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Allgemeine Zeitung, Nr. 36, 5. Februar 1850.

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[Spaltenumbruch] rung, wegen der Sprengung der Nationalversammlung, in Ausdrücken
welche unbedingt als Injurien gelten mußten; die Maßregel war als
"ruchloses Verbrechen" bezeichnet. Bei denjenigen fünf Geschwornen welche
hierin ein Nichtschuldig aussprachen, war offenbar die Rücksicht vorherr-
schend, eine leidenschaftliche Sprache sey wegen der damaligen Aufregung
jetzt nicht mehr zu beachten, weil ähnliche Schmähungen in den Volksver-
sammlungen und in der Localpresse damals an der Tagesordnung waren;
einen Einzelnen dürfe man nicht aus der Masse hervorheben und gewisser-
maßen für andere büßen lassen; darüber wurde das Wesen des Falls selbst
außer Acht gelassen. Der Bertheidiger des Angeklagten, Schoder, hatte
in einer längern und mit vielem Geschick durchgeführten Darlegung haupt-
sächlich auf Berücksichtigung dieser Auffassung hingewirkt; er war in der-
selben zu jenem Zweck auf 1848 zurückgegangen, um durch Beispiele die
Ansicht bei den Geschwornen hervorzurufen daß man bei lebhafter Aufre-
gung einer heftigen Sprache später nicht Rechnung tragen dürfe. Die zweite
Freisprechung war bei der Art begründet wie die Anklage gestellt war.
Sie betraf eine Art politischen Glaubensbekenntnisses in der Sprache des
Katechismus; wegen dieser äußern Form war auf Verspottung der Re-
ligion geklagt worden, die dem Inhalt des Artikels nicht entsprach. Letz-
terer enthielt dagegen eine Majestätsbeleidigung: da die Anklage darauf
nicht gestellt war, konnten auch die Geschwornen darüber nicht erkennen;
da aber die Entscheidung von einer Stimme abhing, so konnte das Ver-
dict bei anderer Fassung der Klage anders ausfallen. In den übrigen
Fällen, worin vorher von den Geschwornen erkannt wurde, ist die Ent-
scheidung auch nach dem Urtheil von Juristen richtig ausgefallen; in einem
Fall wo Bedenken erhoben werden könnten, beruhte dieß höchstens auf der
Stellung der Fragen, indem die Geschwornen eine Ansicht gehabt zu ha-
ben scheinen auf welche bei der Vorlegung der Fragen nicht vorher Rück-
ficht genommen war.

Wie weit man in dem alles Vertrauen vollends untergrabenden
Lügen- und Verdächtigungssystem von einer gewissen Seite her zu
gehen entschlossen ist, kommt immer unerfreulicher zu Tage. In Nr.
18 und 23 der Ulmer Kronik war eines Gerüchts erwähnt nach wel-
chem die vorigen Minister Duvernoy und Goppelt seiner Zeit im Minister-
rath für Einsetzung einer provisorischen Regierung gestimmt haben sollten.
Hiegegen bringt die heutige Kronik folgende, von den beiden Angegriffe-
nen unterzeichnete Reclamation vom 28 Jan.: "Da diese Behauptung,
wenn je auf etwas, auf die Aeußerung eines Mitglieds des früheren Mi-
nisteriums sich stützen müßte, welche unserer festen Ueberzeugung nach
nicht stattgefunden haben kann, und da über den angedeuteten Plan über-
haupt gar nie vom Gesammtministerium Berathung gepflogen wurde, so
müssen wir den Urheber dieses Gerüchts für einen böswilligen Verleum-
der halten, und ersuchen jeden Ehrenmann dem dasselbe zu Ohren gekom-
men ist, uns zur Entdeckung der Quelle behülflich zu seyn." Hiezu macht
sofort die Redaction der Ulmer Kronik folgende Anmerkung: "Indem die
Redaction der Ulmer Kronik keinen Anstand nimmt den HH. Einsendern
zur Widerlegung des über ihr Benehmen in der fraglichen Sache bestehen-
den Gerüchts ihre Spalten zu öffnen, glaubt sie (ohne alle Animosität,
durch welche sich obige Erklärung auszeichnet) bemerken zu müssen daß
diese Herren zur Erreichung ihres Zweckes|, |sich in den Augen des Publi-
cums zu reinigen, der Unterschrift aller Mitglieder des vorigen Cabinets
bedurft hätten, was indessen immerhin noch möglich ist und was man einst-
weilen abwarten muß." (Württ. Ztg.)

Gr. Hessen.

Im gestrigen Regierungsblatt
ist die Verordnung vom 24 Jan. erschienen, die Wahl der Abgeordne-
ten im Großherzogthum zum Volkshaus der nächsten Reichsversammlung
betreffend. Nachdem erwähnt ist daß die erste Kammer ihre Zustimmung
zu dem von der Regierung vorgelegten Wahlgesetz mit einigen dabei vor-
getragenen Wünschen erklärt hat, daß aber in der zweiten Kammer der
Gegenstand Zögerungen erfuhr welche es nicht zu einer Berathung vor
Auflösung der Ständeversammlung kommen ließen, heißt es dann weiter:
"Unter den hiernach eingetretenen dringenden Umständen, in Betracht daß
es nicht in der Möglichkeit gegeben ist innerhalb zulässiger Frist den Ent-
wurf des Wahlgesetzes zu weiterer ständischer Berathung und Beschluß-
nahme zu bringen, haben Wir Uns bewogen gefunden in Gemäßheit der
in jenem Bündniß (vom 26 Mai 1849) festgestellten Grundbestimmungen
über die Wahlen der Abgeordneten zum Volkshause für das Großherzog-
thum zur Ausführung dieser Wahlen zu verordnen, wie folgt."

Hansestädte.

Der Nestor unseres Frei-
staats, Bürgermeister Johann Heinrich Bartels, ist gegen 7 Uhr in einem
Alter von beinahe 90 Jahren aus diesem Leben geschieden.

H. Braunschweig.

Der zweite Wahl-
bezirk hat den Geheimenrath Langerfeldt; der dritte den Finanzdirector
v. Thielau nach Erfurt gewählt.

[Spaltenumbruch]
Preußen.

Unsere Kammern werden Ruf be-
kommen durch ihre Nachtsitzungen. Ihr Licht am Tage leuchtete nicht hell
genug. Der denkwürdigen der zweiten vom Sonnabend (26) zum Sonn-
tag folgte gestern die Nachtsitzung der ersten, welche erst heute Morgen
um 2 Uhr schloß, und die Annahme der sämmtlichen Beschlüsse jener in
Bausch und Bogen über die Königsbotschaft zur Folge hatte. Schon die
vorangängige Tagessitzung war merkwürdig. Noch in keiner haben sich
die Parteiführer mit so unumwundener Freimüthigkeit ausgesprochen,
was eine gewisse plastische Heiterkeit hervorbrachte, obschon im Grund
der Herzen nicht viel heiteres war. Selbst das endliche Resultat war
noch keineswegs vorauszusehen und widersprach den Gerüchten welche
gestern den Tag über umliefen. Es hieß, der König werde die Verfassung
nicht beschwören, nachdem seine Hauptforderung durch das Arnim'sche
Amendement so gut als illusorisch gemacht war. War dieß Wille ge-
worden, so konnte man auch annehmen daß die erste Kammer die Be-
schlüsse der zweiten nicht in Bausch und Bogen annehmen würde. Man
konnte hier schon auf Oeffnung einer Hinterthür gefaßt seyn die, wenig-
stens in Bezug auß die Fideicommisse, zu einer Octroyirung führte, welche
in diesem Fall kaum etwas auffälliges gehabt hätte. Es ward anders.
Die Minister sind fester geworden. Walter trat, in der Morgensitzung,
merkwürdigerweise als Wortredner des protestantischen Königthums, wie
es in Preußen sich ausgebildet, auf. Das Königthum, sagte er, ist in
Preußen eine so mit dem Volksleben verwachsene Individualität daß die
Verfassung nur dann ins letztere aufgehen kann, wenn das erstere mit
vollem Bewußtseyn und Uebereinstimmung die Hand dazu bietet! Wer
bestreitet es ihm! Vorsichtig bemerkte er aber, die preußische Krone sey
nicht so göttlichen Ursprungs daß|sie vor dem 5 Dec. unfehlbar gewesen wäre.
Doch stehe sie auch nicht so tief unter diesem, um ihre beste Ueberzeugung
jetzt einer falschen Consequenz opfern zu müssen. v. Ammon erklärte sich
geleitet von der festen Ueberzeugung daß die Regierung nicht länger ab-
hängig seyn solle von einem, wenn auch wohlwollenden, doch nur ein-
zelnen Willen. Diese Ueberzeugung habe ihn nach Berlin geführt. Durch
die Gründung einer Pairie, die ohne Boden im Volke, schließe man keine
Revolution, so decke man sie nur zu. Man habe mit Nichtbeeidung ge-
droht. Das sey das Werk der Partei die Mißtrauen gesät zwischen König
und Volk, und dafür Fluch und Thränen ernten werde, der Partei die
Christum im Mund, aber Stolz und Arglist im Herzen führe! Bravos
und Zischen waren heftig. Baumstark wies den Vorwurf von sich daß
seine Partei auf den Beifall der Umsturzmänner rechne. Er sey ihnen
gleichgültig, aber er erinnerte daran, wer damals in die Bresche trat,
um dem Königthum Zeit zur Kräftigung zu verschaffen, in der Zeit wo
alles dem Menschen Heilige in Gefahr war? Die damals sechs Monate
isolirt dastanden, hätten den Vorwurf nicht zu scheuen. Mit Verläugnung
ihrer Ansichten hätten sie der Octroyirung beigestimmt, bis dann, beim
warmen Frühlingsschein, die Creaturen erwacht und die Amphibien wie-
der vorgekrochen seyen. Die Regierung habe nicht mehr auf den Rath
ihrer Freunde gehört. Die Propositionen werden die Umsturzpartei nicht
bändigen; im Fortschreiten der Verfassung würde sich vielleicht der poli-
tische Boden für eine Pairie gestaltet haben; die, welche man octroyire,
habe ihn nicht, sie binde dem König nur eine Ruthe auf, ihn hindernd in
der Ausübung seiner Machtvollkommenheit. Minister Manteuffel er-
wiederte, das Ministerium habe mit dem Amphibiengeschlecht, das im Sumpf
vegetire, nichts zu thun, aber die Botschaft müsse es vertreten. v. Gerlach
knüpfte seine Rede an die Walter'sche Vindication der Macht des König-
thums an: das starke auf altes Recht basirte Königthum sey Preußens
einziges Fundament, wenn auch alle Verfassungen fehlten, zum soliden
Ausbau des künftigen Staats. Frankreich fehle dieses Königthum, aber
es sey Großmacht geblieben; Preußen würde ganz aufhören. Das sey
der Grund der ungeheuren Popularität des Königthums. Dann folgte
die Gerlach'sche Charakteristrung eines constitutionellen Königs, der
"glaubenslos, also charakterlos, willenslos, glücklich balancire zwischen
den heute schwarzen, morgen weißen Majoritäten." Die Botschaft sey
die Rückkehr zur Wahrheit, sie sage sich "entschieden los von der Charte
des 5 Dec." (ein lebhaftes Hört! Hört! unterbrach hier den aufrichtigen
Redner), sie werde auch nicht ohne Rückwirkung bleiben auf das Werk
des 26 Mai (Hört!), aber -- die Amendements welche die zweite Kammer
mit den Ministern angenommen, verschlimmerten die Botschaft dermaßen
daß er jetzt gegen dieselbe votiren müsse. Die Aufhebung der Fidei-
commisse sey noch das geringste, obgleich "viele Standesherren deßhalb
bereits an Auswanderung denken." (!) Man schaffe, aber man traue
seinem Geschöpfe nicht, und man tödte die Mutter, welche das Geschöpf
im Schooße trägt. Man mache das ganze Institut lächerlich! (Ein un-
geheures Bravo!) Die fundamentalsten Lebensfragen behalte man sich
vor, und vollendet sey damit der unauslöschliche Stempel von Nullität
unserer constitutionellen Zustände. Verhängnißvoll genug sey das Amen-

[Spaltenumbruch] rung, wegen der Sprengung der Nationalverſammlung, in Ausdrücken
welche unbedingt als Injurien gelten mußten; die Maßregel war als
„ruchloſes Verbrechen“ bezeichnet. Bei denjenigen fünf Geſchwornen welche
hierin ein Nichtſchuldig ausſprachen, war offenbar die Rückſicht vorherr-
ſchend, eine leidenſchaftliche Sprache ſey wegen der damaligen Aufregung
jetzt nicht mehr zu beachten, weil ähnliche Schmähungen in den Volksver-
ſammlungen und in der Localpreſſe damals an der Tagesordnung waren;
einen Einzelnen dürfe man nicht aus der Maſſe hervorheben und gewiſſer-
maßen für andere büßen laſſen; darüber wurde das Weſen des Falls ſelbſt
außer Acht gelaſſen. Der Bertheidiger des Angeklagten, Schoder, hatte
in einer längern und mit vielem Geſchick durchgeführten Darlegung haupt-
ſächlich auf Berückſichtigung dieſer Auffaſſung hingewirkt; er war in der-
ſelben zu jenem Zweck auf 1848 zurückgegangen, um durch Beiſpiele die
Anſicht bei den Geſchwornen hervorzurufen daß man bei lebhafter Aufre-
gung einer heftigen Sprache ſpäter nicht Rechnung tragen dürfe. Die zweite
Freiſprechung war bei der Art begründet wie die Anklage geſtellt war.
Sie betraf eine Art politiſchen Glaubensbekenntniſſes in der Sprache des
Katechismus; wegen dieſer äußern Form war auf Verſpottung der Re-
ligion geklagt worden, die dem Inhalt des Artikels nicht entſprach. Letz-
terer enthielt dagegen eine Majeſtätsbeleidigung: da die Anklage darauf
nicht geſtellt war, konnten auch die Geſchwornen darüber nicht erkennen;
da aber die Entſcheidung von einer Stimme abhing, ſo konnte das Ver-
dict bei anderer Faſſung der Klage anders ausfallen. In den übrigen
Fällen, worin vorher von den Geſchwornen erkannt wurde, iſt die Ent-
ſcheidung auch nach dem Urtheil von Juriſten richtig ausgefallen; in einem
Fall wo Bedenken erhoben werden könnten, beruhte dieß höchſtens auf der
Stellung der Fragen, indem die Geſchwornen eine Anſicht gehabt zu ha-
ben ſcheinen auf welche bei der Vorlegung der Fragen nicht vorher Rück-
ficht genommen war.

Wie weit man in dem alles Vertrauen vollends untergrabenden
Lügen- und Verdächtigungsſyſtem von einer gewiſſen Seite her zu
gehen entſchloſſen iſt, kommt immer unerfreulicher zu Tage. In Nr.
18 und 23 der Ulmer Kronik war eines Gerüchts erwähnt nach wel-
chem die vorigen Miniſter Duvernoy und Goppelt ſeiner Zeit im Miniſter-
rath für Einſetzung einer proviſoriſchen Regierung geſtimmt haben ſollten.
Hiegegen bringt die heutige Kronik folgende, von den beiden Angegriffe-
nen unterzeichnete Reclamation vom 28 Jan.: „Da dieſe Behauptung,
wenn je auf etwas, auf die Aeußerung eines Mitglieds des früheren Mi-
niſteriums ſich ſtützen müßte, welche unſerer feſten Ueberzeugung nach
nicht ſtattgefunden haben kann, und da über den angedeuteten Plan über-
haupt gar nie vom Geſammtminiſterium Berathung gepflogen wurde, ſo
müſſen wir den Urheber dieſes Gerüchts für einen böswilligen Verleum-
der halten, und erſuchen jeden Ehrenmann dem dasſelbe zu Ohren gekom-
men iſt, uns zur Entdeckung der Quelle behülflich zu ſeyn.“ Hiezu macht
ſofort die Redaction der Ulmer Kronik folgende Anmerkung: „Indem die
Redaction der Ulmer Kronik keinen Anſtand nimmt den HH. Einſendern
zur Widerlegung des über ihr Benehmen in der fraglichen Sache beſtehen-
den Gerüchts ihre Spalten zu öffnen, glaubt ſie (ohne alle Animoſität,
durch welche ſich obige Erklärung auszeichnet) bemerken zu müſſen daß
dieſe Herren zur Erreichung ihres Zweckes|, |ſich in den Augen des Publi-
cums zu reinigen, der Unterſchrift aller Mitglieder des vorigen Cabinets
bedurft hätten, was indeſſen immerhin noch möglich iſt und was man einſt-
weilen abwarten muß.“ (Württ. Ztg.)

Gr. Heſſen.

Im geſtrigen Regierungsblatt
iſt die Verordnung vom 24 Jan. erſchienen, die Wahl der Abgeordne-
ten im Großherzogthum zum Volkshaus der nächſten Reichsverſammlung
betreffend. Nachdem erwähnt iſt daß die erſte Kammer ihre Zuſtimmung
zu dem von der Regierung vorgelegten Wahlgeſetz mit einigen dabei vor-
getragenen Wünſchen erklärt hat, daß aber in der zweiten Kammer der
Gegenſtand Zögerungen erfuhr welche es nicht zu einer Berathung vor
Auflöſung der Ständeverſammlung kommen ließen, heißt es dann weiter:
„Unter den hiernach eingetretenen dringenden Umſtänden, in Betracht daß
es nicht in der Möglichkeit gegeben iſt innerhalb zuläſſiger Friſt den Ent-
wurf des Wahlgeſetzes zu weiterer ſtändiſcher Berathung und Beſchluß-
nahme zu bringen, haben Wir Uns bewogen gefunden in Gemäßheit der
in jenem Bündniß (vom 26 Mai 1849) feſtgeſtellten Grundbeſtimmungen
über die Wahlen der Abgeordneten zum Volkshauſe für das Großherzog-
thum zur Ausführung dieſer Wahlen zu verordnen, wie folgt.“

Hanſeſtädte.

Der Neſtor unſeres Frei-
ſtaats, Bürgermeiſter Johann Heinrich Bartels, iſt gegen 7 Uhr in einem
Alter von beinahe 90 Jahren aus dieſem Leben geſchieden.

H. Braunſchweig.

Der zweite Wahl-
bezirk hat den Geheimenrath Langerfeldt; der dritte den Finanzdirector
v. Thielau nach Erfurt gewählt.

[Spaltenumbruch]
Preußen.

Unſere Kammern werden Ruf be-
kommen durch ihre Nachtſitzungen. Ihr Licht am Tage leuchtete nicht hell
genug. Der denkwürdigen der zweiten vom Sonnabend (26) zum Sonn-
tag folgte geſtern die Nachtſitzung der erſten, welche erſt heute Morgen
um 2 Uhr ſchloß, und die Annahme der ſämmtlichen Beſchlüſſe jener in
Bauſch und Bogen über die Königsbotſchaft zur Folge hatte. Schon die
vorangängige Tagesſitzung war merkwürdig. Noch in keiner haben ſich
die Parteiführer mit ſo unumwundener Freimüthigkeit ausgeſprochen,
was eine gewiſſe plaſtiſche Heiterkeit hervorbrachte, obſchon im Grund
der Herzen nicht viel heiteres war. Selbſt das endliche Reſultat war
noch keineswegs vorauszuſehen und widerſprach den Gerüchten welche
geſtern den Tag über umliefen. Es hieß, der König werde die Verfaſſung
nicht beſchwören, nachdem ſeine Hauptforderung durch das Arnim’ſche
Amendement ſo gut als illuſoriſch gemacht war. War dieß Wille ge-
worden, ſo konnte man auch annehmen daß die erſte Kammer die Be-
ſchlüſſe der zweiten nicht in Bauſch und Bogen annehmen würde. Man
konnte hier ſchon auf Oeffnung einer Hinterthür gefaßt ſeyn die, wenig-
ſtens in Bezug auß die Fideicommiſſe, zu einer Octroyirung führte, welche
in dieſem Fall kaum etwas auffälliges gehabt hätte. Es ward anders.
Die Miniſter ſind feſter geworden. Walter trat, in der Morgenſitzung,
merkwürdigerweiſe als Wortredner des proteſtantiſchen Königthums, wie
es in Preußen ſich ausgebildet, auf. Das Königthum, ſagte er, iſt in
Preußen eine ſo mit dem Volksleben verwachſene Individualität daß die
Verfaſſung nur dann ins letztere aufgehen kann, wenn das erſtere mit
vollem Bewußtſeyn und Uebereinſtimmung die Hand dazu bietet! Wer
beſtreitet es ihm! Vorſichtig bemerkte er aber, die preußiſche Krone ſey
nicht ſo göttlichen Urſprungs daß|ſie vor dem 5 Dec. unfehlbar geweſen wäre.
Doch ſtehe ſie auch nicht ſo tief unter dieſem, um ihre beſte Ueberzeugung
jetzt einer falſchen Conſequenz opfern zu müſſen. v. Ammon erklärte ſich
geleitet von der feſten Ueberzeugung daß die Regierung nicht länger ab-
hängig ſeyn ſolle von einem, wenn auch wohlwollenden, doch nur ein-
zelnen Willen. Dieſe Ueberzeugung habe ihn nach Berlin geführt. Durch
die Gründung einer Pairie, die ohne Boden im Volke, ſchließe man keine
Revolution, ſo decke man ſie nur zu. Man habe mit Nichtbeeidung ge-
droht. Das ſey das Werk der Partei die Mißtrauen geſät zwiſchen König
und Volk, und dafür Fluch und Thränen ernten werde, der Partei die
Chriſtum im Mund, aber Stolz und Argliſt im Herzen führe! Bravos
und Ziſchen waren heftig. Baumſtark wies den Vorwurf von ſich daß
ſeine Partei auf den Beifall der Umſturzmänner rechne. Er ſey ihnen
gleichgültig, aber er erinnerte daran, wer damals in die Breſche trat,
um dem Königthum Zeit zur Kräftigung zu verſchaffen, in der Zeit wo
alles dem Menſchen Heilige in Gefahr war? Die damals ſechs Monate
iſolirt daſtanden, hätten den Vorwurf nicht zu ſcheuen. Mit Verläugnung
ihrer Anſichten hätten ſie der Octroyirung beigeſtimmt, bis dann, beim
warmen Frühlingsſchein, die Creaturen erwacht und die Amphibien wie-
der vorgekrochen ſeyen. Die Regierung habe nicht mehr auf den Rath
ihrer Freunde gehört. Die Propoſitionen werden die Umſturzpartei nicht
bändigen; im Fortſchreiten der Verfaſſung würde ſich vielleicht der poli-
tiſche Boden für eine Pairie geſtaltet haben; die, welche man octroyire,
habe ihn nicht, ſie binde dem König nur eine Ruthe auf, ihn hindernd in
der Ausübung ſeiner Machtvollkommenheit. Miniſter Manteuffel er-
wiederte, das Miniſterium habe mit dem Amphibiengeſchlecht, das im Sumpf
vegetire, nichts zu thun, aber die Botſchaft müſſe es vertreten. v. Gerlach
knüpfte ſeine Rede an die Walter’ſche Vindication der Macht des König-
thums an: das ſtarke auf altes Recht baſirte Königthum ſey Preußens
einziges Fundament, wenn auch alle Verfaſſungen fehlten, zum ſoliden
Ausbau des künftigen Staats. Frankreich fehle dieſes Königthum, aber
es ſey Großmacht geblieben; Preußen würde ganz aufhören. Das ſey
der Grund der ungeheuren Popularität des Königthums. Dann folgte
die Gerlach’ſche Charakteriſtrung eines conſtitutionellen Königs, der
„glaubenslos, alſo charakterlos, willenslos, glücklich balancire zwiſchen
den heute ſchwarzen, morgen weißen Majoritäten.“ Die Botſchaft ſey
die Rückkehr zur Wahrheit, ſie ſage ſich „entſchieden los von der Charte
des 5 Dec.“ (ein lebhaftes Hört! Hört! unterbrach hier den aufrichtigen
Redner), ſie werde auch nicht ohne Rückwirkung bleiben auf das Werk
des 26 Mai (Hört!), aber — die Amendements welche die zweite Kammer
mit den Miniſtern angenommen, verſchlimmerten die Botſchaft dermaßen
daß er jetzt gegen dieſelbe votiren müſſe. Die Aufhebung der Fidei-
commiſſe ſey noch das geringſte, obgleich „viele Standesherren deßhalb
bereits an Auswanderung denken.“ (!) Man ſchaffe, aber man traue
ſeinem Geſchöpfe nicht, und man tödte die Mutter, welche das Geſchöpf
im Schooße trägt. Man mache das ganze Inſtitut lächerlich! (Ein un-
geheures Bravo!) Die fundamentalſten Lebensfragen behalte man ſich
vor, und vollendet ſey damit der unauslöſchliche Stempel von Nullität
unſerer conſtitutionellen Zuſtände. Verhängnißvoll genug ſey das Amen-

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[562/0002] rung, wegen der Sprengung der Nationalverſammlung, in Ausdrücken welche unbedingt als Injurien gelten mußten; die Maßregel war als „ruchloſes Verbrechen“ bezeichnet. Bei denjenigen fünf Geſchwornen welche hierin ein Nichtſchuldig ausſprachen, war offenbar die Rückſicht vorherr- ſchend, eine leidenſchaftliche Sprache ſey wegen der damaligen Aufregung jetzt nicht mehr zu beachten, weil ähnliche Schmähungen in den Volksver- ſammlungen und in der Localpreſſe damals an der Tagesordnung waren; einen Einzelnen dürfe man nicht aus der Maſſe hervorheben und gewiſſer- maßen für andere büßen laſſen; darüber wurde das Weſen des Falls ſelbſt außer Acht gelaſſen. Der Bertheidiger des Angeklagten, Schoder, hatte in einer längern und mit vielem Geſchick durchgeführten Darlegung haupt- ſächlich auf Berückſichtigung dieſer Auffaſſung hingewirkt; er war in der- ſelben zu jenem Zweck auf 1848 zurückgegangen, um durch Beiſpiele die Anſicht bei den Geſchwornen hervorzurufen daß man bei lebhafter Aufre- gung einer heftigen Sprache ſpäter nicht Rechnung tragen dürfe. Die zweite Freiſprechung war bei der Art begründet wie die Anklage geſtellt war. Sie betraf eine Art politiſchen Glaubensbekenntniſſes in der Sprache des Katechismus; wegen dieſer äußern Form war auf Verſpottung der Re- ligion geklagt worden, die dem Inhalt des Artikels nicht entſprach. Letz- terer enthielt dagegen eine Majeſtätsbeleidigung: da die Anklage darauf nicht geſtellt war, konnten auch die Geſchwornen darüber nicht erkennen; da aber die Entſcheidung von einer Stimme abhing, ſo konnte das Ver- dict bei anderer Faſſung der Klage anders ausfallen. In den übrigen Fällen, worin vorher von den Geſchwornen erkannt wurde, iſt die Ent- ſcheidung auch nach dem Urtheil von Juriſten richtig ausgefallen; in einem Fall wo Bedenken erhoben werden könnten, beruhte dieß höchſtens auf der Stellung der Fragen, indem die Geſchwornen eine Anſicht gehabt zu ha- ben ſcheinen auf welche bei der Vorlegung der Fragen nicht vorher Rück- ficht genommen war. Wie weit man in dem alles Vertrauen vollends untergrabenden Lügen- und Verdächtigungsſyſtem von einer gewiſſen Seite her zu gehen entſchloſſen iſt, kommt immer unerfreulicher zu Tage. In Nr. 18 und 23 der Ulmer Kronik war eines Gerüchts erwähnt nach wel- chem die vorigen Miniſter Duvernoy und Goppelt ſeiner Zeit im Miniſter- rath für Einſetzung einer proviſoriſchen Regierung geſtimmt haben ſollten. Hiegegen bringt die heutige Kronik folgende, von den beiden Angegriffe- nen unterzeichnete Reclamation vom 28 Jan.: „Da dieſe Behauptung, wenn je auf etwas, auf die Aeußerung eines Mitglieds des früheren Mi- niſteriums ſich ſtützen müßte, welche unſerer feſten Ueberzeugung nach nicht ſtattgefunden haben kann, und da über den angedeuteten Plan über- haupt gar nie vom Geſammtminiſterium Berathung gepflogen wurde, ſo müſſen wir den Urheber dieſes Gerüchts für einen böswilligen Verleum- der halten, und erſuchen jeden Ehrenmann dem dasſelbe zu Ohren gekom- men iſt, uns zur Entdeckung der Quelle behülflich zu ſeyn.“ Hiezu macht ſofort die Redaction der Ulmer Kronik folgende Anmerkung: „Indem die Redaction der Ulmer Kronik keinen Anſtand nimmt den HH. Einſendern zur Widerlegung des über ihr Benehmen in der fraglichen Sache beſtehen- den Gerüchts ihre Spalten zu öffnen, glaubt ſie (ohne alle Animoſität, durch welche ſich obige Erklärung auszeichnet) bemerken zu müſſen daß dieſe Herren zur Erreichung ihres Zweckes|, |ſich in den Augen des Publi- cums zu reinigen, der Unterſchrift aller Mitglieder des vorigen Cabinets bedurft hätten, was indeſſen immerhin noch möglich iſt und was man einſt- weilen abwarten muß.“ (Württ. Ztg.) Gr. Heſſen.Darmſtadt, 1 Febr. Im geſtrigen Regierungsblatt iſt die Verordnung vom 24 Jan. erſchienen, die Wahl der Abgeordne- ten im Großherzogthum zum Volkshaus der nächſten Reichsverſammlung betreffend. Nachdem erwähnt iſt daß die erſte Kammer ihre Zuſtimmung zu dem von der Regierung vorgelegten Wahlgeſetz mit einigen dabei vor- getragenen Wünſchen erklärt hat, daß aber in der zweiten Kammer der Gegenſtand Zögerungen erfuhr welche es nicht zu einer Berathung vor Auflöſung der Ständeverſammlung kommen ließen, heißt es dann weiter: „Unter den hiernach eingetretenen dringenden Umſtänden, in Betracht daß es nicht in der Möglichkeit gegeben iſt innerhalb zuläſſiger Friſt den Ent- wurf des Wahlgeſetzes zu weiterer ſtändiſcher Berathung und Beſchluß- nahme zu bringen, haben Wir Uns bewogen gefunden in Gemäßheit der in jenem Bündniß (vom 26 Mai 1849) feſtgeſtellten Grundbeſtimmungen über die Wahlen der Abgeordneten zum Volkshauſe für das Großherzog- thum zur Ausführung dieſer Wahlen zu verordnen, wie folgt.“ Hanſeſtädte.Hamburg, 1 Febr. Der Neſtor unſeres Frei- ſtaats, Bürgermeiſter Johann Heinrich Bartels, iſt gegen 7 Uhr in einem Alter von beinahe 90 Jahren aus dieſem Leben geſchieden. H. Braunſchweig.Braunſchweig, 1 Febr. Der zweite Wahl- bezirk hat den Geheimenrath Langerfeldt; der dritte den Finanzdirector v. Thielau nach Erfurt gewählt. Preußen.∸ Berlin, 30 Jan. Unſere Kammern werden Ruf be- kommen durch ihre Nachtſitzungen. Ihr Licht am Tage leuchtete nicht hell genug. Der denkwürdigen der zweiten vom Sonnabend (26) zum Sonn- tag folgte geſtern die Nachtſitzung der erſten, welche erſt heute Morgen um 2 Uhr ſchloß, und die Annahme der ſämmtlichen Beſchlüſſe jener in Bauſch und Bogen über die Königsbotſchaft zur Folge hatte. Schon die vorangängige Tagesſitzung war merkwürdig. Noch in keiner haben ſich die Parteiführer mit ſo unumwundener Freimüthigkeit ausgeſprochen, was eine gewiſſe plaſtiſche Heiterkeit hervorbrachte, obſchon im Grund der Herzen nicht viel heiteres war. Selbſt das endliche Reſultat war noch keineswegs vorauszuſehen und widerſprach den Gerüchten welche geſtern den Tag über umliefen. Es hieß, der König werde die Verfaſſung nicht beſchwören, nachdem ſeine Hauptforderung durch das Arnim’ſche Amendement ſo gut als illuſoriſch gemacht war. War dieß Wille ge- worden, ſo konnte man auch annehmen daß die erſte Kammer die Be- ſchlüſſe der zweiten nicht in Bauſch und Bogen annehmen würde. Man konnte hier ſchon auf Oeffnung einer Hinterthür gefaßt ſeyn die, wenig- ſtens in Bezug auß die Fideicommiſſe, zu einer Octroyirung führte, welche in dieſem Fall kaum etwas auffälliges gehabt hätte. Es ward anders. Die Miniſter ſind feſter geworden. Walter trat, in der Morgenſitzung, merkwürdigerweiſe als Wortredner des proteſtantiſchen Königthums, wie es in Preußen ſich ausgebildet, auf. Das Königthum, ſagte er, iſt in Preußen eine ſo mit dem Volksleben verwachſene Individualität daß die Verfaſſung nur dann ins letztere aufgehen kann, wenn das erſtere mit vollem Bewußtſeyn und Uebereinſtimmung die Hand dazu bietet! Wer beſtreitet es ihm! Vorſichtig bemerkte er aber, die preußiſche Krone ſey nicht ſo göttlichen Urſprungs daß|ſie vor dem 5 Dec. unfehlbar geweſen wäre. Doch ſtehe ſie auch nicht ſo tief unter dieſem, um ihre beſte Ueberzeugung jetzt einer falſchen Conſequenz opfern zu müſſen. v. Ammon erklärte ſich geleitet von der feſten Ueberzeugung daß die Regierung nicht länger ab- hängig ſeyn ſolle von einem, wenn auch wohlwollenden, doch nur ein- zelnen Willen. Dieſe Ueberzeugung habe ihn nach Berlin geführt. Durch die Gründung einer Pairie, die ohne Boden im Volke, ſchließe man keine Revolution, ſo decke man ſie nur zu. Man habe mit Nichtbeeidung ge- droht. Das ſey das Werk der Partei die Mißtrauen geſät zwiſchen König und Volk, und dafür Fluch und Thränen ernten werde, der Partei die Chriſtum im Mund, aber Stolz und Argliſt im Herzen führe! Bravos und Ziſchen waren heftig. Baumſtark wies den Vorwurf von ſich daß ſeine Partei auf den Beifall der Umſturzmänner rechne. Er ſey ihnen gleichgültig, aber er erinnerte daran, wer damals in die Breſche trat, um dem Königthum Zeit zur Kräftigung zu verſchaffen, in der Zeit wo alles dem Menſchen Heilige in Gefahr war? Die damals ſechs Monate iſolirt daſtanden, hätten den Vorwurf nicht zu ſcheuen. Mit Verläugnung ihrer Anſichten hätten ſie der Octroyirung beigeſtimmt, bis dann, beim warmen Frühlingsſchein, die Creaturen erwacht und die Amphibien wie- der vorgekrochen ſeyen. Die Regierung habe nicht mehr auf den Rath ihrer Freunde gehört. Die Propoſitionen werden die Umſturzpartei nicht bändigen; im Fortſchreiten der Verfaſſung würde ſich vielleicht der poli- tiſche Boden für eine Pairie geſtaltet haben; die, welche man octroyire, habe ihn nicht, ſie binde dem König nur eine Ruthe auf, ihn hindernd in der Ausübung ſeiner Machtvollkommenheit. Miniſter Manteuffel er- wiederte, das Miniſterium habe mit dem Amphibiengeſchlecht, das im Sumpf vegetire, nichts zu thun, aber die Botſchaft müſſe es vertreten. v. Gerlach knüpfte ſeine Rede an die Walter’ſche Vindication der Macht des König- thums an: das ſtarke auf altes Recht baſirte Königthum ſey Preußens einziges Fundament, wenn auch alle Verfaſſungen fehlten, zum ſoliden Ausbau des künftigen Staats. Frankreich fehle dieſes Königthum, aber es ſey Großmacht geblieben; Preußen würde ganz aufhören. Das ſey der Grund der ungeheuren Popularität des Königthums. Dann folgte die Gerlach’ſche Charakteriſtrung eines conſtitutionellen Königs, der „glaubenslos, alſo charakterlos, willenslos, glücklich balancire zwiſchen den heute ſchwarzen, morgen weißen Majoritäten.“ Die Botſchaft ſey die Rückkehr zur Wahrheit, ſie ſage ſich „entſchieden los von der Charte des 5 Dec.“ (ein lebhaftes Hört! Hört! unterbrach hier den aufrichtigen Redner), ſie werde auch nicht ohne Rückwirkung bleiben auf das Werk des 26 Mai (Hört!), aber — die Amendements welche die zweite Kammer mit den Miniſtern angenommen, verſchlimmerten die Botſchaft dermaßen daß er jetzt gegen dieſelbe votiren müſſe. Die Aufhebung der Fidei- commiſſe ſey noch das geringſte, obgleich „viele Standesherren deßhalb bereits an Auswanderung denken.“ (!) Man ſchaffe, aber man traue ſeinem Geſchöpfe nicht, und man tödte die Mutter, welche das Geſchöpf im Schooße trägt. Man mache das ganze Inſtitut lächerlich! (Ein un- geheures Bravo!) Die fundamentalſten Lebensfragen behalte man ſich vor, und vollendet ſey damit der unauslöſchliche Stempel von Nullität unſerer conſtitutionellen Zuſtände. Verhängnißvoll genug ſey das Amen-

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 36, 5. Februar 1850, S. 562. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine36_1850/2>, abgerufen am 17.06.2024.