Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

Gasthof? Und wenn es auch einer wäre, so habe ich ja nichts verlangt weder Wein noch Coffee, was soll ich denn bezahlen? Der böse Mensch schlug ein hönisch Gelächter auf: Sie müssen hier unfehlbar fremde seyn, daß Sie nicht wissen, welchen Gesetzen Sie Sich unterworfen haben, da Sie in dieses Haus getreten sind. Haben Sie nicht oben in dem Zimmer eine Tafel gesehen, darauf die Gesetze dieses Hauses geschrieben stehen? Ich beantwortete dieses mit nein. Er nöthigte mich hierauf mit Ungestüm wieder mit ihm hinauf in das Zimmer zu gehen, und wieß mir über der Thür desselben eine Tafel, die ich vorhero nicht bemerket hatte. So viel ich mich davon erinnere, war folgendes mit goldenen Buchstaben darauf geschrieben:

1) Wer die Ehre haben will, die Madame zu sehen, bezahlt einen halben Guinee.

2) Das Vergnügen mit ihr zu sprechen, kostet einen Guinee.

3) Jeder witzige Gedanke den sie vorbringet, wird mit einem Guinee bezahlet.

Gasthof? Und wenn es auch einer wäre, so habe ich ja nichts verlangt weder Wein noch Coffee, was soll ich denn bezahlen? Der böse Mensch schlug ein hönisch Gelächter auf: Sie müssen hier unfehlbar fremde seyn, daß Sie nicht wissen, welchen Gesetzen Sie Sich unterworfen haben, da Sie in dieses Haus getreten sind. Haben Sie nicht oben in dem Zimmer eine Tafel gesehen, darauf die Gesetze dieses Hauses geschrieben stehen? Ich beantwortete dieses mit nein. Er nöthigte mich hierauf mit Ungestüm wieder mit ihm hinauf in das Zimmer zu gehen, und wieß mir über der Thür desselben eine Tafel, die ich vorhero nicht bemerket hatte. So viel ich mich davon erinnere, war folgendes mit goldenen Buchstaben darauf geschrieben:

1) Wer die Ehre haben will, die Madame zu sehen, bezahlt einen halben Guinee.

2) Das Vergnügen mit ihr zu sprechen, kostet einen Guinee.

3) Jeder witzige Gedanke den sie vorbringet, wird mit einem Guinee bezahlet.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0364" n="349"/>
Gasthof? Und wenn es auch einer wäre, so habe ich ja nichts verlangt weder Wein noch Coffee, was soll ich denn bezahlen? Der böse Mensch schlug ein hönisch Gelächter auf: Sie müssen hier unfehlbar fremde seyn, daß Sie nicht wissen, welchen Gesetzen Sie Sich unterworfen haben, da Sie in dieses Haus getreten sind. Haben Sie nicht oben in dem Zimmer eine Tafel gesehen, darauf die Gesetze dieses Hauses geschrieben stehen? Ich beantwortete dieses mit nein. Er nöthigte mich hierauf mit Ungestüm wieder mit ihm hinauf in das Zimmer zu gehen, und wieß mir über der Thür desselben eine Tafel, die ich vorhero nicht bemerket hatte. So viel ich mich davon erinnere, war folgendes mit goldenen Buchstaben darauf geschrieben:</p>
        <p>1) Wer die Ehre haben will, die Madame zu sehen, bezahlt einen halben Guinee.</p>
        <p>2) Das Vergnügen mit ihr zu sprechen, kostet einen Guinee.</p>
        <p>3) Jeder witzige Gedanke den sie vorbringet, wird mit einem Guinee bezahlet.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0364] Gasthof? Und wenn es auch einer wäre, so habe ich ja nichts verlangt weder Wein noch Coffee, was soll ich denn bezahlen? Der böse Mensch schlug ein hönisch Gelächter auf: Sie müssen hier unfehlbar fremde seyn, daß Sie nicht wissen, welchen Gesetzen Sie Sich unterworfen haben, da Sie in dieses Haus getreten sind. Haben Sie nicht oben in dem Zimmer eine Tafel gesehen, darauf die Gesetze dieses Hauses geschrieben stehen? Ich beantwortete dieses mit nein. Er nöthigte mich hierauf mit Ungestüm wieder mit ihm hinauf in das Zimmer zu gehen, und wieß mir über der Thür desselben eine Tafel, die ich vorhero nicht bemerket hatte. So viel ich mich davon erinnere, war folgendes mit goldenen Buchstaben darauf geschrieben: 1) Wer die Ehre haben will, die Madame zu sehen, bezahlt einen halben Guinee. 2) Das Vergnügen mit ihr zu sprechen, kostet einen Guinee. 3) Jeder witzige Gedanke den sie vorbringet, wird mit einem Guinee bezahlet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/364
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/364>, abgerufen am 14.05.2024.