kriechen!" ... Mehr konnt' er nicht hervorbrin- gen.
So etwas sehen und hören, ließ mich Mei- ner nicht länger mächtig bleiben; und ich that einen Schritt, den ich jetzt selber nicht gut heisse, obwohl ich mir dabei der reinsten Absicht bewußt bin. Jch fuhr gegen ihn auf, und schrie: "Halt! Der Erste, wer er auch sey, der das verdammte Wort wieder ausspricht von "zu Kreuze kriechen" und Uebergabe der Festung, der stirbt des Todes von meiner Hand!" -- Dabei fuhr mir der De- gen, ich weiß nicht wie? aus der Scheide, und mit der Spitze gegen den Feigling gerichtet, setzte ich hinzu zu Allen, die es hören wollten: "Laßt uns brav und ehrlich seyn, oder wir verdienen, wie die Memmen (Eigentlich braucht' ich wohl ein andres Wort) zu sterben!"
Der Landrath Dahlke, mein Nebenmann, faßte mich von hinten und zog mich von Lou- cadou zurück; während Dieser vom Kaufmann Schröder verhindert wurde, seine Hände zu ge- brauchen, die gleichfalls nach der Klinge griffen. Seine Zornwuth kannte keine Grenzen mehr. "Arretiren!" schrie er, mit schäumendem Munde -- "gleich arretiren! Jn Ketten und Banden!" -- Da sich indeß Alles um ihn zusammendrängte, der Landrath aber mich aus allen Kräften von ihm entfernte: so mußte er wohl glauben, daß man mich in's Gefängniß davonführe; und so kamen wir einander aus dem Gesichte. Jch aber,
kriechen!‟ … Mehr konnt’ er nicht hervorbrin- gen.
So etwas ſehen und hoͤren, ließ mich Mei- ner nicht laͤnger maͤchtig bleiben; und ich that einen Schritt, den ich jetzt ſelber nicht gut heiſſe, obwohl ich mir dabei der reinſten Abſicht bewußt bin. Jch fuhr gegen ihn auf, und ſchrie: „Halt! Der Erſte, wer er auch ſey, der das verdammte Wort wieder ausſpricht von „zu Kreuze kriechen‟ und Uebergabe der Feſtung, der ſtirbt des Todes von meiner Hand!‟ — Dabei fuhr mir der De- gen, ich weiß nicht wie? aus der Scheide, und mit der Spitze gegen den Feigling gerichtet, ſetzte ich hinzu zu Allen, die es hoͤren wollten: „Laßt uns brav und ehrlich ſeyn, oder wir verdienen, wie die Memmen (Eigentlich braucht’ ich wohl ein andres Wort) zu ſterben!‟
Der Landrath Dahlke, mein Nebenmann, faßte mich von hinten und zog mich von Lou- cadou zuruͤck; waͤhrend Dieſer vom Kaufmann Schroͤder verhindert wurde, ſeine Haͤnde zu ge- brauchen, die gleichfalls nach der Klinge griffen. Seine Zornwuth kannte keine Grenzen mehr. „Arretiren!‟ ſchrie er, mit ſchaͤumendem Munde — „gleich arretiren! Jn Ketten und Banden!‟ — Da ſich indeß Alles um ihn zuſammendraͤngte, der Landrath aber mich aus allen Kraͤften von ihm entfernte: ſo mußte er wohl glauben, daß man mich in’s Gefaͤngniß davonfuͤhre; und ſo kamen wir einander aus dem Geſichte. Jch aber,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0105"n="89"/>
kriechen!‟… Mehr konnt’ er nicht hervorbrin-<lb/>
gen.</p><lb/><p>So etwas ſehen und hoͤren, ließ mich Mei-<lb/>
ner nicht laͤnger maͤchtig bleiben; und ich that<lb/>
einen Schritt, den ich jetzt ſelber nicht gut heiſſe,<lb/>
obwohl ich mir dabei der reinſten Abſicht bewußt<lb/>
bin. Jch fuhr gegen ihn auf, und ſchrie: „Halt!<lb/>
Der Erſte, wer er auch ſey, der das verdammte<lb/>
Wort wieder ausſpricht von „zu Kreuze kriechen‟<lb/>
und Uebergabe der Feſtung, der ſtirbt des Todes<lb/>
von meiner Hand!‟— Dabei fuhr mir der De-<lb/>
gen, ich weiß nicht wie? aus der Scheide, und<lb/>
mit der Spitze gegen den Feigling gerichtet, ſetzte<lb/>
ich hinzu zu Allen, die es hoͤren wollten: „Laßt<lb/>
uns brav und ehrlich ſeyn, oder wir verdienen,<lb/>
wie die Memmen (Eigentlich braucht’ ich wohl<lb/>
ein andres Wort) zu ſterben!‟</p><lb/><p>Der Landrath Dahlke, mein Nebenmann,<lb/>
faßte mich von hinten und zog mich von Lou-<lb/>
cadou zuruͤck; waͤhrend Dieſer vom Kaufmann<lb/>
Schroͤder verhindert wurde, ſeine Haͤnde zu ge-<lb/>
brauchen, die gleichfalls nach der Klinge griffen.<lb/>
Seine Zornwuth kannte keine Grenzen mehr.<lb/>„<hirendition="#fr">Arret</hi>iren!‟ſchrie er, mit ſchaͤumendem Munde<lb/>—„gleich arretiren! Jn Ketten und Banden!‟<lb/>— Da ſich indeß Alles um ihn zuſammendraͤngte,<lb/>
der Landrath aber mich aus allen Kraͤften von<lb/>
ihm entfernte: ſo mußte er wohl glauben, daß<lb/>
man mich in’s Gefaͤngniß davonfuͤhre; und ſo<lb/>
kamen wir einander aus dem Geſichte. Jch aber,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[89/0105]
kriechen!‟ … Mehr konnt’ er nicht hervorbrin-
gen.
So etwas ſehen und hoͤren, ließ mich Mei-
ner nicht laͤnger maͤchtig bleiben; und ich that
einen Schritt, den ich jetzt ſelber nicht gut heiſſe,
obwohl ich mir dabei der reinſten Abſicht bewußt
bin. Jch fuhr gegen ihn auf, und ſchrie: „Halt!
Der Erſte, wer er auch ſey, der das verdammte
Wort wieder ausſpricht von „zu Kreuze kriechen‟
und Uebergabe der Feſtung, der ſtirbt des Todes
von meiner Hand!‟ — Dabei fuhr mir der De-
gen, ich weiß nicht wie? aus der Scheide, und
mit der Spitze gegen den Feigling gerichtet, ſetzte
ich hinzu zu Allen, die es hoͤren wollten: „Laßt
uns brav und ehrlich ſeyn, oder wir verdienen,
wie die Memmen (Eigentlich braucht’ ich wohl
ein andres Wort) zu ſterben!‟
Der Landrath Dahlke, mein Nebenmann,
faßte mich von hinten und zog mich von Lou-
cadou zuruͤck; waͤhrend Dieſer vom Kaufmann
Schroͤder verhindert wurde, ſeine Haͤnde zu ge-
brauchen, die gleichfalls nach der Klinge griffen.
Seine Zornwuth kannte keine Grenzen mehr.
„Arretiren!‟ ſchrie er, mit ſchaͤumendem Munde
— „gleich arretiren! Jn Ketten und Banden!‟
— Da ſich indeß Alles um ihn zuſammendraͤngte,
der Landrath aber mich aus allen Kraͤften von
ihm entfernte: ſo mußte er wohl glauben, daß
man mich in’s Gefaͤngniß davonfuͤhre; und ſo
kamen wir einander aus dem Geſichte. Jch aber,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/105>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.