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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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nen, damals größtentheils durch die Sprache verwandten
Völkern, eine Einheit bestand welche sie von den nord-
westlichen trennte, scheint wirklich aus dem Marsischen
Krieg zu erhellen, in dem sie abgesondert von diesen auf-
traten, welche auch im Hannibalischen Krieg unthätig für
die Wiedererlangung der Freyheit gewesen waren. Ihre
Bundesmünzen lateinischer Inschrift sind mit dem Nah-
men Italia bezeichnet 24), und ihrer Bundesstadt hatten
sie den Nahmen Italica gegeben. Doch ist das weite
Italien
in den Siegsepigrammen des Messeniers Al-
cäus (557) gewiß die ganze Halbinsel, und funfzig
Jahre vor dem Marsischen Kriege (um 615) gebraucht
Polybius den Nahmen Italien in der weitesten Ausdeh-
nung bis an die Alpen, mit Einschluß des Cisalpinischen
Galliens und Venetiens: ja schon früher hatte M. Caty,
welcher ganz Italien in seiner Geschichte umfaßte, darin
auch von den Euganeern und den Alpenvölkern gehandelt.

Gegen das Ende des Römischen Kaiserreichs, als
die Residenz von Maximianus nach Mailand verlegt war,
beschränkte sich der Umfang Italiens in der Geschäfts-
sprache wieder auf einen kleineren Bezirk, auf den Nor-
den, wie er im äußersten Süden entstanden war. In die-
sem Sinn begriff dies damals sogenannte eigentliche Ita-
lien die fünf Annonarischen Provinzen, Aemilia, Liguria,

24) Mit großer Wahrscheinlichkeit deutet Micali das oskische
Viteliu der samnitischen Denare desselben Zeitraums als die
sabellische Form des Worts Italia (T. I. p. 52.). Wie
Latium, Samnium, so Italium, oder, nach diesen Spra-
chen, Italio, wie Samnie.

nen, damals groͤßtentheils durch die Sprache verwandten
Voͤlkern, eine Einheit beſtand welche ſie von den nord-
weſtlichen trennte, ſcheint wirklich aus dem Marſiſchen
Krieg zu erhellen, in dem ſie abgeſondert von dieſen auf-
traten, welche auch im Hannibaliſchen Krieg unthaͤtig fuͤr
die Wiedererlangung der Freyheit geweſen waren. Ihre
Bundesmuͤnzen lateiniſcher Inſchrift ſind mit dem Nah-
men Italia bezeichnet 24), und ihrer Bundesſtadt hatten
ſie den Nahmen Italica gegeben. Doch iſt das weite
Italien
in den Siegsepigrammen des Meſſeniers Al-
caͤus (557) gewiß die ganze Halbinſel, und funfzig
Jahre vor dem Marſiſchen Kriege (um 615) gebraucht
Polybius den Nahmen Italien in der weiteſten Ausdeh-
nung bis an die Alpen, mit Einſchluß des Cisalpiniſchen
Galliens und Venetiens: ja ſchon fruͤher hatte M. Caty,
welcher ganz Italien in ſeiner Geſchichte umfaßte, darin
auch von den Euganeern und den Alpenvoͤlkern gehandelt.

Gegen das Ende des Roͤmiſchen Kaiſerreichs, als
die Reſidenz von Maximianus nach Mailand verlegt war,
beſchraͤnkte ſich der Umfang Italiens in der Geſchaͤfts-
ſprache wieder auf einen kleineren Bezirk, auf den Nor-
den, wie er im aͤußerſten Suͤden entſtanden war. In die-
ſem Sinn begriff dies damals ſogenannte eigentliche Ita-
lien die fuͤnf Annonariſchen Provinzen, Aemilia, Liguria,

24) Mit großer Wahrſcheinlichkeit deutet Micali das oſkiſche
Viteliu der ſamnitiſchen Denare deſſelben Zeitraums als die
ſabelliſche Form des Worts Italia (T. I. p. 52.). Wie
Latium, Samnium, ſo Italium, oder, nach dieſen Spra-
chen, Italio, wie Samnie.
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[30/0052] nen, damals groͤßtentheils durch die Sprache verwandten Voͤlkern, eine Einheit beſtand welche ſie von den nord- weſtlichen trennte, ſcheint wirklich aus dem Marſiſchen Krieg zu erhellen, in dem ſie abgeſondert von dieſen auf- traten, welche auch im Hannibaliſchen Krieg unthaͤtig fuͤr die Wiedererlangung der Freyheit geweſen waren. Ihre Bundesmuͤnzen lateiniſcher Inſchrift ſind mit dem Nah- men Italia bezeichnet 24), und ihrer Bundesſtadt hatten ſie den Nahmen Italica gegeben. Doch iſt das weite Italien in den Siegsepigrammen des Meſſeniers Al- caͤus (557) gewiß die ganze Halbinſel, und funfzig Jahre vor dem Marſiſchen Kriege (um 615) gebraucht Polybius den Nahmen Italien in der weiteſten Ausdeh- nung bis an die Alpen, mit Einſchluß des Cisalpiniſchen Galliens und Venetiens: ja ſchon fruͤher hatte M. Caty, welcher ganz Italien in ſeiner Geſchichte umfaßte, darin auch von den Euganeern und den Alpenvoͤlkern gehandelt. Gegen das Ende des Roͤmiſchen Kaiſerreichs, als die Reſidenz von Maximianus nach Mailand verlegt war, beſchraͤnkte ſich der Umfang Italiens in der Geſchaͤfts- ſprache wieder auf einen kleineren Bezirk, auf den Nor- den, wie er im aͤußerſten Suͤden entſtanden war. In die- ſem Sinn begriff dies damals ſogenannte eigentliche Ita- lien die fuͤnf Annonariſchen Provinzen, Aemilia, Liguria, 24) Mit großer Wahrſcheinlichkeit deutet Micali das oſkiſche Viteliu der ſamnitiſchen Denare deſſelben Zeitraums als die ſabelliſche Form des Worts Italia (T. I. p. 52.). Wie Latium, Samnium, ſo Italium, oder, nach dieſen Spra- chen, Italio, wie Samnie.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/52>, abgerufen am 09.05.2024.