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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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*) ,Zu spät ists zu erfahren, was Höll' und Ewig-
"keit, ach! willst du's darauf sparen, thu's nicht, heut
"ists noch Zeit, bekehre dich von Herzen, daß du der
"Quaal entgehst, denk, dann giebt es nicht Scherzen,
"wenn du vorm Richter stehst.'

,Der dir das Urtheil fället, das Leben rund ab-
"spricht, zum Teufel dich gesellet, des ewgen Todsge-
"richt, o Zeter! Ach! Weh! Jammer! Welch Heulen
"wird da seyn, wenn in die Marterkammer, der Hen-
"ker schleppt hinein.'

,Dahin, wo keine Reue, kein Klagen helfen kann,
"die Marter geht aufs neue nach tausend Jahren an!
"Da ist kein Glied so kleine, das nicht sein Leiden hat,
"der Leib der fühlt das seine, die Seel' auch früh und
"spat.'

,Jn
*) Der Leser glaube nicht etwan, daß ein solches Lied zu
Behufe dieses Gesprächs erdichter worden. Er darf
auch nicht glauben, daß es etwan ein unbedeutender
Schwärmer für den Winkel eines fanatischen Conventikels
verfertigt habe. Nein! dieß Lied steht S. 792. eines, in die
evangelisch-lutherischen Kirchen in der Churmark, unter
öffentlicher Autorität,
eingeführten Gesangbuchs, betitelt:
Geistliche und leibliche Lieder, welche der Geist des Glau-
bens durch D. M. Luther, Joh. Hermann, Paul Gerhard,
und andere seiner Werkzeuge, in den vorigen und itzigen
Zeiten gedichtet, und die bisher in den Kirchen und Schü-
len der Königl.
Preuß. und Churf. Brandenb. Lande be-
kannt, u. s. w. herausgegeben von Johann Porst, Königl.
Preuß. Consistorialrath, Probst und Jnspector zu Berlin-

Gedruckt zu Berlin in 12.


*) ‚Zu ſpaͤt iſts zu erfahren, was Hoͤll’ und Ewig-
”keit, ach! willſt du’s darauf ſparen, thu’s nicht, heut
”iſts noch Zeit, bekehre dich von Herzen, daß du der
”Quaal entgehſt, denk, dann giebt es nicht Scherzen,
”wenn du vorm Richter ſtehſt.‛

‚Der dir das Urtheil faͤllet, das Leben rund ab-
”ſpricht, zum Teufel dich geſellet, des ewgen Todsge-
”richt, o Zeter! Ach! Weh! Jammer! Welch Heulen
”wird da ſeyn, wenn in die Marterkammer, der Hen-
”ker ſchleppt hinein.‛

‚Dahin, wo keine Reue, kein Klagen helfen kann,
”die Marter geht aufs neue nach tauſend Jahren an!
”Da iſt kein Glied ſo kleine, das nicht ſein Leiden hat,
”der Leib der fuͤhlt das ſeine, die Seel’ auch fruͤh und
”ſpat.‛

‚Jn
*) Der Leſer glaube nicht etwan, daß ein ſolches Lied zu
Behufe dieſes Geſprächs erdichter worden. Er darf
auch nicht glauben, daß es etwan ein unbedeutender
Schwärmer für den Winkel eines fanatiſchen Conventikels
verfertigt habe. Nein! dieß Lied ſteht S. 792. eines, in die
evangeliſch-lutheriſchen Kirchen in der Churmark, unter
oͤffentlicher Autoritaͤt,
eingeführten Geſangbuchs, betitelt:
Geiſtliche und leibliche Lieder, welche der Geiſt des Glau-
bens durch D. M. Luther, Joh. Hermann, Paul Gerhard,
und andere ſeiner Werkzeuge, in den vorigen und itzigen
Zeiten gedichtet, und die bisher in den Kirchen und Schü-
len der Koͤnigl.
Preuß. und Churf. Brandenb. Lande be-
kannt, u. ſ. w. herausgegeben von Johann Porſt, Koͤnigl.
Preuß. Conſiſtorialrath, Probſt und Jnſpector zu Berlin-

Gedruckt zu Berlin in 12.
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[10/0014] *) ‚Zu ſpaͤt iſts zu erfahren, was Hoͤll’ und Ewig- ”keit, ach! willſt du’s darauf ſparen, thu’s nicht, heut ”iſts noch Zeit, bekehre dich von Herzen, daß du der ”Quaal entgehſt, denk, dann giebt es nicht Scherzen, ”wenn du vorm Richter ſtehſt.‛ ‚Der dir das Urtheil faͤllet, das Leben rund ab- ”ſpricht, zum Teufel dich geſellet, des ewgen Todsge- ”richt, o Zeter! Ach! Weh! Jammer! Welch Heulen ”wird da ſeyn, wenn in die Marterkammer, der Hen- ”ker ſchleppt hinein.‛ ‚Dahin, wo keine Reue, kein Klagen helfen kann, ”die Marter geht aufs neue nach tauſend Jahren an! ”Da iſt kein Glied ſo kleine, das nicht ſein Leiden hat, ”der Leib der fuͤhlt das ſeine, die Seel’ auch fruͤh und ”ſpat.‛ ‚Jn *) Der Leſer glaube nicht etwan, daß ein ſolches Lied zu Behufe dieſes Geſprächs erdichter worden. Er darf auch nicht glauben, daß es etwan ein unbedeutender Schwärmer für den Winkel eines fanatiſchen Conventikels verfertigt habe. Nein! dieß Lied ſteht S. 792. eines, in die evangeliſch-lutheriſchen Kirchen in der Churmark, unter oͤffentlicher Autoritaͤt, eingeführten Geſangbuchs, betitelt: Geiſtliche und leibliche Lieder, welche der Geiſt des Glau- bens durch D. M. Luther, Joh. Hermann, Paul Gerhard, und andere ſeiner Werkzeuge, in den vorigen und itzigen Zeiten gedichtet, und die bisher in den Kirchen und Schü- len der Koͤnigl. Preuß. und Churf. Brandenb. Lande be- kannt, u. ſ. w. herausgegeben von Johann Porſt, Koͤnigl. Preuß. Conſiſtorialrath, Probſt und Jnſpector zu Berlin- Gedruckt zu Berlin in 12.

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/14>, abgerufen am 26.04.2024.