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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
dieweil wir aus Syria von der Pest wegen verdächtigen Or-
then kamen.

Um Mittag fuhren wir mit einem kleinen Booth an das
Hauß/ oder Orth an/ wo man den ankommenden Schiffen
der Contumacia wegen Bescheid ertheilet/ baten die Herren in-
ständig uns in Port und die Stadt einzulassen/ ward uns a-
ber abgeschlagen/ wenn wir nicht vorhero die gewöhnliche
Contumaciam leisten wolten/ wurden demnach drauf an den
Orth gebracht/ Infermaria genannt/ da wir etzliche Wochen in-
ne liegen solten/ biß man der Verdacht wegen einiger mit ge-
brachten infection an uns versichert wäre/ da wir denn unsere
Sachen auf dem Bothe vom Schiffe abholen und auch an die-
sen Ort der Contumaciae bringen liessen. Das Schiff aber/
muste mit seiner zu Sydon geladenen Wolle wieder zurücke/
sich ausser der Stadt am Castell stellen und allda etzliche Wo-
chen auf Ancker liegen.

Dieser Orth Infermaria ist ein von der Stadt fern abge-
legenes Hauß/ um her mit einer Mauer umgeben/ hat unten
und oben viel Kammern/ und ist der Länge nach fast wie ein
Kloster gebauet. Liegt gar lustig am Meer/ hat unten einen
grossen weiten Hof und im selbigen schöne lustige Weingärten/
frische Brunnen und eine gar einsame Capelle mit einem Käm-
merlein dabey/ welche ein Einstedler zu seiner Andacht zu brau-
chen inne hat. Und in solch Hauß werden die inficirten/ oder die
zum wenigsten nur den Verdacht der infection haben/ gebracht
und müssen sich drinnen etzliche Wochen/ nachdem ihnen zuer-
kant wird/ aufhalten und werden/ wo sie nicht anders rathen
können/ aus der Stadt um ihr Geld gespeiset und unterhalten.
Wir aber kochten uns entweder selber/ was wir gerne essen wol-
ten/ oder liessens uns in der Stadt zugericht einkauffen. Und
weil der Aufseher solches Hauses schon Wein in Vorrath hat-
te/ so namen wir/ so viel wir bedorfften/ bey ihm und dorfften
nicht erst in der Stadt holen lassen.


Das

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
dieweil wir aus Syria von der Peſt wegen verdaͤchtigen Or-
then kamen.

Um Mittag fuhren wir mit einem kleinen Booth an das
Hauß/ oder Orth an/ wo man den ankommenden Schiffen
der Contumacia wegen Beſcheid ertheilet/ baten die Herren in-
ſtaͤndig uns in Port und die Stadt einzulaſſen/ ward uns a-
ber abgeſchlagen/ wenn wir nicht vorhero die gewoͤhnliche
Contumaciam leiſten wolten/ wurden demnach drauf an den
Orth gebracht/ Infermaria genannt/ da wir etzliche Wochen in-
ne liegen ſolten/ biß man der Verdacht wegen einiger mit ge-
brachten infection an uns verſichert waͤre/ da wir denn unſere
Sachen auf dem Bothe vom Schiffe abholen und auch an die-
ſen Ort der Contumaciæ bringen lieſſen. Das Schiff aber/
muſte mit ſeiner zu Sydon geladenen Wolle wieder zuruͤcke/
ſich auſſer der Stadt am Caſtell ſtellen und allda etzliche Wo-
chen auf Ancker liegen.

Dieſer Orth Infermaria iſt ein von der Stadt fern abge-
legenes Hauß/ um her mit einer Mauer umgeben/ hat unten
und oben viel Kammern/ und iſt der Laͤnge nach faſt wie ein
Kloſter gebauet. Liegt gar luſtig am Meer/ hat unten einen
groſſen weiten Hof und im ſelbigen ſchoͤne luſtige Weingaͤrten/
friſche Brunnen und eine gar einſame Capelle mit einem Kaͤm-
merlein dabey/ welche ein Einſtedler zu ſeiner Andacht zu brau-
chen inne hat. Und in ſolch Hauß werden die inficirten/ oder die
zum wenigſten nur den Verdacht der infection habẽ/ gebracht
und muͤſſen ſich drinnen etzliche Wochen/ nachdem ihnen zuer-
kant wird/ aufhalten und werden/ wo ſie nicht anders rathen
koͤnnen/ aus der Stadt um ihr Geld geſpeiſet und unterhalten.
Wir aber kochtẽ uns entweder ſelber/ was wir gerne eſſen wol-
ten/ oder lieſſens uns in der Stadt zugericht einkauffen. Und
weil der Aufſeher ſolches Hauſes ſchon Wein in Vorrath hat-
te/ ſo namen wir/ ſo viel wir bedorfften/ bey ihm und dorfften
nicht erſt in der Stadt holen laſſen.


Das
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[365/0371] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. dieweil wir aus Syria von der Peſt wegen verdaͤchtigen Or- then kamen. Um Mittag fuhren wir mit einem kleinen Booth an das Hauß/ oder Orth an/ wo man den ankommenden Schiffen der Contumacia wegen Beſcheid ertheilet/ baten die Herren in- ſtaͤndig uns in Port und die Stadt einzulaſſen/ ward uns a- ber abgeſchlagen/ wenn wir nicht vorhero die gewoͤhnliche Contumaciam leiſten wolten/ wurden demnach drauf an den Orth gebracht/ Infermaria genannt/ da wir etzliche Wochen in- ne liegen ſolten/ biß man der Verdacht wegen einiger mit ge- brachten infection an uns verſichert waͤre/ da wir denn unſere Sachen auf dem Bothe vom Schiffe abholen und auch an die- ſen Ort der Contumaciæ bringen lieſſen. Das Schiff aber/ muſte mit ſeiner zu Sydon geladenen Wolle wieder zuruͤcke/ ſich auſſer der Stadt am Caſtell ſtellen und allda etzliche Wo- chen auf Ancker liegen. Dieſer Orth Infermaria iſt ein von der Stadt fern abge- legenes Hauß/ um her mit einer Mauer umgeben/ hat unten und oben viel Kammern/ und iſt der Laͤnge nach faſt wie ein Kloſter gebauet. Liegt gar luſtig am Meer/ hat unten einen groſſen weiten Hof und im ſelbigen ſchoͤne luſtige Weingaͤrten/ friſche Brunnen und eine gar einſame Capelle mit einem Kaͤm- merlein dabey/ welche ein Einſtedler zu ſeiner Andacht zu brau- chen inne hat. Und in ſolch Hauß werden die inficirten/ oder die zum wenigſten nur den Verdacht der infection habẽ/ gebracht und muͤſſen ſich drinnen etzliche Wochen/ nachdem ihnen zuer- kant wird/ aufhalten und werden/ wo ſie nicht anders rathen koͤnnen/ aus der Stadt um ihr Geld geſpeiſet und unterhalten. Wir aber kochtẽ uns entweder ſelber/ was wir gerne eſſen wol- ten/ oder lieſſens uns in der Stadt zugericht einkauffen. Und weil der Aufſeher ſolches Hauſes ſchon Wein in Vorrath hat- te/ ſo namen wir/ ſo viel wir bedorfften/ bey ihm und dorfften nicht erſt in der Stadt holen laſſen. Das

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/371>, abgerufen am 28.04.2024.