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Neumark, Georg: Poetisch- und Musikalisches Lustwäldchen. Hamburg, 1652.

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Poetisch- und Musikalisches Lust-
Wie uns das Datum zeigt/ daß also ich vermein'
Es kan die Missethat ihm wol vergeben seyn.
Hierauff fuhr Föbus fort: Es ist nicht zu verstehen
Nach blossem Wörterklang/ man muß auch recht besehen
Wie ers gemeinet hat/ geliebte Schwester ihr/
Er ziehlet nicht auf euch in diesem Liede hier/
Als auff das Wirkende. Vielleichte wird er meinen
Des Werkes Mißbrauch selbst/ wie solches fast wil scheinen
Aus seiner Redensahrt. Und wenns auch gleich so wer'/
Als ihr bey euch gedänkt/ so sol man nicht so sehr/
(Verzeiht mirs Venusin) ein solches Ding auffrükken.
Ein ädler Sinn und Geist lest nicht den Eyfer blikken
Dekkt viel mit Sanfftmuht zu. Bey Menschen pflegts
zu seyn
Daß man gemeiniglich/ in Stahl und harten Stein/
Den zugefügten Schimpf gantz unvergeßlich schneidet:
Die Guttaht aber nicht; Die wird noch wol beneidet/
Und wenn sie ja wo lieb/ so schreibt man sie ins Eyß
So bald zerschmeltzen kan; So ist der Menschen Weis'
Und nicht der Götter Ahrt. Drüm bitten wir euch beyde/
Heifft doch Myrtillen ab von seinem schweren Leide/
Last sanffte Gütigkeit vor strenges Recht ergehn/
Last den betrübten doch einst eure Hülffe sehn/
Die er so lang gewündscht Er wird gewißlich wieder
Vor diesen Schimpf und Spott/ viel hundert schöne Lieder
Die eures Lobes voll/ von euch und eurem Sohn'
Euch singen hie und da/ in seiner Seiten Thon.
Hierauff besann sie sich/ und schwieg ein wenig stille
Hernacher sagte sie: Wolan es sey mein Wille
Was beyden euch gefällt. Myrtillen sey geschenkt
Was er verbrochen hat; Das/ was ihn heute kränkt
Soll ihn in kurtzer Zeit/ ja noch vielleicht' auff Morgen
Entbinden aller Noht/ und allen Liebes Sorgen
Befreyen gantz und gar. Kupido komm mein Kind/
Du hast ja nun gehört/ daß alle Fehler sind
Myrtillens außgelescht. Drüm geh und nim den Bogen/
Und deine Pfeile mit womit du hast betrogen
So
Poetiſch- und Muſikaliſches Luſt-
Wie uns das Datum zeigt/ daß alſo ich vermein’
Es kan die Miſſethat ihm wol vergeben ſeyn.
Hierauff fuhr Foͤbus fort: Es iſt nicht zu verſtehen
Nach bloſſem Woͤrterklang/ man muß auch recht beſehen
Wie ers gemeinet hat/ geliebte Schweſter ihr/
Er ziehlet nicht auf euch in dieſem Liede hier/
Als auff das Wirkende. Vielleichte wird er meinen
Des Werkes Mißbrauch ſelbſt/ wie ſolches faſt wil ſcheinen
Aus ſeiner Redensahrt. Und wenns auch gleich ſo wer’/
Als ihr bey euch gedaͤnkt/ ſo ſol man nicht ſo ſehr/
(Verzeiht mirs Venuſin) ein ſolches Ding auffruͤkken.
Ein aͤdler Sinn und Geiſt leſt nicht den Eyfer blikken
Dekkt viel mit Sanfftmuht zu. Bey Menſchen pflegts
zu ſeyn
Daß man gemeiniglich/ in Stahl und harten Stein/
Den zugefuͤgten Schimpf gantz unvergeßlich ſchneidet:
Die Guttaht aber nicht; Die wird noch wol beneidet/
Und wenn ſie ja wo lieb/ ſo ſchreibt man ſie ins Eyß
So bald zerſchmeltzen kan; So iſt der Menſchen Weiſ’
Und nicht der Goͤtter Ahrt. Druͤm bitten wir euch beyde/
Heifft doch Myrtillen ab von ſeinem ſchweren Leide/
Laſt ſanffte Guͤtigkeit vor ſtrenges Recht ergehn/
Laſt den betruͤbten doch einſt eure Huͤlffe ſehn/
Die er ſo lang gewuͤndſcht Er wird gewißlich wieder
Vor dieſen Schimpf und Spott/ viel hundert ſchoͤne Lieder
Die eures Lobes voll/ von euch und eurem Sohn’
Euch ſingen hie und da/ in ſeiner Seiten Thon.
Hierauff beſann ſie ſich/ und ſchwieg ein wenig ſtille
Hernacher ſagte ſie: Wolan es ſey mein Wille
Was beyden euch gefaͤllt. Myrtillen ſey geſchenkt
Was er verbrochen hat; Das/ was ihn heute kraͤnkt
Soll ihn in kurtzer Zeit/ ja noch vielleicht’ auff Morgen
Entbinden aller Noht/ und allen Liebes Sorgen
Befreyen gantz und gar. Kupido komm mein Kind/
Du haſt ja nun gehoͤrt/ daß alle Fehler ſind
Myrtillens außgeleſcht. Druͤm geh und nim den Bogen/
Und deine Pfeile mit womit du haſt betrogen
So
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[160/0186] Poetiſch- und Muſikaliſches Luſt- Wie uns das Datum zeigt/ daß alſo ich vermein’ Es kan die Miſſethat ihm wol vergeben ſeyn. Hierauff fuhr Foͤbus fort: Es iſt nicht zu verſtehen Nach bloſſem Woͤrterklang/ man muß auch recht beſehen Wie ers gemeinet hat/ geliebte Schweſter ihr/ Er ziehlet nicht auf euch in dieſem Liede hier/ Als auff das Wirkende. Vielleichte wird er meinen Des Werkes Mißbrauch ſelbſt/ wie ſolches faſt wil ſcheinen Aus ſeiner Redensahrt. Und wenns auch gleich ſo wer’/ Als ihr bey euch gedaͤnkt/ ſo ſol man nicht ſo ſehr/ (Verzeiht mirs Venuſin) ein ſolches Ding auffruͤkken. Ein aͤdler Sinn und Geiſt leſt nicht den Eyfer blikken Dekkt viel mit Sanfftmuht zu. Bey Menſchen pflegts zu ſeyn Daß man gemeiniglich/ in Stahl und harten Stein/ Den zugefuͤgten Schimpf gantz unvergeßlich ſchneidet: Die Guttaht aber nicht; Die wird noch wol beneidet/ Und wenn ſie ja wo lieb/ ſo ſchreibt man ſie ins Eyß So bald zerſchmeltzen kan; So iſt der Menſchen Weiſ’ Und nicht der Goͤtter Ahrt. Druͤm bitten wir euch beyde/ Heifft doch Myrtillen ab von ſeinem ſchweren Leide/ Laſt ſanffte Guͤtigkeit vor ſtrenges Recht ergehn/ Laſt den betruͤbten doch einſt eure Huͤlffe ſehn/ Die er ſo lang gewuͤndſcht Er wird gewißlich wieder Vor dieſen Schimpf und Spott/ viel hundert ſchoͤne Lieder Die eures Lobes voll/ von euch und eurem Sohn’ Euch ſingen hie und da/ in ſeiner Seiten Thon. Hierauff beſann ſie ſich/ und ſchwieg ein wenig ſtille Hernacher ſagte ſie: Wolan es ſey mein Wille Was beyden euch gefaͤllt. Myrtillen ſey geſchenkt Was er verbrochen hat; Das/ was ihn heute kraͤnkt Soll ihn in kurtzer Zeit/ ja noch vielleicht’ auff Morgen Entbinden aller Noht/ und allen Liebes Sorgen Befreyen gantz und gar. Kupido komm mein Kind/ Du haſt ja nun gehoͤrt/ daß alle Fehler ſind Myrtillens außgeleſcht. Druͤm geh und nim den Bogen/ Und deine Pfeile mit womit du haſt betrogen So

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch- und Musikalisches Lustwäldchen. Hamburg, 1652, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustwaeldchen_1652/186>, abgerufen am 04.05.2024.