Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

ner ganzen Darstellung zeigt, mit der republi-
kanischen in dem Verhältniß strenger und gegen-
seitiger Abhängigkeit steht.

Das Privatrecht beantwortete die Frage: wie
entwickelt sich und wächst die Idee des Rechtes
in dem Streite der Freiheit mit der Gegenfrei-
heit der einzelnen Bürger desselben Staates? --
Die andre Frage: wie entwickelt sich in dem
Gesammtstreite der einzelnen Bürger mit dem
lebendigen Gesetze, die Idee des Rechtes? beant-
wortet das Staatsrecht. -- In demselben Ver-
hältnisse der Gegenseitigkeit, worin alle Indivi-
duen desselben Staates zu einander stehen, steht
auch jedes einzelne Individuum, und die Tota-
lität dieser Individuen zum Staate, zum leben-
digen Gesetz, oder zum Suverän. So wie der
Streit der Freiheit mit der Gegenfreiheit der
einzelnen Bürger im Laufe der Zeiten allmählich
gewisse Regeln begründet, welche der Suverän
in seiner Qualität als Privat-Richter benutzt,
belebt und erweitert: so entwickeln sich aus dem
Verhältnisse des Suveräns zu den Unterthanen
erprüfte Formen, welche als Reichs-Grundge-
setze, oder, wie man sie in neueren Zeiten ge-
nannt hat, als organische Gesetze (Sena-
tus-Consulte), den nachfolgenden Zeiten zur
Grundlage ihrer gesammten Unterthänigkeitsver-

ner ganzen Darſtellung zeigt, mit der republi-
kaniſchen in dem Verhaͤltniß ſtrenger und gegen-
ſeitiger Abhaͤngigkeit ſteht.

Das Privatrecht beantwortete die Frage: wie
entwickelt ſich und waͤchſt die Idee des Rechtes
in dem Streite der Freiheit mit der Gegenfrei-
heit der einzelnen Buͤrger deſſelben Staates? —
Die andre Frage: wie entwickelt ſich in dem
Geſammtſtreite der einzelnen Buͤrger mit dem
lebendigen Geſetze, die Idee des Rechtes? beant-
wortet das Staatsrecht. — In demſelben Ver-
haͤltniſſe der Gegenſeitigkeit, worin alle Indivi-
duen deſſelben Staates zu einander ſtehen, ſteht
auch jedes einzelne Individuum, und die Tota-
litaͤt dieſer Individuen zum Staate, zum leben-
digen Geſetz, oder zum Suveraͤn. So wie der
Streit der Freiheit mit der Gegenfreiheit der
einzelnen Buͤrger im Laufe der Zeiten allmaͤhlich
gewiſſe Regeln begruͤndet, welche der Suveraͤn
in ſeiner Qualitaͤt als Privat-Richter benutzt,
belebt und erweitert: ſo entwickeln ſich aus dem
Verhaͤltniſſe des Suveraͤns zu den Unterthanen
erpruͤfte Formen, welche als Reichs-Grundge-
ſetze, oder, wie man ſie in neueren Zeiten ge-
nannt hat, als organiſche Geſetze (Sena-
tus-Conſulte), den nachfolgenden Zeiten zur
Grundlage ihrer geſammten Unterthaͤnigkeitsver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0288" n="254"/>
ner ganzen Dar&#x017F;tellung zeigt, mit der republi-<lb/>
kani&#x017F;chen in dem Verha&#x0364;ltniß &#x017F;trenger und gegen-<lb/>
&#x017F;eitiger Abha&#x0364;ngigkeit &#x017F;teht.</p><lb/>
            <p>Das Privatrecht beantwortete die Frage: wie<lb/>
entwickelt &#x017F;ich und wa&#x0364;ch&#x017F;t die Idee des Rechtes<lb/>
in dem Streite der Freiheit mit der Gegenfrei-<lb/>
heit der einzelnen Bu&#x0364;rger de&#x017F;&#x017F;elben Staates? &#x2014;<lb/>
Die andre Frage: wie entwickelt &#x017F;ich in dem<lb/>
Ge&#x017F;ammt&#x017F;treite der einzelnen Bu&#x0364;rger mit dem<lb/>
lebendigen Ge&#x017F;etze, die Idee des Rechtes? beant-<lb/>
wortet das Staatsrecht. &#x2014; In dem&#x017F;elben Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e der Gegen&#x017F;eitigkeit, worin alle Indivi-<lb/>
duen de&#x017F;&#x017F;elben Staates zu einander &#x017F;tehen, &#x017F;teht<lb/>
auch jedes einzelne Individuum, und die Tota-<lb/>
lita&#x0364;t die&#x017F;er Individuen zum Staate, zum leben-<lb/>
digen Ge&#x017F;etz, oder zum Suvera&#x0364;n. So wie der<lb/>
Streit der Freiheit mit der Gegenfreiheit der<lb/>
einzelnen Bu&#x0364;rger im Laufe der Zeiten allma&#x0364;hlich<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Regeln begru&#x0364;ndet, welche der Suvera&#x0364;n<lb/>
in &#x017F;einer Qualita&#x0364;t als Privat-Richter benutzt,<lb/>
belebt und erweitert: &#x017F;o entwickeln &#x017F;ich aus dem<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e des Suvera&#x0364;ns zu den Unterthanen<lb/>
erpru&#x0364;fte Formen, welche als Reichs-Grundge-<lb/>
&#x017F;etze, oder, wie man &#x017F;ie in neueren Zeiten ge-<lb/>
nannt hat, als <hi rendition="#g">organi&#x017F;che Ge&#x017F;etze</hi> (Sena-<lb/>
tus-Con&#x017F;ulte), den nachfolgenden Zeiten zur<lb/>
Grundlage ihrer ge&#x017F;ammten Untertha&#x0364;nigkeitsver-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0288] ner ganzen Darſtellung zeigt, mit der republi- kaniſchen in dem Verhaͤltniß ſtrenger und gegen- ſeitiger Abhaͤngigkeit ſteht. Das Privatrecht beantwortete die Frage: wie entwickelt ſich und waͤchſt die Idee des Rechtes in dem Streite der Freiheit mit der Gegenfrei- heit der einzelnen Buͤrger deſſelben Staates? — Die andre Frage: wie entwickelt ſich in dem Geſammtſtreite der einzelnen Buͤrger mit dem lebendigen Geſetze, die Idee des Rechtes? beant- wortet das Staatsrecht. — In demſelben Ver- haͤltniſſe der Gegenſeitigkeit, worin alle Indivi- duen deſſelben Staates zu einander ſtehen, ſteht auch jedes einzelne Individuum, und die Tota- litaͤt dieſer Individuen zum Staate, zum leben- digen Geſetz, oder zum Suveraͤn. So wie der Streit der Freiheit mit der Gegenfreiheit der einzelnen Buͤrger im Laufe der Zeiten allmaͤhlich gewiſſe Regeln begruͤndet, welche der Suveraͤn in ſeiner Qualitaͤt als Privat-Richter benutzt, belebt und erweitert: ſo entwickeln ſich aus dem Verhaͤltniſſe des Suveraͤns zu den Unterthanen erpruͤfte Formen, welche als Reichs-Grundge- ſetze, oder, wie man ſie in neueren Zeiten ge- nannt hat, als organiſche Geſetze (Sena- tus-Conſulte), den nachfolgenden Zeiten zur Grundlage ihrer geſammten Unterthaͤnigkeitsver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/288
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/288>, abgerufen am 09.05.2024.