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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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dem heiligen Geist, in der Lehre von den dreyen, die zur
Gottheit gehören, gebraucht werden könnte. Wir wollen
es also brauchen, und uns nur vor unrichtigen Folgerun-
gen aus dem Begriffe desselben hüten.

Jesus befielt seinen Jüngern, Matth. 28, 19.
die Heiden im Nahmen des Vaters, des Sohns und des
heiligen Geistes zu taufen. Diese Stelle läßt uns nicht
zweifeln, daß der Geist eine vom Vater und Sohne ver-
schiedene Person sey. Sollen hier die Ausdrücke, Vater
und Sohn, nicht bloße abstrakte Kräfte oder Würkungen
anzeigen, so kann unter dem heiligen Geist auch nicht so
etwas verstanden werden. Nun aber hat ohne Wider-
spruch nach dem Sinn der Schrift der Vater sowohl als
der Sohn jeder für sich seine eigne Subsistenz, und sind
von einander verschiedene Personen: also muß der heilige
Geist auch seine eigene Subsistenz haben, und eine vom
Vater und Sohne verschiedene Person seyn. Es wäre
sonderbar zu glauben, daß in der angeführten Stelle der
Vater und Sohn von einander unterschiedene Personen,
der heilige Geist aber nur eine Kraft oder Würkung seyn
sollte, da doch alle drey in einer Supposition stehen, und
die Taufe auf einerley Weise im Nahmen des Vaters,
Sohnes und Geistes anbefohlen wird. -- Betrachten
Sie noch über dieses die Worte Jesu, Joh. 16, 13-15.
Hier verspricht Jesus seinen Jüngern den heiligen Geist,
legt ihm Würkungen bey, die er hervorbringen soll,
und unterscheidet ihn merklich vom Vater und von sich,
dem Sohne.

Nun entsteht die Frage, ob dieser Person des
heiligen Geistes entscheidende Merkmahle der Gottheit
in der heiligen Schrift beygelegt werden: denn daß der
Geist eben so ausdrücklich als Christus Gott genannt
werde, das möchte wohl nicht ohne allen Widerspruch

erwiesen
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dem heiligen Geiſt, in der Lehre von den dreyen, die zur
Gottheit gehoͤren, gebraucht werden koͤnnte. Wir wollen
es alſo brauchen, und uns nur vor unrichtigen Folgerun-
gen aus dem Begriffe deſſelben huͤten.

Jeſus befielt ſeinen Juͤngern, Matth. 28, 19.
die Heiden im Nahmen des Vaters, des Sohns und des
heiligen Geiſtes zu taufen. Dieſe Stelle laͤßt uns nicht
zweifeln, daß der Geiſt eine vom Vater und Sohne ver-
ſchiedene Perſon ſey. Sollen hier die Ausdruͤcke, Vater
und Sohn, nicht bloße abſtrakte Kraͤfte oder Wuͤrkungen
anzeigen, ſo kann unter dem heiligen Geiſt auch nicht ſo
etwas verſtanden werden. Nun aber hat ohne Wider-
ſpruch nach dem Sinn der Schrift der Vater ſowohl als
der Sohn jeder fuͤr ſich ſeine eigne Subſiſtenz, und ſind
von einander verſchiedene Perſonen: alſo muß der heilige
Geiſt auch ſeine eigene Subſiſtenz haben, und eine vom
Vater und Sohne verſchiedene Perſon ſeyn. Es waͤre
ſonderbar zu glauben, daß in der angefuͤhrten Stelle der
Vater und Sohn von einander unterſchiedene Perſonen,
der heilige Geiſt aber nur eine Kraft oder Wuͤrkung ſeyn
ſollte, da doch alle drey in einer Suppoſition ſtehen, und
die Taufe auf einerley Weiſe im Nahmen des Vaters,
Sohnes und Geiſtes anbefohlen wird. — Betrachten
Sie noch uͤber dieſes die Worte Jeſu, Joh. 16, 13-15.
Hier verſpricht Jeſus ſeinen Juͤngern den heiligen Geiſt,
legt ihm Wuͤrkungen bey, die er hervorbringen ſoll,
und unterſcheidet ihn merklich vom Vater und von ſich,
dem Sohne.

Nun entſteht die Frage, ob dieſer Perſon des
heiligen Geiſtes entſcheidende Merkmahle der Gottheit
in der heiligen Schrift beygelegt werden: denn daß der
Geiſt eben ſo ausdruͤcklich als Chriſtus Gott genannt
werde, das moͤchte wohl nicht ohne allen Widerſpruch

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L 5
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[169/0181] dem heiligen Geiſt, in der Lehre von den dreyen, die zur Gottheit gehoͤren, gebraucht werden koͤnnte. Wir wollen es alſo brauchen, und uns nur vor unrichtigen Folgerun- gen aus dem Begriffe deſſelben huͤten. Jeſus befielt ſeinen Juͤngern, Matth. 28, 19. die Heiden im Nahmen des Vaters, des Sohns und des heiligen Geiſtes zu taufen. Dieſe Stelle laͤßt uns nicht zweifeln, daß der Geiſt eine vom Vater und Sohne ver- ſchiedene Perſon ſey. Sollen hier die Ausdruͤcke, Vater und Sohn, nicht bloße abſtrakte Kraͤfte oder Wuͤrkungen anzeigen, ſo kann unter dem heiligen Geiſt auch nicht ſo etwas verſtanden werden. Nun aber hat ohne Wider- ſpruch nach dem Sinn der Schrift der Vater ſowohl als der Sohn jeder fuͤr ſich ſeine eigne Subſiſtenz, und ſind von einander verſchiedene Perſonen: alſo muß der heilige Geiſt auch ſeine eigene Subſiſtenz haben, und eine vom Vater und Sohne verſchiedene Perſon ſeyn. Es waͤre ſonderbar zu glauben, daß in der angefuͤhrten Stelle der Vater und Sohn von einander unterſchiedene Perſonen, der heilige Geiſt aber nur eine Kraft oder Wuͤrkung ſeyn ſollte, da doch alle drey in einer Suppoſition ſtehen, und die Taufe auf einerley Weiſe im Nahmen des Vaters, Sohnes und Geiſtes anbefohlen wird. — Betrachten Sie noch uͤber dieſes die Worte Jeſu, Joh. 16, 13-15. Hier verſpricht Jeſus ſeinen Juͤngern den heiligen Geiſt, legt ihm Wuͤrkungen bey, die er hervorbringen ſoll, und unterſcheidet ihn merklich vom Vater und von ſich, dem Sohne. Nun entſteht die Frage, ob dieſer Perſon des heiligen Geiſtes entſcheidende Merkmahle der Gottheit in der heiligen Schrift beygelegt werden: denn daß der Geiſt eben ſo ausdruͤcklich als Chriſtus Gott genannt werde, das moͤchte wohl nicht ohne allen Widerſpruch erwieſen L 5

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/181>, abgerufen am 26.04.2024.