Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenjährige Welt-Beschauung.
Graben/ welches der Signori Provianthauß und am Platze
bey S. Marcus ist ein überauß schöner künstlicher Brunn/ doch
ist einer bey den Juden daselbst in ihrer Stadt/ welcher natür-
lich/ als ein Felß erbauet und demnach jenen weit übertrifft.

Auf solchen Juden-Brunn stehet Moses mit der rechten
Hand einen holen Stecken/ in den Felsen befestiget/ mit der lin-
cken Hand aber das Gesetz-Buch haltende: Zur rechten Hand
aber stehet Aaron/ sein Bruder/ beide in vollkommener Lebens-
Grösse in Stein gehauen/ welcher in der rechten Hand ein
Räuchfaß/ die lincke Hand aber übersich hält. Hinter Aaron
stehen etzliche Personen/ wie auch hinter Mose und springet das
Wasser gar frisch auß dem gemachten Felsen in ein rundes weis-
ses Marmel-Gefäß und auß demselben wieder herab in ein
grösser und weiteres/ an Gestalt den Kleinern gleich/ durch Lö-
wen-Köpffe und ist der Felß von Leim so künstlich zusammen
geleimet/ als wenn es gewachsener Felß were und ist krauß und
knöpfficht.

Die Figuren hinter Mose und Aaron/ welche auch Man-
nes-Grösse haben/ sollen bedeuten die Kinder Jsrael in der Wü-
sten/ da sie Wasser von Mose zu trincken haben wollen: Und
gehet dieses Wasser durch ein Canal weit auß dem Gebürge her-
ein unter der Stadt her.

Den 26. Maij bin ich in die Kirche zum Salvator genannt/
gangen/ allda ist mir ein Cörper gewiesen worden/ welcher wei-
land eines Großmeisters in der Jnsul Rhodis gewesen/ hatte
noch Haut an den Beinen/ ungeacht er schon eine sehr lange
Zeit todt gewesen. Jtem ein Marmelsteinern Marien-Bild/
Christum im Schosse habende/ stehet auff einem Altar neben
ietzt gedachten Cörper und ist von vorgedachtem Großmei-
ster Feindes halben von Rhodis dahin geflehet worden/ sind
hernach allda verblieben. Wird für ein sonderbares Kunst-

Stück

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
Graben/ welches der Signori Provianthauß und am Platze
bey S. Marcus iſt ein uͤberauß ſchoͤner kuͤnſtlicher Brunn/ doch
iſt einer bey den Juden daſelbſt in ihrer Stadt/ welcher natuͤr-
lich/ als ein Felß erbauet und demnach jenen weit uͤbertrifft.

Auf ſolchen Juden-Brunn ſtehet Moſes mit der rechten
Hand einen holen Stecken/ in den Felſen befeſtiget/ mit der lin-
cken Hand aber das Geſetz-Buch haltende: Zur rechten Hand
aber ſtehet Aaron/ ſein Bruder/ beide in vollkommener Lebens-
Groͤſſe in Stein gehauen/ welcher in der rechten Hand ein
Raͤuchfaß/ die lincke Hand aber uͤberſich haͤlt. Hinter Aaron
ſtehen etzliche Perſonen/ wie auch hinter Moſe und ſpringet das
Waſſer gar friſch auß dem gemachten Felſen in ein rundes weiſ-
ſes Marmel-Gefaͤß und auß demſelben wieder herab in ein
groͤſſer und weiteres/ an Geſtalt den Kleinern gleich/ durch Loͤ-
wen-Koͤpffe und iſt der Felß von Leim ſo kuͤnſtlich zuſammen
geleimet/ als wenn es gewachſener Felß were und iſt krauß und
knoͤpfficht.

Die Figuren hinter Moſe und Aaron/ welche auch Man-
nes-Groͤſſe haben/ ſollen bedeuten die Kinder Jſrael in der Wuͤ-
ſten/ da ſie Waſſer von Moſe zu trincken haben wollen: Und
gehet dieſes Waſſer durch ein Canal weit auß dem Gebuͤrge her-
ein unter der Stadt her.

Den 26. Maij bin ich in die Kirche zum Salvator genannt/
gangen/ allda iſt mir ein Coͤrper gewieſen worden/ welcher wei-
land eines Großmeiſters in der Jnſul Rhodis geweſen/ hatte
noch Haut an den Beinen/ ungeacht er ſchon eine ſehr lange
Zeit todt geweſen. Jtem ein Marmelſteinern Marien-Bild/
Chriſtum im Schoſſe habende/ ſtehet auff einem Altar neben
ietzt gedachten Coͤrper und iſt von vorgedachtem Großmei-
ſter Feindes halben von Rhodis dahin geflehet worden/ ſind
hernach allda verblieben. Wird fuͤr ein ſonderbares Kunſt-

Stuͤck
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0139" n="133"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung.</hi></fw><lb/>
Graben/ welches der <hi rendition="#aq">Signori</hi> Provianthauß und am Platze<lb/>
bey <hi rendition="#aq">S. Marcus</hi> i&#x017F;t ein u&#x0364;berauß &#x017F;cho&#x0364;ner ku&#x0364;n&#x017F;tlicher Brunn/ doch<lb/>
i&#x017F;t einer bey den Juden da&#x017F;elb&#x017F;t in ihrer Stadt/ welcher natu&#x0364;r-<lb/>
lich/ als ein Felß erbauet und demnach jenen weit u&#x0364;bertrifft.</p><lb/>
            <p>Auf &#x017F;olchen Juden-Brunn &#x017F;tehet Mo&#x017F;es mit der rechten<lb/>
Hand einen holen Stecken/ in den Fel&#x017F;en befe&#x017F;tiget/ mit der lin-<lb/>
cken Hand aber das Ge&#x017F;etz-Buch haltende: Zur rechten Hand<lb/>
aber &#x017F;tehet Aaron/ &#x017F;ein Bruder/ beide in vollkommener Lebens-<lb/>
Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e in Stein gehauen/ welcher in der rechten Hand ein<lb/>
Ra&#x0364;uchfaß/ die lincke Hand aber u&#x0364;ber&#x017F;ich ha&#x0364;lt. Hinter Aaron<lb/>
&#x017F;tehen etzliche Per&#x017F;onen/ wie auch hinter Mo&#x017F;e und &#x017F;pringet das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er gar fri&#x017F;ch auß dem gemachten Fel&#x017F;en in ein rundes wei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;es Marmel-Gefa&#x0364;ß und auß dem&#x017F;elben wieder herab in ein<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er und weiteres/ an Ge&#x017F;talt den Kleinern gleich/ durch Lo&#x0364;-<lb/>
wen-Ko&#x0364;pffe und i&#x017F;t der Felß von Leim &#x017F;o ku&#x0364;n&#x017F;tlich zu&#x017F;ammen<lb/>
geleimet/ als wenn es gewach&#x017F;ener Felß were und i&#x017F;t krauß und<lb/>
kno&#x0364;pfficht.</p><lb/>
            <p>Die Figuren hinter Mo&#x017F;e und Aaron/ welche auch Man-<lb/>
nes-Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e haben/ &#x017F;ollen bedeuten die Kinder J&#x017F;rael in der Wu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten/ da &#x017F;ie Wa&#x017F;&#x017F;er von Mo&#x017F;e zu trincken haben wollen: Und<lb/>
gehet die&#x017F;es Wa&#x017F;&#x017F;er durch ein <hi rendition="#aq">Canal</hi> weit auß dem Gebu&#x0364;rge her-<lb/>
ein unter der Stadt her.</p><lb/>
            <p>Den 26. Maij bin ich in die Kirche zum <hi rendition="#aq">Salvator</hi> genannt/<lb/>
gangen/ allda i&#x017F;t mir ein Co&#x0364;rper gewie&#x017F;en worden/ welcher wei-<lb/>
land eines Großmei&#x017F;ters in der Jn&#x017F;ul <hi rendition="#aq">Rhodis</hi> gewe&#x017F;en/ hatte<lb/>
noch Haut an den Beinen/ ungeacht er &#x017F;chon eine &#x017F;ehr lange<lb/>
Zeit todt gewe&#x017F;en. Jtem ein Marmel&#x017F;teinern Marien-Bild/<lb/>
Chri&#x017F;tum im Scho&#x017F;&#x017F;e habende/ &#x017F;tehet auff einem Altar neben<lb/>
ietzt gedachten Co&#x0364;rper und i&#x017F;t von vorgedachtem Großmei-<lb/>
&#x017F;ter Feindes halben von <hi rendition="#aq">Rhodis</hi> dahin geflehet worden/ &#x017F;ind<lb/>
hernach allda verblieben. Wird fu&#x0364;r ein &#x017F;onderbares Kun&#x017F;t-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Stu&#x0364;ck</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0139] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Graben/ welches der Signori Provianthauß und am Platze bey S. Marcus iſt ein uͤberauß ſchoͤner kuͤnſtlicher Brunn/ doch iſt einer bey den Juden daſelbſt in ihrer Stadt/ welcher natuͤr- lich/ als ein Felß erbauet und demnach jenen weit uͤbertrifft. Auf ſolchen Juden-Brunn ſtehet Moſes mit der rechten Hand einen holen Stecken/ in den Felſen befeſtiget/ mit der lin- cken Hand aber das Geſetz-Buch haltende: Zur rechten Hand aber ſtehet Aaron/ ſein Bruder/ beide in vollkommener Lebens- Groͤſſe in Stein gehauen/ welcher in der rechten Hand ein Raͤuchfaß/ die lincke Hand aber uͤberſich haͤlt. Hinter Aaron ſtehen etzliche Perſonen/ wie auch hinter Moſe und ſpringet das Waſſer gar friſch auß dem gemachten Felſen in ein rundes weiſ- ſes Marmel-Gefaͤß und auß demſelben wieder herab in ein groͤſſer und weiteres/ an Geſtalt den Kleinern gleich/ durch Loͤ- wen-Koͤpffe und iſt der Felß von Leim ſo kuͤnſtlich zuſammen geleimet/ als wenn es gewachſener Felß were und iſt krauß und knoͤpfficht. Die Figuren hinter Moſe und Aaron/ welche auch Man- nes-Groͤſſe haben/ ſollen bedeuten die Kinder Jſrael in der Wuͤ- ſten/ da ſie Waſſer von Moſe zu trincken haben wollen: Und gehet dieſes Waſſer durch ein Canal weit auß dem Gebuͤrge her- ein unter der Stadt her. Den 26. Maij bin ich in die Kirche zum Salvator genannt/ gangen/ allda iſt mir ein Coͤrper gewieſen worden/ welcher wei- land eines Großmeiſters in der Jnſul Rhodis geweſen/ hatte noch Haut an den Beinen/ ungeacht er ſchon eine ſehr lange Zeit todt geweſen. Jtem ein Marmelſteinern Marien-Bild/ Chriſtum im Schoſſe habende/ ſtehet auff einem Altar neben ietzt gedachten Coͤrper und iſt von vorgedachtem Großmei- ſter Feindes halben von Rhodis dahin geflehet worden/ ſind hernach allda verblieben. Wird fuͤr ein ſonderbares Kunſt- Stuͤck

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/139
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/139>, abgerufen am 29.04.2024.