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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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"von den Juden lernen, ohne zu wissen, daß diese
"ihr Hebräisch selbst nicht verständen, welches sie
"sich auch nicht träumen ließen. Auf diese Kennt-
"niß der Hebräischen Sprache, wurden sowohl Lu-
"thers
Deutsche Uebersetzung, als auch alle unsere sym-
"bolischen Bücher gebaut; wir stritten, beynahe zwey
"Jahrhunderte lang, mit bitterm Eifer, über Lehr-
"sätze, die sich darauf gründeten, und endlich, nach
"zweyhundert Jahren, erfahren wir, daß die Be-
"deutung der meisten Wörter der Hebräischen Spra-
"che verloren gegangen ist, und daß wir sie im Ara-
"bischen aufsuchen müssen. Nun haben wir wieder
"zweyhundert Jahre zu streiten. Alsdann kömmt
"vielleicht jemand, der uns berichtet, daß sich die Be-
"deutung der Arabischen Wörter auch verändert hät-
"ten, *) so wie es in allen Sprachen in der Welt ge-

"gangen
*) Wenn der Fremde wieder zum Worte gekommen wäre, hätte
er vermuihlich standhaft behauptet, daß keine einzige Be-
deutung eines einzigen Arabischen Werks jemals sich ver-
ändert hätte. Dieß versichert wenigstens Magister Schel-
ling, welcher, sitzend in seiner Studierstube im herzogli-
chen Stifte zu Tübingen, unwidersprechlich überzeugt ist,
daß die Arabische Sprache ,noch jetzt eben dieselbe ist, die
"sie bald nach der Zeit ihrer Entstehung war,' und ein
feines Kapitel, ,von der wunderbaren Erhaltung der Ara-
"bischen Sprache in ihrer ersten Reinigkeit, von den aller-
"ältesten Zeiten,
bis auf den heutigen Tag, zu erzählen,
weiß, wie aus seiner Abhandlung von der Alabischen
Sprache
K



”von den Juden lernen, ohne zu wiſſen, daß dieſe
”ihr Hebraͤiſch ſelbſt nicht verſtaͤnden, welches ſie
”ſich auch nicht traͤumen ließen. Auf dieſe Kennt-
”niß der Hebraͤiſchen Sprache, wurden ſowohl Lu-
”thers
Deutſche Ueberſetzung, als auch alle unſere ſym-
”boliſchen Buͤcher gebaut; wir ſtritten, beynahe zwey
”Jahrhunderte lang, mit bitterm Eifer, uͤber Lehr-
”ſaͤtze, die ſich darauf gruͤndeten, und endlich, nach
”zweyhundert Jahren, erfahren wir, daß die Be-
”deutung der meiſten Woͤrter der Hebraͤiſchen Spra-
”che verloren gegangen iſt, und daß wir ſie im Ara-
”biſchen aufſuchen muͤſſen. Nun haben wir wieder
”zweyhundert Jahre zu ſtreiten. Alsdann koͤmmt
”vielleicht jemand, der uns berichtet, daß ſich die Be-
”deutung der Arabiſchen Woͤrter auch veraͤndert haͤt-
”ten, *) ſo wie es in allen Sprachen in der Welt ge-

”gangen
*) Wenn der Fremde wieder zum Worte gekommen waͤre, haͤtte
er vermuihlich ſtandhaft behauptet, daß keine einzige Be-
deutung eines einzigen Arabiſchen Werks jemals ſich ver-
aͤndert haͤtte. Dieß verſichert wenigſtens Magiſter Schel-
ling, welcher, ſitzend in ſeiner Studierſtube im herzogli-
chen Stifte zu Tuͤbingen, unwiderſprechlich uͤberzeugt iſt,
daß die Arabiſche Sprache ‚noch jetzt eben dieſelbe iſt, die
”ſie bald nach der Zeit ihrer Entſtehung war,‛ und ein
feines Kapitel, ‚von der wunderbaren Erhaltung der Ara-
”biſchen Sprache in ihrer erſten Reinigkeit, von den aller-
”aͤlteſten Zeiten,
bis auf den heutigen Tag, zu erzaͤhlen,
weiß, wie aus ſeiner Abhandlung von der Alabiſchen
Sprache
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[141/0151] ”von den Juden lernen, ohne zu wiſſen, daß dieſe ”ihr Hebraͤiſch ſelbſt nicht verſtaͤnden, welches ſie ”ſich auch nicht traͤumen ließen. Auf dieſe Kennt- ”niß der Hebraͤiſchen Sprache, wurden ſowohl Lu- ”thers Deutſche Ueberſetzung, als auch alle unſere ſym- ”boliſchen Buͤcher gebaut; wir ſtritten, beynahe zwey ”Jahrhunderte lang, mit bitterm Eifer, uͤber Lehr- ”ſaͤtze, die ſich darauf gruͤndeten, und endlich, nach ”zweyhundert Jahren, erfahren wir, daß die Be- ”deutung der meiſten Woͤrter der Hebraͤiſchen Spra- ”che verloren gegangen iſt, und daß wir ſie im Ara- ”biſchen aufſuchen muͤſſen. Nun haben wir wieder ”zweyhundert Jahre zu ſtreiten. Alsdann koͤmmt ”vielleicht jemand, der uns berichtet, daß ſich die Be- ”deutung der Arabiſchen Woͤrter auch veraͤndert haͤt- ”ten, *) ſo wie es in allen Sprachen in der Welt ge- ”gangen *) Wenn der Fremde wieder zum Worte gekommen waͤre, haͤtte er vermuihlich ſtandhaft behauptet, daß keine einzige Be- deutung eines einzigen Arabiſchen Werks jemals ſich ver- aͤndert haͤtte. Dieß verſichert wenigſtens Magiſter Schel- ling, welcher, ſitzend in ſeiner Studierſtube im herzogli- chen Stifte zu Tuͤbingen, unwiderſprechlich uͤberzeugt iſt, daß die Arabiſche Sprache ‚noch jetzt eben dieſelbe iſt, die ”ſie bald nach der Zeit ihrer Entſtehung war,‛ und ein feines Kapitel, ‚von der wunderbaren Erhaltung der Ara- ”biſchen Sprache in ihrer erſten Reinigkeit, von den aller- ”aͤlteſten Zeiten, bis auf den heutigen Tag, zu erzaͤhlen, weiß, wie aus ſeiner Abhandlung von der Alabiſchen Sprache K

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/151>, abgerufen am 27.04.2024.