Als Sebaldus von dem Major Abschied nahm, gab er ihm außer dem obengedachten Schreiben an den Obersten, noch ein Empfehlungsschreiben an einen seiner vertrauten Freunde in Berlin mit. Er versi- cherte ihn, daß, wenn er nach Berlin reisete, dieser Freund ihn, auf Vorzeigung dieses Briefes, aufs freundschaftlichste aufnehmen werde, und daß er bey demselben beständig Nachricht, wo er, der Major, sich aufhielte, würde erhalten können. Er gebot ihm, von diesem Briefe Gebrauch zu machen, wenn, wie er noch immer befürchtete, Stauzius sein Verspre- chen nicht halten solte. Er betheuerte mit den hef- tigsten Schwüren, das Sebaldus seines Beystan- des niemals entbehren solte, sobald er nur Nachricht erhielte, daß er desselben benöthigt sey.
Was den Major gegen den guten Generalsupe- rintendenten so gar sehr mißtrauisch gemacht habe, ist schwer zu sagen. Vermuthlich war es dessen Phy- siognomie. Ob aber insbesondere ein weit gegen das Ende der Nase vor sich gehendes Nasläp- chen*), oder eine eingekerbte Oberlefze, oder grünlichte Zähne, oder ein hörbarer Athem, oder nur überhaupt sein superintendentenmäßiges
Anse-
*) Man s. Lavaters Phyflognomik 2ter Theil. S.| 117. u. folg.
Als Sebaldus von dem Major Abſchied nahm, gab er ihm außer dem obengedachten Schreiben an den Oberſten, noch ein Empfehlungsſchreiben an einen ſeiner vertrauten Freunde in Berlin mit. Er verſi- cherte ihn, daß, wenn er nach Berlin reiſete, dieſer Freund ihn, auf Vorzeigung dieſes Briefes, aufs freundſchaftlichſte aufnehmen werde, und daß er bey demſelben beſtaͤndig Nachricht, wo er, der Major, ſich aufhielte, wuͤrde erhalten koͤnnen. Er gebot ihm, von dieſem Briefe Gebrauch zu machen, wenn, wie er noch immer befuͤrchtete, Stauzius ſein Verſpre- chen nicht halten ſolte. Er betheuerte mit den hef- tigſten Schwuͤren, das Sebaldus ſeines Beyſtan- des niemals entbehren ſolte, ſobald er nur Nachricht erhielte, daß er deſſelben benoͤthigt ſey.
Was den Major gegen den guten Generalſupe- rintendenten ſo gar ſehr mißtrauiſch gemacht habe, iſt ſchwer zu ſagen. Vermuthlich war es deſſen Phy- ſiognomie. Ob aber insbeſondere ein weit gegen das Ende der Naſe vor ſich gehendes Naslaͤp- chen*), oder eine eingekerbte Oberlefze, oder gruͤnlichte Zaͤhne, oder ein hoͤrbarer Athem, oder nur uͤberhaupt ſein ſuperintendentenmaͤßiges
Anſe-
*) Man ſ. Lavaters Phyflognomik 2ter Theil. S.| 117. u. folg.
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Als Sebaldus von dem Major Abſchied nahm,
gab er ihm außer dem obengedachten Schreiben an
den Oberſten, noch ein Empfehlungsſchreiben an einen
ſeiner vertrauten Freunde in Berlin mit. Er verſi-
cherte ihn, daß, wenn er nach Berlin reiſete, dieſer
Freund ihn, auf Vorzeigung dieſes Briefes, aufs
freundſchaftlichſte aufnehmen werde, und daß er bey
demſelben beſtaͤndig Nachricht, wo er, der Major, ſich
aufhielte, wuͤrde erhalten koͤnnen. Er gebot ihm,
von dieſem Briefe Gebrauch zu machen, wenn, wie
er noch immer befuͤrchtete, Stauzius ſein Verſpre-
chen nicht halten ſolte. Er betheuerte mit den hef-
tigſten Schwuͤren, das Sebaldus ſeines Beyſtan-
des niemals entbehren ſolte, ſobald er nur Nachricht
erhielte, daß er deſſelben benoͤthigt ſey.
Was den Major gegen den guten Generalſupe-
rintendenten ſo gar ſehr mißtrauiſch gemacht habe,
iſt ſchwer zu ſagen. Vermuthlich war es deſſen Phy-
ſiognomie. Ob aber insbeſondere ein weit gegen
das Ende der Naſe vor ſich gehendes Naslaͤp-
chen *), oder eine eingekerbte Oberlefze, oder
gruͤnlichte Zaͤhne, oder ein hoͤrbarer Athem,
oder nur uͤberhaupt ſein ſuperintendentenmaͤßiges
Anſe-
*) Man ſ. Lavaters Phyflognomik 2ter Theil. S.| 117. u. folg.
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/182>, abgerufen am 17.06.2024.
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