Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

Bild:
<< vorherige Seite



den gemildert werden, da sie sonst freylich, an sich,
in alle Ewigkeit fortdauern. Hierbey hatte er aber,
für einen gemeinen Bauerverstand, viel zu subtil
werden müssen; daher er, wie wir von ihm selbst er-
fahren haben, von dieser Materie seinen Bauern
niemals etwas gesagt, sondern ihnen nur Gott, als
ein allgerechtes und allgütiges Wesen, das seine
Strafen nach weisen Absichten verhängt, und dessen
Zweck dabey allemal das wahre Wohl des Menschen
ist, vorgestellt hat; ohne sich in die transcendenten
Begriffe von Ewigkeit und Endlichkeit einzulassen,
die kein Bauer recht genau fassen wird, und die ihm
zur Besserung seines Lebens, welche Sebaldus für
den einzigen Zweck seiner Predigten hielt, nichts hel-
fen können.

Das Fragment der Predigt vom Tode fürs
Vaterland
ist gleichfalls gewiß nicht vom Sebal-
dus,
welches schon daraus erhellet, daß man von
dem enthusiastischen Feuer, in welchem, nach S. 32
des ersten Theils seiner warhaften Lebensgeschichte,
diese Predigt gehalten worden, in diesem Frag-
mente nicht das geringste findet; so daß, wenn
die Predigt so kahl und kalt gewesen wäre, als
dieses Fragment, schwerlich nur ein einziger Bauer-

kerl



den gemildert werden, da ſie ſonſt freylich, an ſich,
in alle Ewigkeit fortdauern. Hierbey hatte er aber,
fuͤr einen gemeinen Bauerverſtand, viel zu ſubtil
werden muͤſſen; daher er, wie wir von ihm ſelbſt er-
fahren haben, von dieſer Materie ſeinen Bauern
niemals etwas geſagt, ſondern ihnen nur Gott, als
ein allgerechtes und allguͤtiges Weſen, das ſeine
Strafen nach weiſen Abſichten verhaͤngt, und deſſen
Zweck dabey allemal das wahre Wohl des Menſchen
iſt, vorgeſtellt hat; ohne ſich in die transcendenten
Begriffe von Ewigkeit und Endlichkeit einzulaſſen,
die kein Bauer recht genau faſſen wird, und die ihm
zur Beſſerung ſeines Lebens, welche Sebaldus fuͤr
den einzigen Zweck ſeiner Predigten hielt, nichts hel-
fen koͤnnen.

Das Fragment der Predigt vom Tode fuͤrs
Vaterland
iſt gleichfalls gewiß nicht vom Sebal-
dus,
welches ſchon daraus erhellet, daß man von
dem enthuſiaſtiſchen Feuer, in welchem, nach S. 32
des erſten Theils ſeiner warhaften Lebensgeſchichte,
dieſe Predigt gehalten worden, in dieſem Frag-
mente nicht das geringſte findet; ſo daß, wenn
die Predigt ſo kahl und kalt geweſen waͤre, als
dieſes Fragment, ſchwerlich nur ein einziger Bauer-

kerl
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0293" n="279"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
den <hi rendition="#fr">gemildert</hi> werden, da &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t freylich, an &#x017F;ich,<lb/>
in alle Ewigkeit fortdauern. Hierbey hatte er aber,<lb/>
fu&#x0364;r einen gemeinen Bauerver&#x017F;tand, viel zu &#x017F;ubtil<lb/>
werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; daher er, wie wir von ihm &#x017F;elb&#x017F;t er-<lb/>
fahren haben, von die&#x017F;er Materie &#x017F;einen Bauern<lb/>
niemals etwas ge&#x017F;agt, &#x017F;ondern ihnen nur Gott, als<lb/>
ein allgerechtes und allgu&#x0364;tiges We&#x017F;en, das &#x017F;eine<lb/>
Strafen nach wei&#x017F;en Ab&#x017F;ichten verha&#x0364;ngt, und de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Zweck dabey allemal das wahre Wohl des Men&#x017F;chen<lb/>
i&#x017F;t, vorge&#x017F;tellt hat; ohne &#x017F;ich in die transcendenten<lb/>
Begriffe von <hi rendition="#fr">Ewigkeit</hi> und <hi rendition="#fr">Endlichkeit</hi> einzula&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
die kein Bauer recht genau fa&#x017F;&#x017F;en wird, und die ihm<lb/>
zur Be&#x017F;&#x017F;erung &#x017F;eines Lebens, welche <hi rendition="#fr">Sebaldus</hi> fu&#x0364;r<lb/>
den einzigen Zweck &#x017F;einer Predigten hielt, nichts hel-<lb/>
fen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Das Fragment der Predigt vom <hi rendition="#fr">Tode fu&#x0364;rs<lb/>
Vaterland</hi> i&#x017F;t gleichfalls gewiß nicht vom <hi rendition="#fr">Sebal-<lb/>
dus,</hi> welches &#x017F;chon daraus erhellet, daß man von<lb/>
dem <hi rendition="#fr">enthu&#x017F;ia&#x017F;ti&#x017F;chen Feuer,</hi> in welchem, nach S. 32<lb/>
des er&#x017F;ten Theils &#x017F;einer warhaften Lebensge&#x017F;chichte,<lb/>
die&#x017F;e Predigt gehalten worden, in die&#x017F;em Frag-<lb/>
mente nicht das gering&#x017F;te findet; &#x017F;o daß, wenn<lb/>
die Predigt &#x017F;o kahl und kalt gewe&#x017F;en wa&#x0364;re, als<lb/>
die&#x017F;es Fragment, &#x017F;chwerlich nur ein einziger Bauer-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kerl</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0293] den gemildert werden, da ſie ſonſt freylich, an ſich, in alle Ewigkeit fortdauern. Hierbey hatte er aber, fuͤr einen gemeinen Bauerverſtand, viel zu ſubtil werden muͤſſen; daher er, wie wir von ihm ſelbſt er- fahren haben, von dieſer Materie ſeinen Bauern niemals etwas geſagt, ſondern ihnen nur Gott, als ein allgerechtes und allguͤtiges Weſen, das ſeine Strafen nach weiſen Abſichten verhaͤngt, und deſſen Zweck dabey allemal das wahre Wohl des Menſchen iſt, vorgeſtellt hat; ohne ſich in die transcendenten Begriffe von Ewigkeit und Endlichkeit einzulaſſen, die kein Bauer recht genau faſſen wird, und die ihm zur Beſſerung ſeines Lebens, welche Sebaldus fuͤr den einzigen Zweck ſeiner Predigten hielt, nichts hel- fen koͤnnen. Das Fragment der Predigt vom Tode fuͤrs Vaterland iſt gleichfalls gewiß nicht vom Sebal- dus, welches ſchon daraus erhellet, daß man von dem enthuſiaſtiſchen Feuer, in welchem, nach S. 32 des erſten Theils ſeiner warhaften Lebensgeſchichte, dieſe Predigt gehalten worden, in dieſem Frag- mente nicht das geringſte findet; ſo daß, wenn die Predigt ſo kahl und kalt geweſen waͤre, als dieſes Fragment, ſchwerlich nur ein einziger Bauer- kerl

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/293
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/293>, abgerufen am 21.05.2024.