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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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Städte waren 16). Die Römer zählten sie unter ihre
Ahnen: und während der ersten Jahrhunderte drängten
sie beständig gegen Latium vor. Aber mit dem Jahr 306
hören die Sabinischen Kriege völlig auf; und dies ist eine
entscheidende Bestätigung ihrer späteren Ausbreitung in
Süditalien. Dahin wandte sich jetzt der Strohm der
Volksfülle aus allen sabellischen Stämmen bis an die Ti-
ber; und die alten Sabiner wurden ganz unbedeutend.

Von den Samnitern, nicht von den Dauniern, sagt
Skylax, sie herrschten von einem Meere bis an das an-
dere, und es fänden sich bey ihnen fünf verschiedene Spra-
chen 17). Leider ist diese Stelle so verdorben daß nur
von bessern Handschriften Heil zu hoffen wäre. Nach den
römischen Schriftstellern scheint es sonst klar daß alle Sa-
beller eine Grundsprache hatten, welche allerdings in den
eroberten Ländern nothwendig durch Einmischung der

16) Livius I. c. 38. II. c. 16.
17) Die Ueberschrift und der Text des Volks, welches zwischen
den Japygern und den Ombrikern wohnt, liest bey ihm Dau-
nitai. Ich läugne nicht, daß die Daunier auch Dauniter ge-
nannt seyn können, obgleich die zum Stephanus angeführten
Beyspiele großen Zweifel leiden. Aber ich läugne daß die
Apulier westlich von ihrem eignen Lande wohnten; ich
läugne daß Skylax von ihnen sagen kann daß sie sich von
Meer zu Meer erstreckten, welches von den Samnitern sehr
richtig gesagt ist die er zwischen Campanien und Lucanien
an der Küste genannt hat: ich läugne daß er Opiker ein
Apulisches Volk nennen könne, und lese daher mit völliger
Ueberzeugung Saunitai. Die angeführte Stelle heißt: en de
touto to ethnei glossai etoi somata tade; Laternioi, O-
pikoi, Kramonds, Bordoitinoi, Peuketieis.

Staͤdte waren 16). Die Roͤmer zaͤhlten ſie unter ihre
Ahnen: und waͤhrend der erſten Jahrhunderte draͤngten
ſie beſtaͤndig gegen Latium vor. Aber mit dem Jahr 306
hoͤren die Sabiniſchen Kriege voͤllig auf; und dies iſt eine
entſcheidende Beſtaͤtigung ihrer ſpaͤteren Ausbreitung in
Suͤditalien. Dahin wandte ſich jetzt der Strohm der
Volksfuͤlle aus allen ſabelliſchen Staͤmmen bis an die Ti-
ber; und die alten Sabiner wurden ganz unbedeutend.

Von den Samnitern, nicht von den Dauniern, ſagt
Skylax, ſie herrſchten von einem Meere bis an das an-
dere, und es faͤnden ſich bey ihnen fuͤnf verſchiedene Spra-
chen 17). Leider iſt dieſe Stelle ſo verdorben daß nur
von beſſern Handſchriften Heil zu hoffen waͤre. Nach den
roͤmiſchen Schriftſtellern ſcheint es ſonſt klar daß alle Sa-
beller eine Grundſprache hatten, welche allerdings in den
eroberten Laͤndern nothwendig durch Einmiſchung der

16) Livius I. c. 38. II. c. 16.
17) Die Ueberſchrift und der Text des Volks, welches zwiſchen
den Japygern und den Ombrikern wohnt, lieſt bey ihm Δαυ-
νῖται. Ich laͤugne nicht, daß die Daunier auch Dauniter ge-
nannt ſeyn koͤnnen, obgleich die zum Stephanus angefuͤhrten
Beyſpiele großen Zweifel leiden. Aber ich laͤugne daß die
Apulier weſtlich von ihrem eignen Lande wohnten; ich
laͤugne daß Skylax von ihnen ſagen kann daß ſie ſich von
Meer zu Meer erſtreckten, welches von den Samnitern ſehr
richtig geſagt iſt die er zwiſchen Campanien und Lucanien
an der Kuͤſte genannt hat: ich laͤugne daß er Opiker ein
Apuliſches Volk nennen koͤnne, und leſe daher mit voͤlliger
Ueberzeugung Σαυνίται. Die angefuͤhrte Stelle heißt: ἐν δὲ
τȣ́τῳ τῷ ἔϑνει γλώσσαι ἤτοι ςόματα τάδε· Λατέϱνιοι, Ὀ-
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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/84>, abgerufen am 27.04.2024.