Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

Bild:
<< vorherige Seite



"eben so viel gesprochen hatte, als der Herr selbst, fand
"es sehr lächerlich, daß ich mich einem Arangement
"widersetzen wollte; daß der gnädige Herr der petite
"fille
ja weiter nichts übels thun wollte, u. d. gl. Jch
"ließ meinen ganzen Unmuth aus, und wollte unver-
"züglich zur Thür hinaus, als der Unterhändler ins
"Mittel trat. Er versicherte, daß er den ersten Vor-
"schlag selbst nicht billige, weil dadurch den Schwa-
"chen manches Aergerniß gegeben werden könnte; er
"erklärte also, daß der Kammerdiener meine Tochter
"heurathen, und das Kind als sein eigenes aufnehmen
"solte, dagegen werde ihn der gnädige Herr zum Haus-
"hofmeister machen, so bald er sich mit seinen Gläu-
"bigern völlig gesetzt habe, und wieder zum Genuß sei-
"ner Güter gekommen sey. Nein! länger konnte ich mich
"nicht halten. Eben so gern würde ich meine Tochter
"dem Büttel gegeben haben, der diesen Buben hätte
"brandmarken sollen, welcher das vornehmste Werkzeug
"der Verführung meiner Tochter gewesen war. Jch
"sagte nunmohr dem Herrn gerade heraus, daß ich
"sein Bubenstück auf keine Weise durch meinen Bey-
"tritt billigen wollte, daß ich die wenige Gerechtig-
"keit, die mir der Richter wiederfahren lassen könnte,
"aus allen Kräften suchen würde, und daß er mit mei-
"nem Willen meine Tochter nie wieder sollte zu Ge-

"sicht



”eben ſo viel geſprochen hatte, als der Herr ſelbſt, fand
”es ſehr laͤcherlich, daß ich mich einem Arangément
”widerſetzen wollte; daß der gnaͤdige Herr der petite
”fille
ja weiter nichts uͤbels thun wollte, u. d. gl. Jch
”ließ meinen ganzen Unmuth aus, und wollte unver-
”zuͤglich zur Thuͤr hinaus, als der Unterhaͤndler ins
”Mittel trat. Er verſicherte, daß er den erſten Vor-
”ſchlag ſelbſt nicht billige, weil dadurch den Schwa-
”chen manches Aergerniß gegeben werden koͤnnte; er
”erklaͤrte alſo, daß der Kammerdiener meine Tochter
”heurathen, und das Kind als ſein eigenes aufnehmen
”ſolte, dagegen werde ihn der gnaͤdige Herr zum Haus-
”hofmeiſter machen, ſo bald er ſich mit ſeinen Glaͤu-
”bigern voͤllig geſetzt habe, und wieder zum Genuß ſei-
”ner Guͤter gekommen ſey. Nein! laͤnger konnte ich mich
”nicht halten. Eben ſo gern wuͤrde ich meine Tochter
”dem Buͤttel gegeben haben, der dieſen Buben haͤtte
”brandmarken ſollen, welcher das vornehmſte Werkzeug
”der Verfuͤhrung meiner Tochter geweſen war. Jch
”ſagte nunmohr dem Herrn gerade heraus, daß ich
”ſein Bubenſtuͤck auf keine Weiſe durch meinen Bey-
”tritt billigen wollte, daß ich die wenige Gerechtig-
”keit, die mir der Richter wiederfahren laſſen koͤnnte,
”aus allen Kraͤften ſuchen wuͤrde, und daß er mit mei-
”nem Willen meine Tochter nie wieder ſollte zu Ge-

”ſicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0114" n="106"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x201D;eben &#x017F;o viel ge&#x017F;prochen hatte, als der Herr &#x017F;elb&#x017F;t, fand<lb/>
&#x201D;es &#x017F;ehr la&#x0364;cherlich, daß ich mich einem <hi rendition="#aq">Arangément</hi><lb/>
&#x201D;wider&#x017F;etzen wollte; daß der gna&#x0364;dige Herr der <hi rendition="#aq">petite<lb/>
&#x201D;fille</hi> ja weiter nichts u&#x0364;bels thun wollte, u. d. gl. Jch<lb/>
&#x201D;ließ meinen ganzen Unmuth aus, und wollte unver-<lb/>
&#x201D;zu&#x0364;glich zur Thu&#x0364;r hinaus, als der Unterha&#x0364;ndler ins<lb/>
&#x201D;Mittel trat. Er ver&#x017F;icherte, daß er den er&#x017F;ten Vor-<lb/>
&#x201D;&#x017F;chlag &#x017F;elb&#x017F;t nicht billige, weil dadurch den Schwa-<lb/>
&#x201D;chen manches Aergerniß gegeben werden ko&#x0364;nnte; er<lb/>
&#x201D;erkla&#x0364;rte al&#x017F;o, daß der Kammerdiener meine Tochter<lb/>
&#x201D;heurathen, und das Kind als &#x017F;ein eigenes aufnehmen<lb/>
&#x201D;&#x017F;olte, dagegen werde ihn der gna&#x0364;dige Herr zum Haus-<lb/>
&#x201D;hofmei&#x017F;ter machen, &#x017F;o bald er &#x017F;ich mit &#x017F;einen Gla&#x0364;u-<lb/>
&#x201D;bigern vo&#x0364;llig ge&#x017F;etzt habe, und wieder zum Genuß &#x017F;ei-<lb/>
&#x201D;ner Gu&#x0364;ter gekommen &#x017F;ey. Nein! la&#x0364;nger konnte ich mich<lb/>
&#x201D;nicht halten. Eben &#x017F;o gern wu&#x0364;rde ich meine Tochter<lb/>
&#x201D;dem Bu&#x0364;ttel gegeben haben, der die&#x017F;en Buben ha&#x0364;tte<lb/>
&#x201D;brandmarken &#x017F;ollen, welcher das vornehm&#x017F;te Werkzeug<lb/>
&#x201D;der Verfu&#x0364;hrung meiner Tochter gewe&#x017F;en war. Jch<lb/>
&#x201D;&#x017F;agte nunmohr dem Herrn gerade heraus, daß ich<lb/>
&#x201D;&#x017F;ein Buben&#x017F;tu&#x0364;ck auf keine Wei&#x017F;e durch meinen Bey-<lb/>
&#x201D;tritt billigen wollte, daß ich die wenige Gerechtig-<lb/>
&#x201D;keit, die mir der Richter wiederfahren la&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnte,<lb/>
&#x201D;aus allen Kra&#x0364;ften &#x017F;uchen wu&#x0364;rde, und daß er mit mei-<lb/>
&#x201D;nem Willen meine Tochter nie wieder &#x017F;ollte zu Ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201D;&#x017F;icht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0114] ”eben ſo viel geſprochen hatte, als der Herr ſelbſt, fand ”es ſehr laͤcherlich, daß ich mich einem Arangément ”widerſetzen wollte; daß der gnaͤdige Herr der petite ”fille ja weiter nichts uͤbels thun wollte, u. d. gl. Jch ”ließ meinen ganzen Unmuth aus, und wollte unver- ”zuͤglich zur Thuͤr hinaus, als der Unterhaͤndler ins ”Mittel trat. Er verſicherte, daß er den erſten Vor- ”ſchlag ſelbſt nicht billige, weil dadurch den Schwa- ”chen manches Aergerniß gegeben werden koͤnnte; er ”erklaͤrte alſo, daß der Kammerdiener meine Tochter ”heurathen, und das Kind als ſein eigenes aufnehmen ”ſolte, dagegen werde ihn der gnaͤdige Herr zum Haus- ”hofmeiſter machen, ſo bald er ſich mit ſeinen Glaͤu- ”bigern voͤllig geſetzt habe, und wieder zum Genuß ſei- ”ner Guͤter gekommen ſey. Nein! laͤnger konnte ich mich ”nicht halten. Eben ſo gern wuͤrde ich meine Tochter ”dem Buͤttel gegeben haben, der dieſen Buben haͤtte ”brandmarken ſollen, welcher das vornehmſte Werkzeug ”der Verfuͤhrung meiner Tochter geweſen war. Jch ”ſagte nunmohr dem Herrn gerade heraus, daß ich ”ſein Bubenſtuͤck auf keine Weiſe durch meinen Bey- ”tritt billigen wollte, daß ich die wenige Gerechtig- ”keit, die mir der Richter wiederfahren laſſen koͤnnte, ”aus allen Kraͤften ſuchen wuͤrde, und daß er mit mei- ”nem Willen meine Tochter nie wieder ſollte zu Ge- ”ſicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/114
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/114>, abgerufen am 07.05.2024.