bei uns eingegangen war, daß das längst erwar- tete schwere Belagerungs-Geschütz im feindlichen Lager eingetroffen sey. Jetzt erst drohte also der Kampf um Colbergs Besitz seinen vollen Ernst zu gewinnen!
Diesen Ernst zeigten die Franzosen Jhrer- seits sofort am 29. April auch dadurch, daß sie unter dem Schutz der Hohen-Bergschanze, halben Weges von dort gegen die Stadt, auf dem so- genannten "Sandwege," gleich hinter dem Zin- gel, eine Schanze aufwarfen, und eben so eine zweite, in der Richtung von Bullenwinkel her, am "Matzen-Teiche" zu errichten begannen. Sie in dieser Nähe zu dulden, wäre hochgefährlich ge- wesen: allein es schien nicht, als ob unser, nach beiden Punkten hin gerichtetes Geschütz die Ar- beiten sonderlich hinderte. Da nun zu jeder kräftigeren Maaßregel Loucadou der Mann nicht war, und ich auch, meiner persönlichen Verhält- nisse wegen, mir weiter mit ihm nichts zu schaf- fen machen wollte, so eilte ich, den Vice-Com- mandanten aufzusuchen und ihm meine neuen Besorgnisse an's Herz zu legen: denn durch ihn und andre wohldenkende Officiere war jetzt nur allein noch jedes Gute zu erwirken, das die Um- stände erheischten.
Jn der Stadt fand ich meinen Mann nicht: aber es wurde mir gesagt, er befinde sich, we- gen eines von Danzig angekommenen Schiffes, am Hafen; und ich war im Begriffe, ihm dahin
bei uns eingegangen war, daß das laͤngſt erwar- tete ſchwere Belagerungs-Geſchuͤtz im feindlichen Lager eingetroffen ſey. Jetzt erſt drohte alſo der Kampf um Colbergs Beſitz ſeinen vollen Ernſt zu gewinnen!
Dieſen Ernſt zeigten die Franzoſen Jhrer- ſeits ſofort am 29. April auch dadurch, daß ſie unter dem Schutz der Hohen-Bergſchanze, halben Weges von dort gegen die Stadt, auf dem ſo- genannten „Sandwege,‟ gleich hinter dem Zin- gel, eine Schanze aufwarfen, und eben ſo eine zweite, in der Richtung von Bullenwinkel her, am „Matzen-Teiche‟ zu errichten begannen. Sie in dieſer Naͤhe zu dulden, waͤre hochgefaͤhrlich ge- weſen: allein es ſchien nicht, als ob unſer, nach beiden Punkten hin gerichtetes Geſchuͤtz die Ar- beiten ſonderlich hinderte. Da nun zu jeder kraͤftigeren Maaßregel Loucadou der Mann nicht war, und ich auch, meiner perſoͤnlichen Verhaͤlt- niſſe wegen, mir weiter mit ihm nichts zu ſchaf- fen machen wollte, ſo eilte ich, den Vice-Com- mandanten aufzuſuchen und ihm meine neuen Beſorgniſſe an’s Herz zu legen: denn durch ihn und andre wohldenkende Officiere war jetzt nur allein noch jedes Gute zu erwirken, das die Um- ſtaͤnde erheiſchten.
Jn der Stadt fand ich meinen Mann nicht: aber es wurde mir geſagt, er befinde ſich, we- gen eines von Danzig angekommenen Schiffes, am Hafen; und ich war im Begriffe, ihm dahin
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bei uns eingegangen war, daß das laͤngſt erwar-
tete ſchwere Belagerungs-Geſchuͤtz im feindlichen
Lager eingetroffen ſey. Jetzt erſt drohte alſo der
Kampf um Colbergs Beſitz ſeinen vollen Ernſt
zu gewinnen!
Dieſen Ernſt zeigten die Franzoſen Jhrer-
ſeits ſofort am 29. April auch dadurch, daß ſie
unter dem Schutz der Hohen-Bergſchanze, halben
Weges von dort gegen die Stadt, auf dem ſo-
genannten „Sandwege,‟ gleich hinter dem Zin-
gel, eine Schanze aufwarfen, und eben ſo eine
zweite, in der Richtung von Bullenwinkel her,
am „Matzen-Teiche‟ zu errichten begannen. Sie
in dieſer Naͤhe zu dulden, waͤre hochgefaͤhrlich ge-
weſen: allein es ſchien nicht, als ob unſer, nach
beiden Punkten hin gerichtetes Geſchuͤtz die Ar-
beiten ſonderlich hinderte. Da nun zu jeder
kraͤftigeren Maaßregel Loucadou der Mann nicht
war, und ich auch, meiner perſoͤnlichen Verhaͤlt-
niſſe wegen, mir weiter mit ihm nichts zu ſchaf-
fen machen wollte, ſo eilte ich, den Vice-Com-
mandanten aufzuſuchen und ihm meine neuen
Beſorgniſſe an’s Herz zu legen: denn durch ihn
und andre wohldenkende Officiere war jetzt nur
allein noch jedes Gute zu erwirken, das die Um-
ſtaͤnde erheiſchten.
Jn der Stadt fand ich meinen Mann nicht:
aber es wurde mir geſagt, er befinde ſich, we-
gen eines von Danzig angekommenen Schiffes,
am Hafen; und ich war im Begriffe, ihm dahin
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/120>, abgerufen am 16.06.2024.
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