Probeschüsse aus dem dort aufgeführten schweren Wurfgeschütz. Trotz der ansehnlichen Entfernung, aus welcher die feindlichen Granaten uns bisher unschädlich geblieben waren, verfehlten doch diese Bomben ihres Zieles nicht: denn Eine derselben tödtete einen Grenadier mitten in der Stadt vor der Hauptwache. Die Wirksamkeit des nunmehr zu erwartenden Bombardements stand uns also klar vor Augen; und war bei dem bisherigen Beschiessen nicht nur manches Haus zertrümmert, sondern auch manches Menschenleben gefährdet worden: so ließ sich, nicht ohne heimliches Grau- sen, ahnen, wieviel Schreckliches uns noch in der nächsten Zukunft bevorstehen möchte.
Allein Schlimmeres noch, als wir ahneten, stand uns von des Feindes Thätigkeit bereits in der nächsten Nacht auf den 18. Mai bevor, in- dem er die Schanze auf dem Wolfsberge über- fiel und stürmte. Die Gegenwehr der Unsrigen, so brav sie war, blieb dennoch der Ueberzahl und dem wohlgeleiteten Angriff nicht gewachsen. Ein Theil fiel, ein Theil ward gefangen, und das Aussenwerk gieng verloren! Auf jede Weise aber war dieser Verlust zu bedeutend und der Nach- theil, wenn ein so wichtiger Punkt in Feindes Händen bleiben sollte, zu empfindlich, als daß unser Commandant nicht schnell und mit Anstren- gung jeder Kraft darauf gesonnen hätte, sich wie- derum Meister davon zu machen. Die größere Hälfte der Besatzung ward aufgeboten, in Ko-
Probeſchuͤſſe aus dem dort aufgefuͤhrten ſchweren Wurfgeſchuͤtz. Trotz der anſehnlichen Entfernung, aus welcher die feindlichen Granaten uns bisher unſchaͤdlich geblieben waren, verfehlten doch dieſe Bomben ihres Zieles nicht: denn Eine derſelben toͤdtete einen Grenadier mitten in der Stadt vor der Hauptwache. Die Wirkſamkeit des nunmehr zu erwartenden Bombardements ſtand uns alſo klar vor Augen; und war bei dem bisherigen Beſchieſſen nicht nur manches Haus zertruͤmmert, ſondern auch manches Menſchenleben gefaͤhrdet worden: ſo ließ ſich, nicht ohne heimliches Grau- ſen, ahnen, wieviel Schreckliches uns noch in der naͤchſten Zukunft bevorſtehen moͤchte.
Allein Schlimmeres noch, als wir ahneten, ſtand uns von des Feindes Thaͤtigkeit bereits in der naͤchſten Nacht auf den 18. Mai bevor, in- dem er die Schanze auf dem Wolfsberge uͤber- fiel und ſtuͤrmte. Die Gegenwehr der Unſrigen, ſo brav ſie war, blieb dennoch der Ueberzahl und dem wohlgeleiteten Angriff nicht gewachſen. Ein Theil fiel, ein Theil ward gefangen, und das Auſſenwerk gieng verloren! Auf jede Weiſe aber war dieſer Verluſt zu bedeutend und der Nach- theil, wenn ein ſo wichtiger Punkt in Feindes Haͤnden bleiben ſollte, zu empfindlich, als daß unſer Commandant nicht ſchnell und mit Anſtren- gung jeder Kraft darauf geſonnen haͤtte, ſich wie- derum Meiſter davon zu machen. Die groͤßere Haͤlfte der Beſatzung ward aufgeboten, in Ko-
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Probeſchuͤſſe aus dem dort aufgefuͤhrten ſchweren
Wurfgeſchuͤtz. Trotz der anſehnlichen Entfernung,
aus welcher die feindlichen Granaten uns bisher
unſchaͤdlich geblieben waren, verfehlten doch dieſe
Bomben ihres Zieles nicht: denn Eine derſelben
toͤdtete einen Grenadier mitten in der Stadt vor
der Hauptwache. Die Wirkſamkeit des nunmehr
zu erwartenden Bombardements ſtand uns alſo
klar vor Augen; und war bei dem bisherigen
Beſchieſſen nicht nur manches Haus zertruͤmmert,
ſondern auch manches Menſchenleben gefaͤhrdet
worden: ſo ließ ſich, nicht ohne heimliches Grau-
ſen, ahnen, wieviel Schreckliches uns noch in der
naͤchſten Zukunft bevorſtehen moͤchte.
Allein Schlimmeres noch, als wir ahneten,
ſtand uns von des Feindes Thaͤtigkeit bereits in
der naͤchſten Nacht auf den 18. Mai bevor, in-
dem er die Schanze auf dem Wolfsberge uͤber-
fiel und ſtuͤrmte. Die Gegenwehr der Unſrigen,
ſo brav ſie war, blieb dennoch der Ueberzahl und
dem wohlgeleiteten Angriff nicht gewachſen. Ein
Theil fiel, ein Theil ward gefangen, und das
Auſſenwerk gieng verloren! Auf jede Weiſe aber
war dieſer Verluſt zu bedeutend und der Nach-
theil, wenn ein ſo wichtiger Punkt in Feindes
Haͤnden bleiben ſollte, zu empfindlich, als daß
unſer Commandant nicht ſchnell und mit Anſtren-
gung jeder Kraft darauf geſonnen haͤtte, ſich wie-
derum Meiſter davon zu machen. Die groͤßere
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/132>, abgerufen am 16.06.2024.
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