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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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zu seyn und ohne Ende immer mehr zu werden,
was er, seiner eigenthümlichen Natur und sei-
nem individuellen Wachsthum nach, seyn kann:
so giebt er, mit Einer und derselben Handlung,
dem Volke Freiheit, dem Gesetze Leben und
Kraft. --

Die Freiheit aber ist eine Eigenschaft, welche
jedem einzelnen von den vielfältigen Bestand-
theilen des Staates zukommen muß, nicht bloß
den physischen, sondern auch den moralischen
Personen. In Großbrittanien wird es beson-
ders klar, wie jedes Gesetz, jeder Stand, jedes
National-Institut, jedes Interesse, jedes Ge-
werbe seine eigenthümliche Freiheit, und wie
jede von diesen moralischen Personen, eben so
gut wie die einzelnen menschlichen Individuen,
auch jenes Streben hat, seine Eigenheit geltend
zu machen. Es ist eben dort ein allgemeiner
Geist des politischen Lebens in alle Bestandtheile
des Staates gefahren; und da die Gesetze selbst,
freie, vom Geiste des Ganzen beseelte Personen
sind, so hat der Bürger allenthalben, wo er
hinblickt, Seinesgleichen vor sich, so sind alle
Bestandtheile des Staates unaufhörliche Gegen-
stände seiner Opposition und seiner Liebe.

Bin ich selbst frei, sagt der Ahnherr, so ist
auch Das frei, was zu mir gehört, nicht bloß

zu ſeyn und ohne Ende immer mehr zu werden,
was er, ſeiner eigenthuͤmlichen Natur und ſei-
nem individuellen Wachsthum nach, ſeyn kann:
ſo giebt er, mit Einer und derſelben Handlung,
dem Volke Freiheit, dem Geſetze Leben und
Kraft. —

Die Freiheit aber iſt eine Eigenſchaft, welche
jedem einzelnen von den vielfaͤltigen Beſtand-
theilen des Staates zukommen muß, nicht bloß
den phyſiſchen, ſondern auch den moraliſchen
Perſonen. In Großbrittanien wird es beſon-
ders klar, wie jedes Geſetz, jeder Stand, jedes
National-Inſtitut, jedes Intereſſe, jedes Ge-
werbe ſeine eigenthuͤmliche Freiheit, und wie
jede von dieſen moraliſchen Perſonen, eben ſo
gut wie die einzelnen menſchlichen Individuen,
auch jenes Streben hat, ſeine Eigenheit geltend
zu machen. Es iſt eben dort ein allgemeiner
Geiſt des politiſchen Lebens in alle Beſtandtheile
des Staates gefahren; und da die Geſetze ſelbſt,
freie, vom Geiſte des Ganzen beſeelte Perſonen
ſind, ſo hat der Buͤrger allenthalben, wo er
hinblickt, Seinesgleichen vor ſich, ſo ſind alle
Beſtandtheile des Staates unaufhoͤrliche Gegen-
ſtaͤnde ſeiner Oppoſition und ſeiner Liebe.

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[210/0244] zu ſeyn und ohne Ende immer mehr zu werden, was er, ſeiner eigenthuͤmlichen Natur und ſei- nem individuellen Wachsthum nach, ſeyn kann: ſo giebt er, mit Einer und derſelben Handlung, dem Volke Freiheit, dem Geſetze Leben und Kraft. — Die Freiheit aber iſt eine Eigenſchaft, welche jedem einzelnen von den vielfaͤltigen Beſtand- theilen des Staates zukommen muß, nicht bloß den phyſiſchen, ſondern auch den moraliſchen Perſonen. In Großbrittanien wird es beſon- ders klar, wie jedes Geſetz, jeder Stand, jedes National-Inſtitut, jedes Intereſſe, jedes Ge- werbe ſeine eigenthuͤmliche Freiheit, und wie jede von dieſen moraliſchen Perſonen, eben ſo gut wie die einzelnen menſchlichen Individuen, auch jenes Streben hat, ſeine Eigenheit geltend zu machen. Es iſt eben dort ein allgemeiner Geiſt des politiſchen Lebens in alle Beſtandtheile des Staates gefahren; und da die Geſetze ſelbſt, freie, vom Geiſte des Ganzen beſeelte Perſonen ſind, ſo hat der Buͤrger allenthalben, wo er hinblickt, Seinesgleichen vor ſich, ſo ſind alle Beſtandtheile des Staates unaufhoͤrliche Gegen- ſtaͤnde ſeiner Oppoſition und ſeiner Liebe. Bin ich ſelbſt frei, ſagt der Ahnherr, ſo iſt auch Das frei, was zu mir gehoͤrt, nicht bloß

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/244>, abgerufen am 26.04.2024.