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Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715.

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Das 9. Capitel.

Es hat eine dünne weisse/ auf den Graßböschen
herumfladerende Wurtzel/ welche ungefehr einen
spannenlangen/ eckichten Stengel wirfft/ von
dessen Mitten her biß oben an den Gipffel schöne/
nur auf eine Seithen sich senckende/ in gleicher
Weite von einanderen/ an kurtzen zarten Stiele-
lein herabhangende Blümlein wachsen/ die an
Gestalt kleinen/ in sechs Zincklein gekerften Glöck-
leinen gleichen/ in deren Grund sechs gelbgrüne
Fädemlein ansitzen/ und ein dreyeckiges Mitteläst-
lein umschliessen. Diese Blümlein sind eines lieb-
lich-süssen Geruchs und bitteren Geschmacks/ auf
dieselben erfolgen rohte runde Schöttlein wie an
dem Spars/ darinnen der Saame enthalten.
Sie haben zwey oder drey ablange Blätter/ die
den Blätteren des Knaben-Krauts gleichen.

Es werden die Meyenreißlein bey uns häuffig
an dem Hütlenberg gefunden/ sie blühen in dem
Ende des Aprellens und in dem Meyen.

Diß ist ein wolriechendes Gewächs/ daß das
Niessen förderet/ dessen Blume des allerlieblich-
sten Gewächs/ etwas kühlend/ an Geschmacke
aber wässerig/ bitter/ auf etwelche Fäulung zi-
kend/ daher sie auch bald faulet/ und die Eige-
schafft zu wärmen und sänfftlich zu tröcknen hat.
Die Meyenreißlen dienen sonderlich dem Haupt/
in dem sie das Hirne und die Lebens-Geister stär-
cken/ die Nerfen bevestnen und die kalten Flüsse/
und daher entstehende Kranckheiten des Hirnes
trefflich heilen.

Mala
Das 9. Capitel.

Es hat eine duͤnne weiſſe/ auf den Graßboͤſchen
herumfladerende Wurtzel/ welche ungefehr einen
ſpannenlangen/ eckichten Stengel wirfft/ von
deſſen Mitten her biß oben an den Gipffel ſchoͤne/
nur auf eine Seithen ſich ſenckende/ in gleicher
Weite von einanderen/ an kurtzen zarten Stiele-
lein herabhangende Bluͤmlein wachſen/ die an
Geſtalt kleinen/ in ſechs Zincklein gekerften Gloͤck-
leinen gleichen/ in deren Grund ſechs gelbgruͤne
Faͤdemlein anſitzen/ und ein dreyeckiges Mittelaͤſt-
lein umſchlieſſen. Dieſe Bluͤmlein ſind eines lieb-
lich-ſuͤſſen Geruchs und bitteren Geſchmacks/ auf
dieſelben erfolgen rohte runde Schoͤttlein wie an
dem Spars/ darinnen der Saame enthalten.
Sie haben zwey oder drey ablange Blaͤtter/ die
den Blaͤtteren des Knaben-Krauts gleichen.

Es werden die Meyenreißlein bey uns haͤuffig
an dem Huͤtlenberg gefunden/ ſie bluͤhen in dem
Ende des Aprellens und in dem Meyen.

Diß iſt ein wolriechendes Gewaͤchs/ daß das
Nieſſen foͤrderet/ deſſen Blume des allerlieblich-
ſten Gewaͤchs/ etwas kuͤhlend/ an Geſchmacke
aber waͤſſerig/ bitter/ auf etwelche Faͤulung zi-
kend/ daher ſie auch bald faulet/ und die Eige-
ſchafft zu waͤrmen und ſaͤnfftlich zu troͤcknen hat.
Die Meyenreißlen dienen ſonderlich dem Haupt/
in dem ſie das Hirne und die Lebens-Geiſter ſtaͤr-
cken/ die Nerfen beveſtnen und die kalten Fluͤſſe/
und daher entſtehende Kranckheiten des Hirnes
trefflich heilen.

Mala
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[130/0162] Das 9. Capitel. Es hat eine duͤnne weiſſe/ auf den Graßboͤſchen herumfladerende Wurtzel/ welche ungefehr einen ſpannenlangen/ eckichten Stengel wirfft/ von deſſen Mitten her biß oben an den Gipffel ſchoͤne/ nur auf eine Seithen ſich ſenckende/ in gleicher Weite von einanderen/ an kurtzen zarten Stiele- lein herabhangende Bluͤmlein wachſen/ die an Geſtalt kleinen/ in ſechs Zincklein gekerften Gloͤck- leinen gleichen/ in deren Grund ſechs gelbgruͤne Faͤdemlein anſitzen/ und ein dreyeckiges Mittelaͤſt- lein umſchlieſſen. Dieſe Bluͤmlein ſind eines lieb- lich-ſuͤſſen Geruchs und bitteren Geſchmacks/ auf dieſelben erfolgen rohte runde Schoͤttlein wie an dem Spars/ darinnen der Saame enthalten. Sie haben zwey oder drey ablange Blaͤtter/ die den Blaͤtteren des Knaben-Krauts gleichen. Es werden die Meyenreißlein bey uns haͤuffig an dem Huͤtlenberg gefunden/ ſie bluͤhen in dem Ende des Aprellens und in dem Meyen. Diß iſt ein wolriechendes Gewaͤchs/ daß das Nieſſen foͤrderet/ deſſen Blume des allerlieblich- ſten Gewaͤchs/ etwas kuͤhlend/ an Geſchmacke aber waͤſſerig/ bitter/ auf etwelche Faͤulung zi- kend/ daher ſie auch bald faulet/ und die Eige- ſchafft zu waͤrmen und ſaͤnfftlich zu troͤcknen hat. Die Meyenreißlen dienen ſonderlich dem Haupt/ in dem ſie das Hirne und die Lebens-Geiſter ſtaͤr- cken/ die Nerfen beveſtnen und die kalten Fluͤſſe/ und daher entſtehende Kranckheiten des Hirnes trefflich heilen. Mala

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Zitationshilfe: Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/162>, abgerufen am 07.05.2024.