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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Consuls gedacht, nach der das geschlagne Heer verlohren
gewesen wäre, wenn nicht Cäso Fabius den Volskischen
Krieg verlassen, und es gerettet hätte. Nach diesem
Sieg der Vejenter ist es nicht denkbar, daß, wie Livius
meldet, der Krieg in diesen Gegenden geruht habe, und
nur die Gränze durch gegenseitige Streifereyen unsicher
gewesen sey.

Nach frischer Niederlage eines consularischen Heers,
nach einer blutigen nur nicht verlohrnen Schlacht, in
einem Kriege den noch kein einziger Sieg erfreulich
machte, war eine beständige Besatzung an der feindli-
chen Gränze nicht alles was der Krieg forderte um das
Land zu decken, wenn anders das römische Gebiet sich
weiter als die vaticanische Feldmark über die Tiber er-
streckte, und den Feind bis zum Frieden zu ermüden. Die
Befestigung eines gelegnen Orts im feindlichen Lande 78)
war aber ein mächtiges Mittel den Krieg drückend zu ma-
chen, und dem Feind ein Schlachtfeld zu bestimmen: erst
durch die Behauptung von Dekelea fing der Peloponnesi-
sche Krieg an verderblich für Athen zu werden: die Bela-
gerungskünste waren so ärmlich, daß ein Fort in kurzer
Zeit fest genug gemacht werden konnte um, hinreichend
besetzt, einer Belagerung zu widerstehen; und dieses Sy-
stem des Kriegs verschwand auch als die Belagerungs-
maschinen um die Mitte des vierten Jahrhunderts bey
den Griechen sich zu der Vollkommenheit zu erheben an-
fingen, welche sie ein Jahrhundert später erreichten.
Dieses war also wohl der Zweck der Gründung des

78) epiteikhismos.

Conſuls gedacht, nach der das geſchlagne Heer verlohren
geweſen waͤre, wenn nicht Caͤſo Fabius den Volskiſchen
Krieg verlaſſen, und es gerettet haͤtte. Nach dieſem
Sieg der Vejenter iſt es nicht denkbar, daß, wie Livius
meldet, der Krieg in dieſen Gegenden geruht habe, und
nur die Graͤnze durch gegenſeitige Streifereyen unſicher
geweſen ſey.

Nach friſcher Niederlage eines conſulariſchen Heers,
nach einer blutigen nur nicht verlohrnen Schlacht, in
einem Kriege den noch kein einziger Sieg erfreulich
machte, war eine beſtaͤndige Beſatzung an der feindli-
chen Graͤnze nicht alles was der Krieg forderte um das
Land zu decken, wenn anders das roͤmiſche Gebiet ſich
weiter als die vaticaniſche Feldmark uͤber die Tiber er-
ſtreckte, und den Feind bis zum Frieden zu ermuͤden. Die
Befeſtigung eines gelegnen Orts im feindlichen Lande 78)
war aber ein maͤchtiges Mittel den Krieg druͤckend zu ma-
chen, und dem Feind ein Schlachtfeld zu beſtimmen: erſt
durch die Behauptung von Dekelea fing der Peloponneſi-
ſche Krieg an verderblich fuͤr Athen zu werden: die Bela-
gerungskuͤnſte waren ſo aͤrmlich, daß ein Fort in kurzer
Zeit feſt genug gemacht werden konnte um, hinreichend
beſetzt, einer Belagerung zu widerſtehen; und dieſes Sy-
ſtem des Kriegs verſchwand auch als die Belagerungs-
maſchinen um die Mitte des vierten Jahrhunderts bey
den Griechen ſich zu der Vollkommenheit zu erheben an-
fingen, welche ſie ein Jahrhundert ſpaͤter erreichten.
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[76/0092] Conſuls gedacht, nach der das geſchlagne Heer verlohren geweſen waͤre, wenn nicht Caͤſo Fabius den Volskiſchen Krieg verlaſſen, und es gerettet haͤtte. Nach dieſem Sieg der Vejenter iſt es nicht denkbar, daß, wie Livius meldet, der Krieg in dieſen Gegenden geruht habe, und nur die Graͤnze durch gegenſeitige Streifereyen unſicher geweſen ſey. Nach friſcher Niederlage eines conſulariſchen Heers, nach einer blutigen nur nicht verlohrnen Schlacht, in einem Kriege den noch kein einziger Sieg erfreulich machte, war eine beſtaͤndige Beſatzung an der feindli- chen Graͤnze nicht alles was der Krieg forderte um das Land zu decken, wenn anders das roͤmiſche Gebiet ſich weiter als die vaticaniſche Feldmark uͤber die Tiber er- ſtreckte, und den Feind bis zum Frieden zu ermuͤden. Die Befeſtigung eines gelegnen Orts im feindlichen Lande 78) war aber ein maͤchtiges Mittel den Krieg druͤckend zu ma- chen, und dem Feind ein Schlachtfeld zu beſtimmen: erſt durch die Behauptung von Dekelea fing der Peloponneſi- ſche Krieg an verderblich fuͤr Athen zu werden: die Bela- gerungskuͤnſte waren ſo aͤrmlich, daß ein Fort in kurzer Zeit feſt genug gemacht werden konnte um, hinreichend beſetzt, einer Belagerung zu widerſtehen; und dieſes Sy- ſtem des Kriegs verſchwand auch als die Belagerungs- maſchinen um die Mitte des vierten Jahrhunderts bey den Griechen ſich zu der Vollkommenheit zu erheben an- fingen, welche ſie ein Jahrhundert ſpaͤter erreichten. Dieſes war alſo wohl der Zweck der Gruͤndung des 78) ἐπιτειχισμὸς.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/92>, abgerufen am 30.04.2024.