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Mutach, Samuel: Substantzlicher Vnderricht/ Von Gerichts- und Rechts-Sachen. Bern, 1709.

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Zweytes Buch. Cap. X.
wesentlich
und unwe-
sentlich.
wie ligende Güter/ und was deß gleichen; Oder unwe-
sentlich/ namlich die Besitzung allerhand Rechten und Ge-
rechtigkeiten/ die man nicht mit dem Leib/ sondern viel
mehr mit Gemüth besitzt; Welche Letstere derowegen zu
Latein quasi possessio genennet wird.

Die Besitzung einer Sach/ es seye ligender Gütern
Auff was
weiß die
Besitzung
erlanget
werde.
oder Rechten und Gerechtigkeiten/ kan einer auf vielfalti-
ge weiß erlangen/ als durch allerhand Vergabungen/ Ge-
schenck/ Erbschafften/ Handlungen/ Käuff/ und Verkäuff
und andere Contracten, Eroberung im Krieg/ zubekannt-
nuß deß Richters/ und viel andere dergleichen Weiß
mehr: Und mag einer den Besitz auch durch andere/ als
Vögt/ Befelchs-Haber und Anwält in seinem Nahmen
nemmen lassen.

Was die
Besitzung
für Recht
gebe.

Die Besitzung gibt dem Besitzer das Recht/ mit
was er besitzt/ nach seinem freyem Willen zu schalten und
zu walten/ so lang biß daß er sich deß Besitzers entweders
freywillig oder aber durch den Zwang deß Richters ent-
zeucht.

Freywilli-
ge Entzeu-
hung deß
Besitzes.

Freywillig entzeucht sich der Besitzer deß Besitzes
durch Verkäuff/ Täusch/ Schenckungen/ durch Ubergab/
Verlassung/ Darschlagung seiner Mittlen an einem
Gelts-Tag/ und was dergleichen mehr.

Gezwunge-
ne Entzeu-
hung deß
Besitzes.

Gezwungen verliert der Besitzer den Besitz/ durch
Richterliche Urtheil/ da der Richter dem Ansprächer wegen
erfundenen besseren Rechtens den Besitz zuspricht/ oder wie
in Streitigen Erbschafften vielmahl geschicht/ das vom
einten in Besitz genommene Erb-Gut auß seinen Handen
weg- und biß Außtrags der Sach in unpartheyische hand
legt/ oder da das gestohlene Gut auß deß Besitzers handen
genommen/ und dem Eigenthumlichen Herrn wider zu ge-

legt

Zweytes Buch. Cap. X.
weſentlich
und unwe-
ſentlich.
wie ligende Guͤter/ und was deß gleichen; Oder unwe-
ſentlich/ namlich die Beſitzung allerhand Rechten und Ge-
rechtigkeiten/ die man nicht mit dem Leib/ ſondern viel
mehr mit Gemuͤth beſitzt; Welche Letſtere derowegen zu
Latein quaſi poſſeſſio genennet wird.

Die Beſitzung einer Sach/ es ſeye ligender Guͤtern
Auff was
weiß die
Beſitzung
erlanget
werde.
oder Rechten und Gerechtigkeiten/ kan einer auf vielfalti-
ge weiß erlangen/ als durch allerhand Vergabungen/ Ge-
ſchenck/ Erbſchafften/ Handlungen/ Kaͤuff/ und Verkaͤuff
und andere Contracten, Eroberung im Krieg/ zubekannt-
nuß deß Richters/ und viel andere dergleichen Weiß
mehr: Und mag einer den Beſitz auch durch andere/ als
Voͤgt/ Befelchs-Haber und Anwaͤlt in ſeinem Nahmen
nemmen laſſen.

Was die
Beſitzung
fuͤr Recht
gebe.

Die Beſitzung gibt dem Beſitzer das Recht/ mit
was er beſitzt/ nach ſeinem freyem Willen zu ſchalten und
zu walten/ ſo lang biß daß er ſich deß Beſitzers entweders
freywillig oder aber durch den Zwang deß Richters ent-
zeucht.

Freywilli-
ge Entzeu-
hung deß
Beſitzes.

Freywillig entzeucht ſich der Beſitzer deß Beſitzes
durch Verkaͤuff/ Taͤuſch/ Schenckungen/ durch Ubergab/
Verlaſſung/ Darſchlagung ſeiner Mittlen an einem
Gelts-Tag/ und was dergleichen mehr.

Gezwunge-
ne Entzeu-
hung deß
Beſitzes.

Gezwungen verliert der Beſitzer den Beſitz/ durch
Richterliche Urtheil/ da der Richter dem Anſpraͤcher wegen
erfundenen beſſeren Rechtens den Beſitz zuſpricht/ oder wie
in Streitigen Erbſchafften vielmahl geſchicht/ das vom
einten in Beſitz genommene Erb-Gut auß ſeinen Handen
weg- und biß Außtrags der Sach in unpartheyiſche hand
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genommen/ und dem Eigenthumlichen Herꝛn wider zu ge-

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[88/0104] Zweytes Buch. Cap. X. wie ligende Guͤter/ und was deß gleichen; Oder unwe- ſentlich/ namlich die Beſitzung allerhand Rechten und Ge- rechtigkeiten/ die man nicht mit dem Leib/ ſondern viel mehr mit Gemuͤth beſitzt; Welche Letſtere derowegen zu Latein quaſi poſſeſſio genennet wird. weſentlich und unwe- ſentlich. Die Beſitzung einer Sach/ es ſeye ligender Guͤtern oder Rechten und Gerechtigkeiten/ kan einer auf vielfalti- ge weiß erlangen/ als durch allerhand Vergabungen/ Ge- ſchenck/ Erbſchafften/ Handlungen/ Kaͤuff/ und Verkaͤuff und andere Contracten, Eroberung im Krieg/ zubekannt- nuß deß Richters/ und viel andere dergleichen Weiß mehr: Und mag einer den Beſitz auch durch andere/ als Voͤgt/ Befelchs-Haber und Anwaͤlt in ſeinem Nahmen nemmen laſſen. Auff was weiß die Beſitzung erlanget werde. Die Beſitzung gibt dem Beſitzer das Recht/ mit was er beſitzt/ nach ſeinem freyem Willen zu ſchalten und zu walten/ ſo lang biß daß er ſich deß Beſitzers entweders freywillig oder aber durch den Zwang deß Richters ent- zeucht. Freywillig entzeucht ſich der Beſitzer deß Beſitzes durch Verkaͤuff/ Taͤuſch/ Schenckungen/ durch Ubergab/ Verlaſſung/ Darſchlagung ſeiner Mittlen an einem Gelts-Tag/ und was dergleichen mehr. Gezwungen verliert der Beſitzer den Beſitz/ durch Richterliche Urtheil/ da der Richter dem Anſpraͤcher wegen erfundenen beſſeren Rechtens den Beſitz zuſpricht/ oder wie in Streitigen Erbſchafften vielmahl geſchicht/ das vom einten in Beſitz genommene Erb-Gut auß ſeinen Handen weg- und biß Außtrags der Sach in unpartheyiſche hand legt/ oder da das geſtohlene Gut auß deß Beſitzers handen genommen/ und dem Eigenthumlichen Herꝛn wider zu ge- legt

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Zitationshilfe: Mutach, Samuel: Substantzlicher Vnderricht/ Von Gerichts- und Rechts-Sachen. Bern, 1709, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mutach_underricht_1709/104>, abgerufen am 30.04.2024.