mir gebohren, und lebt, wächst und gedeiht zu unsrer herzinnigen Freude. Gleicht es einst der Mutter, wie ich mir das verspreche, an Sinn und Gemüth, so bleibt mir kaum noch etwas zu wünschen übrig. Was vom Vater auf sie ver- erben kann und auch vererben soll, ist freilich nicht viel; doch habe und hege sie nur meine Scheu vor Unrecht und meyne es gut und red- lich mit allen Menschen, so wird auch dieses ge- ringe Erbtheil ihr reichlich wuchern! -- Jch nahm mir das Herz, Se. Majestät um die Uebernahme der Pathenstelle bei meinem Kinde zu ersuchen. Des Königs Gnade bewilligte mir nicht nur diese Bitte, sondern erlaubte dem Täufling auch, in einer theuren Erinnerung, den Namen Louise zu führen.
Noch führte ich mein Gewerbe einige Jahre mit günstigem Erfolge fort; als aber in den Jahren 1817 und 1818 die Gewerbscheine zum freien Betrieb aller Handthierungen im Staat immer allgemeiner verbreitet wurden, sah ich mei- nen Nahrungsverkehr fast gänzlich eingehen: denn belastet mit allen städtischen Abgaben, war es länger nicht möglich, mit dem, vom platten Lande hereingeführten Brandtwein Preis zu halten. Mir blieb auf diese Weise nichts übrig, als diese Fa- brication ganz aufzugeben; wie wenig ich auch in meinem hohen Alter eine Aussicht gewann, mich in eine andre Beschäftigung zu werfen und dadurch meinen täglichen Unterhalt zu sichern.
mir gebohren, und lebt, waͤchſt und gedeiht zu unſrer herzinnigen Freude. Gleicht es einſt der Mutter, wie ich mir das verſpreche, an Sinn und Gemuͤth, ſo bleibt mir kaum noch etwas zu wuͤnſchen uͤbrig. Was vom Vater auf ſie ver- erben kann und auch vererben ſoll, iſt freilich nicht viel; doch habe und hege ſie nur meine Scheu vor Unrecht und meyne es gut und red- lich mit allen Menſchen, ſo wird auch dieſes ge- ringe Erbtheil ihr reichlich wuchern! — Jch nahm mir das Herz, Se. Majeſtaͤt um die Uebernahme der Pathenſtelle bei meinem Kinde zu erſuchen. Des Koͤnigs Gnade bewilligte mir nicht nur dieſe Bitte, ſondern erlaubte dem Taͤufling auch, in einer theuren Erinnerung, den Namen Louiſe zu fuͤhren.
Noch fuͤhrte ich mein Gewerbe einige Jahre mit guͤnſtigem Erfolge fort; als aber in den Jahren 1817 und 1818 die Gewerbſcheine zum freien Betrieb aller Handthierungen im Staat immer allgemeiner verbreitet wurden, ſah ich mei- nen Nahrungsverkehr faſt gaͤnzlich eingehen: denn belaſtet mit allen ſtaͤdtiſchen Abgaben, war es laͤnger nicht moͤglich, mit dem, vom platten Lande hereingefuͤhrten Brandtwein Preis zu halten. Mir blieb auf dieſe Weiſe nichts uͤbrig, als dieſe Fa- brication ganz aufzugeben; wie wenig ich auch in meinem hohen Alter eine Ausſicht gewann, mich in eine andre Beſchaͤftigung zu werfen und dadurch meinen taͤglichen Unterhalt zu ſichern.
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mir gebohren, und lebt, waͤchſt und gedeiht zu
unſrer herzinnigen Freude. Gleicht es einſt der
Mutter, wie ich mir das verſpreche, an Sinn
und Gemuͤth, ſo bleibt mir kaum noch etwas zu
wuͤnſchen uͤbrig. Was vom Vater auf ſie ver-
erben kann und auch vererben ſoll, iſt freilich
nicht viel; doch habe und hege ſie nur meine
Scheu vor Unrecht und meyne es gut und red-
lich mit allen Menſchen, ſo wird auch dieſes ge-
ringe Erbtheil ihr reichlich wuchern! — Jch nahm
mir das Herz, Se. Majeſtaͤt um die Uebernahme
der Pathenſtelle bei meinem Kinde zu erſuchen.
Des Koͤnigs Gnade bewilligte mir nicht nur dieſe
Bitte, ſondern erlaubte dem Taͤufling auch, in
einer theuren Erinnerung, den Namen Louiſe
zu fuͤhren.
Noch fuͤhrte ich mein Gewerbe einige Jahre
mit guͤnſtigem Erfolge fort; als aber in den
Jahren 1817 und 1818 die Gewerbſcheine zum
freien Betrieb aller Handthierungen im Staat
immer allgemeiner verbreitet wurden, ſah ich mei-
nen Nahrungsverkehr faſt gaͤnzlich eingehen: denn
belaſtet mit allen ſtaͤdtiſchen Abgaben, war es
laͤnger nicht moͤglich, mit dem, vom platten Lande
hereingefuͤhrten Brandtwein Preis zu halten. Mir
blieb auf dieſe Weiſe nichts uͤbrig, als dieſe Fa-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/229>, abgerufen am 15.06.2024.
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