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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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"sagen vermögend ist. Denke, du habest es nur mit
"dem dreyeinigen höchsten Wesen und dir allein in die-
"ser Welt zu thun, und entferne daher deine Gedanken
"von allem was außer dir und in der Welt vorgeht.
"Wird der Geist Gottes in seiner vollen Kraft nur erst
"Jesum, den Sünder-Freund deinem Herzen recht
"verklären, und dessen vollgültige Erlösung deiner Seele
"mit Ueberzeugung zueignen können, so wirst du bey
"dieser überschwänglichen Erkenntniß alles für Schade,
"Koth und Dreck halten, und dein ewiger und unsterb-
"licher Geist wird hier schon mehr Ruhe, Trost und
"Freude geniessen, als die Welt in ihrer größten Herlich-
"keit und Lust uns nicht geben kann. Diese Ueberzeu-
"gung hat Gott von meiner Jugend an mir in meiner
"Seele zu theil werden lassen, daß kein schätzbarerer
"Stand in der Welt ist, als der wahre Christenstand,
"sowohl in guten als bösen Tagen. Und gerne hätte
"ich es gesehen, daß alle meine Kinder diesen so seeligen
"Eindruck auch von Jugend auf von Gott hätten in sich
"würken lassen. Jch bin dabey aber auch gewahr wor-
"den, daß dieses ein Werk Gottes und nicht der Men-
"schen sey. Nun, mein lieber Sohn, was hiebey von
"Menschen versehen, versäumt oder vernachläßiget
"worden, das wollen wir mit Herzens Reue erkennen,
"und Gott demüthigst abbitten. Aber durch Verzagen
"an dem Reichthum seiner Barmherzigkeit, welche er in
"Christo Jesu unserm Erlöser so deutlich geoffenbaret,
"Gottes Willen auch nicht schmälern noch verringern,
"sondern den wahrhaftigen Zeugnißen der heiligen
"Schrift einen gläubigen Beyfall geben: Also hat Gott
"die in Sünde liegende Welt geliebt, daß er seinen
"eingebohrnen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glau-
"ben nicht verlohren werden sondern das ewige Leben
"haben. Es sind dieses aber Wahrheiten, die uns die
"bloße menschliche Vernunft nicht überzeugend und

"kräftig
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“ſagen vermoͤgend iſt. Denke, du habeſt es nur mit
“dem dreyeinigen hoͤchſten Weſen und dir allein in die-
“ſer Welt zu thun, und entferne daher deine Gedanken
“von allem was außer dir und in der Welt vorgeht.
“Wird der Geiſt Gottes in ſeiner vollen Kraft nur erſt
“Jeſum, den Suͤnder-Freund deinem Herzen recht
“verklaͤren, und deſſen vollguͤltige Erloͤſung deiner Seele
“mit Ueberzeugung zueignen koͤnnen, ſo wirſt du bey
“dieſer uͤberſchwaͤnglichen Erkenntniß alles fuͤr Schade,
“Koth und Dreck halten, und dein ewiger und unſterb-
“licher Geiſt wird hier ſchon mehr Ruhe, Troſt und
“Freude genieſſen, als die Welt in ihrer groͤßten Herlich-
“keit und Luſt uns nicht geben kann. Dieſe Ueberzeu-
“gung hat Gott von meiner Jugend an mir in meiner
“Seele zu theil werden laſſen, daß kein ſchaͤtzbarerer
“Stand in der Welt iſt, als der wahre Chriſtenſtand,
“ſowohl in guten als boͤſen Tagen. Und gerne haͤtte
“ich es geſehen, daß alle meine Kinder dieſen ſo ſeeligen
“Eindruck auch von Jugend auf von Gott haͤtten in ſich
“wuͤrken laſſen. Jch bin dabey aber auch gewahr wor-
“den, daß dieſes ein Werk Gottes und nicht der Men-
“ſchen ſey. Nun, mein lieber Sohn, was hiebey von
“Menſchen verſehen, verſaͤumt oder vernachlaͤßiget
“worden, das wollen wir mit Herzens Reue erkennen,
“und Gott demuͤthigſt abbitten. Aber durch Verzagen
“an dem Reichthum ſeiner Barmherzigkeit, welche er in
“Chriſto Jeſu unſerm Erloͤſer ſo deutlich geoffenbaret,
“Gottes Willen auch nicht ſchmaͤlern noch verringern,
“ſondern den wahrhaftigen Zeugnißen der heiligen
“Schrift einen glaͤubigen Beyfall geben: Alſo hat Gott
“die in Suͤnde liegende Welt geliebt, daß er ſeinen
“eingebohrnen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glau-
“ben nicht verlohren werden ſondern das ewige Leben
“haben. Es ſind dieſes aber Wahrheiten, die uns die
“bloße menſchliche Vernunft nicht uͤberzeugend und

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[149/0161] “ſagen vermoͤgend iſt. Denke, du habeſt es nur mit “dem dreyeinigen hoͤchſten Weſen und dir allein in die- “ſer Welt zu thun, und entferne daher deine Gedanken “von allem was außer dir und in der Welt vorgeht. “Wird der Geiſt Gottes in ſeiner vollen Kraft nur erſt “Jeſum, den Suͤnder-Freund deinem Herzen recht “verklaͤren, und deſſen vollguͤltige Erloͤſung deiner Seele “mit Ueberzeugung zueignen koͤnnen, ſo wirſt du bey “dieſer uͤberſchwaͤnglichen Erkenntniß alles fuͤr Schade, “Koth und Dreck halten, und dein ewiger und unſterb- “licher Geiſt wird hier ſchon mehr Ruhe, Troſt und “Freude genieſſen, als die Welt in ihrer groͤßten Herlich- “keit und Luſt uns nicht geben kann. Dieſe Ueberzeu- “gung hat Gott von meiner Jugend an mir in meiner “Seele zu theil werden laſſen, daß kein ſchaͤtzbarerer “Stand in der Welt iſt, als der wahre Chriſtenſtand, “ſowohl in guten als boͤſen Tagen. Und gerne haͤtte “ich es geſehen, daß alle meine Kinder dieſen ſo ſeeligen “Eindruck auch von Jugend auf von Gott haͤtten in ſich “wuͤrken laſſen. Jch bin dabey aber auch gewahr wor- “den, daß dieſes ein Werk Gottes und nicht der Men- “ſchen ſey. Nun, mein lieber Sohn, was hiebey von “Menſchen verſehen, verſaͤumt oder vernachlaͤßiget “worden, das wollen wir mit Herzens Reue erkennen, “und Gott demuͤthigſt abbitten. Aber durch Verzagen “an dem Reichthum ſeiner Barmherzigkeit, welche er in “Chriſto Jeſu unſerm Erloͤſer ſo deutlich geoffenbaret, “Gottes Willen auch nicht ſchmaͤlern noch verringern, “ſondern den wahrhaftigen Zeugnißen der heiligen “Schrift einen glaͤubigen Beyfall geben: Alſo hat Gott “die in Suͤnde liegende Welt geliebt, daß er ſeinen “eingebohrnen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glau- “ben nicht verlohren werden ſondern das ewige Leben “haben. Es ſind dieſes aber Wahrheiten, die uns die “bloße menſchliche Vernunft nicht uͤberzeugend und “kraͤftig K 3

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/161>, abgerufen am 29.04.2024.