heutiges Tages solche Dinge auf hohen Schulen gelehret werden, wie Ihnen im Kopfe stecken. Halten Sie mir diesen Eifer zu gute, es ist ein gerechter Amtseifer. Meinem Mädchen haben Sie auch, wie ich jetzt inne werde, verschiedene seltsame Dinge in den Kopf gesetzt, daß ich das Unkraut, das Sie gesäet haben, nun mit vieler Mühe wieder ausrotten muß. Sie hat sich noch niemals unterstanden sich mir zu opponiren, aber jetzt thut sie es auch wie ihr Bruder. Da ich neulich das gottlose Buch, wodurch unser Herr Kirchpatron eben so wie Sie in viele gefährliche Irrthümer ist gestürzet worden, bei ihr gewahr wurde und mit Recht vermuthete, daß sie leichtlich mit dem pestilenzialischen Gifte der Neuerungen und Thorheiten, wozu dieses Buch verführet, könnte angestecket werden, so wollte ich ihr solches nehmen und in den Ofen schmeißen. Sie unterstund sich aber, nicht nur mich davon abzuhalten und sich meinem Vorhaben zu widersetzen, sondern hatte auch die Verwegenheit, die Lehrsätze
heutiges Tages solche Dinge auf hohen Schulen gelehret werden, wie Ihnen im Kopfe stecken. Halten Sie mir diesen Eifer zu gute, es ist ein gerechter Amtseifer. Meinem Mädchen haben Sie auch, wie ich jetzt inne werde, verschiedene seltsame Dinge in den Kopf gesetzt, daß ich das Unkraut, das Sie gesäet haben, nun mit vieler Mühe wieder ausrotten muß. Sie hat sich noch niemals unterstanden sich mir zu opponiren, aber jetzt thut sie es auch wie ihr Bruder. Da ich neulich das gottlose Buch, wodurch unser Herr Kirchpatron eben so wie Sie in viele gefährliche Irrthümer ist gestürzet worden, bei ihr gewahr wurde und mit Recht vermuthete, daß sie leichtlich mit dem pestilenzialischen Gifte der Neuerungen und Thorheiten, wozu dieses Buch verführet, könnte angestecket werden, so wollte ich ihr solches nehmen und in den Ofen schmeißen. Sie unterstund sich aber, nicht nur mich davon abzuhalten und sich meinem Vorhaben zu widersetzen, sondern hatte auch die Verwegenheit, die Lehrsätze
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0260"n="258"/>
heutiges Tages solche Dinge auf hohen Schulen gelehret werden, wie Ihnen im Kopfe stecken. Halten Sie mir diesen Eifer zu gute, es ist ein gerechter Amtseifer. Meinem Mädchen haben Sie auch, wie ich jetzt inne werde, verschiedene seltsame Dinge in den Kopf gesetzt, daß ich das Unkraut, das Sie gesäet haben, nun mit vieler Mühe wieder ausrotten muß. Sie hat sich noch niemals unterstanden sich mir zu opponiren, aber jetzt thut sie es auch wie ihr Bruder. Da ich neulich das gottlose Buch, wodurch unser Herr Kirchpatron eben so wie Sie in viele gefährliche Irrthümer ist gestürzet worden, bei ihr gewahr wurde und mit Recht vermuthete, daß sie leichtlich mit dem pestilenzialischen Gifte der Neuerungen und Thorheiten, wozu dieses Buch verführet, könnte angestecket werden, so wollte ich ihr solches nehmen und in den Ofen schmeißen. Sie unterstund sich aber, nicht nur mich davon abzuhalten und sich meinem Vorhaben zu widersetzen, sondern hatte auch die Verwegenheit, die Lehrsätze
</p></div></body></text></TEI>
[258/0260]
heutiges Tages solche Dinge auf hohen Schulen gelehret werden, wie Ihnen im Kopfe stecken. Halten Sie mir diesen Eifer zu gute, es ist ein gerechter Amtseifer. Meinem Mädchen haben Sie auch, wie ich jetzt inne werde, verschiedene seltsame Dinge in den Kopf gesetzt, daß ich das Unkraut, das Sie gesäet haben, nun mit vieler Mühe wieder ausrotten muß. Sie hat sich noch niemals unterstanden sich mir zu opponiren, aber jetzt thut sie es auch wie ihr Bruder. Da ich neulich das gottlose Buch, wodurch unser Herr Kirchpatron eben so wie Sie in viele gefährliche Irrthümer ist gestürzet worden, bei ihr gewahr wurde und mit Recht vermuthete, daß sie leichtlich mit dem pestilenzialischen Gifte der Neuerungen und Thorheiten, wozu dieses Buch verführet, könnte angestecket werden, so wollte ich ihr solches nehmen und in den Ofen schmeißen. Sie unterstund sich aber, nicht nur mich davon abzuhalten und sich meinem Vorhaben zu widersetzen, sondern hatte auch die Verwegenheit, die Lehrsätze
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T15:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T15:30:31Z)
Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/260>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.