dieſer Erde exiſtirt haben mag, muß wechſelsweiſe bald der Mann, bald die Frau, oder eine dritte unbe- greifliche Stimme, die Stimme Gottes oder der Inſtinct des Geſetzes, regiert haben. Es hat alſo in dieſem allererſten Regiment auf Erden wechſelsweiſe monarchiſche Momente gege- ben, wo eine von den beiden Perſonen herrſchte, und republicaniſche Momente, wo keine von beiden die Oberhand hatte, ſondern ein, wenn auch noch ſo dunkles, Gefuͤhl des Rechtes, das die ſpaͤteren Jahrhunderte durch den Buchſtaben auszubilden, zu verdeutlichen und feſtzuhalten glaubten. Wie ſich auch die Formen ſpaͤterhin veraͤndert haben; in wie viel groͤßeren Dimen- ſionen, in wie viel reicheren Geſtalten die Idee des Rechtes erſcheinen moͤge: ihr Weſen iſt durch alle Zeitalter der Menſchheit hindurch immer daſſelbe geblieben. — Noch heutiges Tages ſpricht man in den un- eingeſchraͤnkteſten Monarchieen von einer Unter- worfenheit des Suveraͤns unter das Geſetz; man ſetzt einen Streit zwiſchen dem Geſetze und dem Repraͤſentanten des Geſetzes voraus. Das Geſetz, wie es da im Buchſtaben ausgedruͤckt

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/106>, abgerufen am 30.04.2024.