Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite
hat, welche Clementine zu Sir Carln hatte? Sie müssen nicht alle Blicke eines Mädchens zu ihrem Vortheile auslegen.
Der Magister. Die Eigenliebe, oder philautia, blendet mich nicht, gnädiges Fräulein; allein, ich denke, daß ich wegen verschiedener persönlichen Eigenschaften ein Mädchen rühren kann.
Amalia. Es ist wahr, sie besitzen Vorzüge, unter welchen derjenige, daß sie Magister sind, der vornehmste ist. Einige Mädchens aber haben einen wunderlichen Geschmack, und eine angenehme Bildung gilt bei ihnen mehr, als alle Gelehrsamkeit, und die dadurch erworbenen Kränze.
Der Magister. Sie bringen mich eben auf den rechten Punkt. Gefällt Ihnen meine Bildung nicht? habe ich nicht eine Habichtsnase wie Cyrus, und eine Warze daran wie Cicero? Mir deucht, dieser Schmuck könnte ein Mädchen bezaubern; zumal wenn sie von der geheimen Bedeutung großer und ansehnlicher Nasen etwas gelesen hat, und ausserdem
hat, welche Clementine zu Sir Carln hatte? Sie müssen nicht alle Blicke eines Mädchens zu ihrem Vortheile auslegen.
Der Magister. Die Eigenliebe, oder philautia, blendet mich nicht, gnädiges Fräulein; allein, ich denke, daß ich wegen verschiedener persönlichen Eigenschaften ein Mädchen rühren kann.
Amalia. Es ist wahr, sie besitzen Vorzüge, unter welchen derjenige, daß sie Magister sind, der vornehmste ist. Einige Mädchens aber haben einen wunderlichen Geschmack, und eine angenehme Bildung gilt bei ihnen mehr, als alle Gelehrsamkeit, und die dadurch erworbenen Kränze.
Der Magister. Sie bringen mich eben auf den rechten Punkt. Gefällt Ihnen meine Bildung nicht? habe ich nicht eine Habichtsnase wie Cyrus, und eine Warze daran wie Cicero? Mir deucht, dieser Schmuck könnte ein Mädchen bezaubern; zumal wenn sie von der geheimen Bedeutung großer und ansehnlicher Nasen etwas gelesen hat, und ausserdem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="scene">
              <sp>
                <p><pb facs="#f0141" n="126"/>
hat, welche Clementine zu Sir Carln hatte? Sie müssen nicht alle Blicke eines Mädchens zu ihrem Vortheile auslegen.</p>
              </sp>
              <sp>
                <speaker><hi rendition="#fr">Der Magister</hi>.</speaker>
                <p>Die Eigenliebe, oder <hi rendition="#aq">philautia,</hi> blendet mich nicht, gnädiges Fräulein; allein, ich denke, daß ich wegen verschiedener persönlichen Eigenschaften ein Mädchen rühren kann.</p>
              </sp>
              <sp>
                <speaker><hi rendition="#fr">Amalia</hi>.</speaker>
                <p>Es ist wahr, sie besitzen Vorzüge, unter welchen derjenige, daß sie Magister sind, der vornehmste ist. Einige Mädchens aber haben einen wunderlichen Geschmack, und eine angenehme Bildung gilt bei ihnen mehr, als alle Gelehrsamkeit, und die dadurch erworbenen Kränze.</p>
              </sp>
              <sp>
                <speaker><hi rendition="#fr">Der Magister</hi>.</speaker>
                <p>Sie bringen mich eben auf den rechten Punkt. Gefällt Ihnen meine Bildung nicht? habe ich nicht eine Habichtsnase wie Cyrus, und eine Warze daran wie Cicero? Mir deucht, dieser Schmuck könnte ein Mädchen bezaubern; zumal wenn sie von der geheimen Bedeutung großer und ansehnlicher Nasen etwas gelesen hat, und ausserdem
</p>
              </sp>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0141] hat, welche Clementine zu Sir Carln hatte? Sie müssen nicht alle Blicke eines Mädchens zu ihrem Vortheile auslegen. Der Magister. Die Eigenliebe, oder philautia, blendet mich nicht, gnädiges Fräulein; allein, ich denke, daß ich wegen verschiedener persönlichen Eigenschaften ein Mädchen rühren kann. Amalia. Es ist wahr, sie besitzen Vorzüge, unter welchen derjenige, daß sie Magister sind, der vornehmste ist. Einige Mädchens aber haben einen wunderlichen Geschmack, und eine angenehme Bildung gilt bei ihnen mehr, als alle Gelehrsamkeit, und die dadurch erworbenen Kränze. Der Magister. Sie bringen mich eben auf den rechten Punkt. Gefällt Ihnen meine Bildung nicht? habe ich nicht eine Habichtsnase wie Cyrus, und eine Warze daran wie Cicero? Mir deucht, dieser Schmuck könnte ein Mädchen bezaubern; zumal wenn sie von der geheimen Bedeutung großer und ansehnlicher Nasen etwas gelesen hat, und ausserdem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/141
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/141>, abgerufen am 05.05.2024.