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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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spärlich gebaut. Dagegen gedeiht der Thee prächtig,
und auch Tabak wird nicht wenig gepflanzt. In manchen
Gegenden sieht man große Maulbeerpflanzungen zur
Nahrung für den Seidenwurm; denn die Seidenindustrie
bildet einen Haupterwerbszweig. Der Ertrag der
Baumwolle ist nicht unbedeutend. An Nutzholz ist
Überfluß. Sehr brauchbar ist der Bambus. Wiesen
und Kleefelder giebt es so gut wie nicht. Viehzucht
wird fast gar nicht getrieben. Der Grund und Boden
ist klein parzelliert, so daß man weder zur Bewirt-
schaftung der Felder noch zum Nachhausebringen der
Ernte der Zugtiere bedarf. An den Ufern der See hat
der Fischer sein lohnendes Tagewerk, da die Gewässer
reichlich bevölkert sind. Die Jagd wird mehr aus Lieb-
haberei denn als Erwerbszweig betrieben. Auch aus
dem Innern der Erde werden Schätze gehoben; es giebt
Kohlenbergwerke und Kupferminen, doch ist das Land
arm an edeln Metallen. Warme Mineral- und Schwefel-
quellen finden sich in Menge, und von den Kranken des
Landes werden sie fleißig besucht. In der Ebene reiht
sich Dorf an Dorf und an den Ufern der See liegen
blühende Städte. Fürwahr ein reich gesegnetes Land,
das seine 40 Millionen Einwohner wohl zu ernähren
weiß.

Auch das Klima ist nicht schlecht. Zwar ist der
Sommer etwas zu heiß, nicht minder heiß als unter
dem Äquator, so daß man gern die leichtesten weißen
Kleider anzieht, die man auftreiben kann; und auch der
Winter ist nicht ganz nach unserm Geschmack, da er zwar
nicht viel Eis und noch weniger Schnee bringt, wohl
aber beständige, Mark und Bein durchdringende, schnei-
dende Nordwinde vom nördlichen Eismeer und den
Steppen Sibiriens her, so daß einem ein Pelzmantel

ſpärlich gebaut. Dagegen gedeiht der Thee prächtig,
und auch Tabak wird nicht wenig gepflanzt. In manchen
Gegenden ſieht man große Maulbeerpflanzungen zur
Nahrung für den Seidenwurm; denn die Seideninduſtrie
bildet einen Haupterwerbszweig. Der Ertrag der
Baumwolle iſt nicht unbedeutend. An Nutzholz iſt
Überfluß. Sehr brauchbar iſt der Bambus. Wieſen
und Kleefelder giebt es ſo gut wie nicht. Viehzucht
wird faſt gar nicht getrieben. Der Grund und Boden
iſt klein parzelliert, ſo daß man weder zur Bewirt-
ſchaftung der Felder noch zum Nachhauſebringen der
Ernte der Zugtiere bedarf. An den Ufern der See hat
der Fiſcher ſein lohnendes Tagewerk, da die Gewäſſer
reichlich bevölkert ſind. Die Jagd wird mehr aus Lieb-
haberei denn als Erwerbszweig betrieben. Auch aus
dem Innern der Erde werden Schätze gehoben; es giebt
Kohlenbergwerke und Kupferminen, doch iſt das Land
arm an edeln Metallen. Warme Mineral- und Schwefel-
quellen finden ſich in Menge, und von den Kranken des
Landes werden ſie fleißig beſucht. In der Ebene reiht
ſich Dorf an Dorf und an den Ufern der See liegen
blühende Städte. Fürwahr ein reich geſegnetes Land,
das ſeine 40 Millionen Einwohner wohl zu ernähren
weiß.

Auch das Klima iſt nicht ſchlecht. Zwar iſt der
Sommer etwas zu heiß, nicht minder heiß als unter
dem Äquator, ſo daß man gern die leichteſten weißen
Kleider anzieht, die man auftreiben kann; und auch der
Winter iſt nicht ganz nach unſerm Geſchmack, da er zwar
nicht viel Eis und noch weniger Schnee bringt, wohl
aber beſtändige, Mark und Bein durchdringende, ſchnei-
dende Nordwinde vom nördlichen Eismeer und den
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[5/0019] ſpärlich gebaut. Dagegen gedeiht der Thee prächtig, und auch Tabak wird nicht wenig gepflanzt. In manchen Gegenden ſieht man große Maulbeerpflanzungen zur Nahrung für den Seidenwurm; denn die Seideninduſtrie bildet einen Haupterwerbszweig. Der Ertrag der Baumwolle iſt nicht unbedeutend. An Nutzholz iſt Überfluß. Sehr brauchbar iſt der Bambus. Wieſen und Kleefelder giebt es ſo gut wie nicht. Viehzucht wird faſt gar nicht getrieben. Der Grund und Boden iſt klein parzelliert, ſo daß man weder zur Bewirt- ſchaftung der Felder noch zum Nachhauſebringen der Ernte der Zugtiere bedarf. An den Ufern der See hat der Fiſcher ſein lohnendes Tagewerk, da die Gewäſſer reichlich bevölkert ſind. Die Jagd wird mehr aus Lieb- haberei denn als Erwerbszweig betrieben. Auch aus dem Innern der Erde werden Schätze gehoben; es giebt Kohlenbergwerke und Kupferminen, doch iſt das Land arm an edeln Metallen. Warme Mineral- und Schwefel- quellen finden ſich in Menge, und von den Kranken des Landes werden ſie fleißig beſucht. In der Ebene reiht ſich Dorf an Dorf und an den Ufern der See liegen blühende Städte. Fürwahr ein reich geſegnetes Land, das ſeine 40 Millionen Einwohner wohl zu ernähren weiß. Auch das Klima iſt nicht ſchlecht. Zwar iſt der Sommer etwas zu heiß, nicht minder heiß als unter dem Äquator, ſo daß man gern die leichteſten weißen Kleider anzieht, die man auftreiben kann; und auch der Winter iſt nicht ganz nach unſerm Geſchmack, da er zwar nicht viel Eis und noch weniger Schnee bringt, wohl aber beſtändige, Mark und Bein durchdringende, ſchnei- dende Nordwinde vom nördlichen Eismeer und den Steppen Sibiriens her, ſo daß einem ein Pelzmantel

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/19>, abgerufen am 30.04.2024.