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Allgemeine Zeitung, Nr. 95, 5. April 1849.

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[Spaltenumbruch] des sogenannten Werften-Bataillons verwendet worden. An der Tags-
ordnung war dann die weitere Berathung über die von Lord John Russell
beantragte zweite Lefung der Bill behufs einer Extra-Umlage zur Unter-
flützung der irischen Armen (Poor law rate-in-aid bill). Die irischen Grund-
eigenthümer, denen diese Bill in den Säckel greift, beharren bei ihrer hart-
näckigen Opposition, welche die Times mit der Bemerkung kenn zeichnet: "Als
die Einkommensteuer für England und Schottland eingeführt wurde, fanden
die Gutsherren von Nord-Irland dieß ganz in der Ordnung, indem sie
sagten: "Wir armen Irländer könnten diese Taxe nicht tragen;" jetzt, wo
die Einkommensteuer in milderem Maße auf sie ausgedehnt werden soll,
rufen sie: sie seyen keine Irländer, sondern Engländer die nur zufällig in
Irland wohnen!"
Sir R. Peel unterstützte das Ministerium in einer
seiner besten Reden -- einer Rede voll Mitgefühl für das irische Volk und
seine Leiden, wobei er auf seinen mehrerwähnten Gedanken zurückkam daß
Irland nur dann zu helfen sey wenn die überschuldeten Güter in die Hände
besserer Wirthe übergeben.

In Southampton ist eine westindische Post mit dem Dampfboot
"Dee" eingelaufen, welches außer einer reichen Waarenladung gegen 21/2
Millionen Dollars an Bord hatte. Die Inseln waren ruhig, ebenso
Mexico, wo die Regierung Festigkeit und Vertrauen gewinnt.

Der rühmlich bekannte Thiermaler Bateman ist, erst 35 Jahre alt,
in London gestorben.

Frankreich.

Der Proceß in Bourges hat eine unerwartete Wendung genommen.
Der flüchtige Hauptangeklagte Huber, derselbe der die Auflösung der Na-
tionalversammlung ausgesprochen hatte und der seitdem als Naderer ver-
dächtig geworden war, hat sich am 31 März freiwillig gestellt.

Eine Rede von Hrn. Thiers war sonst ein Ereigniß, Freund und
Feind bewunderter diesen leichten Redefluß, diese Gewandtheit die verwi-
ckeltsten Dinge auf einfache Fragen zurückzuführen und dem gesunden Ver-
stand eines jeden mundgerecht zu machen. In der Nationalversammlung
genießt er nicht mehr diese Gunst, die demokratischen Ueberspanntheiten
sind jedoch bereits soweit abgeschwächt daß er sich nicht nur Gehör ver-
schafft, sondern daß man ihn großentheils gern, mit Interesse hört. In
der Debatte über Italien hatte ihn Hr. Ledru-Rollin herausgefordert, und
daran knüpfte er sein Auftreten, aber nicht allein. Die Frage, sagte er, sey
eine ernste, sie bedürfe der Aufklärung, und jeder habe die Pflicht den
Tribut seiner Einsicht beizutragen. Ohne einen Angriff des Hrn. Ledru-
Rollin gering zu achten hätte er sich dadurch allein nicht bewegen lassen
das Wort zu ergreifen, allein er habe auch einige Erfahrung und könne
vielleicht dadurch nützlich seyn. Weil er und seine Freunde vor Jahren
die Räumung Ancona's bedauert hätten, werde behauptet müßten sie con-
sequenterweise die Politik des Hrn. Ledru-Rollin unterstützen. Das heiße
sehr verschiedene Dinge verwechseln. Das sey wie wenn er deßwegen ein
demokratischer Republicaner seyn müßte weil er unter der vorigen Regie-
rung in den Reihen der Opposition gestanden. Diese Politik wäre der
Krieg. Italien sey unterlegen (Aufschrei links), ja unterlegen, hoffentlich
nicht für immer, aber wohl für lange Zeit. Man solle nicht mit leeren
Worten daher kommen, müsse wissen was man wolle. So würde er an
einem von Ministern umgebenen Tisch reden: Ihr beriest euch auf das
Decret vom 24 Mai, auf dieses Decret das den Bruderbund mit Deutsch-
land, die Herstellung Polens, die Befreiung Italiens verkündigt. Dieß
ist der Krieg. Ihr wollt offenbar Oesterreich die Lombardei und Venedig
entreißen -- könnt ihr zweifeln daß das der Krieg ist? Allein der Krieg
mit Oesterreich, sagt ihr, was liegt daran? Täuscht euch nicht, der Krieg
mit Oesterreich ist eine ernste Sache, selbst wenn es allein steht, aber ist
einer unter euch der glaubt Oesterreich werde allein stehen? Ihr die ihr
beständig an Coalitionen glaubt, seht ihr nicht hier wie Rußland hinter
Oesterreich steht? Ihr schmeichelt euch mit der Allianz der Völker? Trau-
rige Täuschung! Als Oesterreich beschloß Ungarn zu bekriegen, sagtet ihr
auch die Ungarn, die eine Abtheilung des österreichischen Heers bilden,
würden sich nicht schlagen. Nun, wie haben sie sich gehalten? Die ganze
Welt ist innigst betroffen von den Umstürzen deren Augenzeuge sie war.
Ihr hättet für euch höchstens einige unzufriedene Menschen, die Massen
wären gegen euch. Ihr wollt uns um Italiens willen in einen allgemei-
nen Krieg verwickeln. Welches Interesse haben wir denn in Italien? Ein
Interesse des Einflusses! Darum wollt ihr das Land in das Glücksspiel des
Kriegs, vielleicht in einen unheilvollen Krieg stürzen? Das wäre eine
große Thorheit. Ich habe das Nationalgefühl so gut als ihr. Ich weiß
daß Frankreich zu andern Zeiten ganz Europa die Spitze geboten hat.
Aber bedenkt unter welchen Umständen -- als es vom Feind überzogen
war. Diese Bewegung war herrlich, sie war ein Ersatz für jämmerliche
Unfälle. Aber ist heute etwas der Art? Man beruft sich auf das Manifest
des Hrn. v. Lamartine. Erlaubt mir es zu sagen: am Tag nach der Fe-
[Spaltenumbruch] bruarrevolution habt ihr erklärt daß die Verträge von 1815 nicht mehr be-
stehen. Ich habe diese Erklärung in dem Manifest wieder gefunden, ich
habe darüber gezittert, denn ihr konntet mein Land in eine Reihe von
Drangsalen hineinführen, ich habe mich aber bald beruhigt. Die Berüh-
rung mit den Geschäften gibt oft eine Weisheit die man vorher nicht
hatte. Ich habe bald gesehen daß diese Erklärung nur eine Prahlerei war
(Widerspruch links). Mein Gott! Seyd überzeugt daß ich euch nichts
kränkendes sagen will. Ich will euch bloß sagen was die Bedeutung die-
ser Erklärung ist: Die Verträge von 1815 bestehen nicht mehr rechtlich,
sie bestehen nur noch factisch. Das hat in der Diplomatie keinen Sinn,
das ist ein Nachhall der Clubs. Die Verträge von 1815 -- ihr könnt sie
verabscheuen, aber sollt sie nicht zerreißen. Wenn ihr sie zerreißt so müßt
ihr mit dem Degen in der Hand erklären daß sie abgeschafft sind, sonst
habt ihr nichts erklärt. Ihr verlangt die Befreiung Italiens? Eine präch-
tige Gelegenheit bot sich dar, ihr ließet sie entwischen. Es war damals
als Oesterreich, geschwächt, zagend, sich geneigt zeigte auf einen Theil
von Venedig und der Lombardei zu verzichten. (Hr. Cremieux: Wann?)
Wann? Das Datum schlägt euch -- es war am 24 Mai. Ja, damals
machte Oesterreich in London seine Anerbietungen, aber in Frankreich be-
schäftigte man sich mit dem vermeintlichen Ehrgeiz Karl Alberts. Natürlich
es war ein König, welch ein Verbrechen! Man lehnt ab, und die schönste
Gelegenheit die Verträge von 1815 ohne Krieg, ohne Gefahr zu vernich-
ten läßt man so verstreichen. Die Generale Cavaignac und Lamoriciere
konnten versucht seyn den Krieg anzufangen, sie haben es nicht gethan.
Die Ungarn waren vor Wien, der Kaiser auf der Flucht, die Versuchung
für Militärs groß. Ihr guter Sinn hat sie bewahrt. Aber ihr, in die-
ser Stunde! Nochmals, das wäre eine Thorheit! Die Generationen Frank-
reichs auf alle Schlachtfelder von Europa werfen, nachdem die Illufionen
zerstört sind, das piemontesische Heer vernichtet ist, nachdem Europa sich auf
seinen alten Grundlagen wieder festsetzt. Das wäre Wahnsinn! Was
bleibt zu thun übrig? Zu unterhandeln, um das Loos der Besiegten zu
verbessern, um die Integrität Piemonts zu sichern. Man sagt das heiße
eine offene Thüre einstoßen. Seyd gerechter gegen euer Land. Der
österreichische Marschall hat an den Ufern der Sesia angehalten, er wird
nicht nach Turin ziehen, man wird bloß die Kriegskosten fordern. Glaubt
ihr daß es so wäre wenn man nicht den Einfluß des selbst entfernten
Frankreichs empfände? Alle Mächte Europa's haben in diesem Augenblick
ihre Verlegenheiten, eine einzige hat nichts verloren, sie allein könnte von
den Ereignissen und Eventualitäten die man ihr böte Nutzen ziehen. Nichts
ist jetzt in Europa so recht an seinem Platz. Führt zurück die Ordnung
im Innern, die Ordnung in den Geistern, dann werdet ihr stark seyn, stark und
beachtet draußen. Ich fordere meine Gegner auf ob sie erklären können Frank-
reich solle sich wegen einer Frage des Einflusses in einen Krieg stür-
zen? Hr. Ledru-Rollin war nach dem Rednerstuhl geeilt, konnte
aber erst nach einer Viertelstunde zum Wort kommen, da inzwischen die
Mitglieder ihre Bänke verlassen hatten und plaudernd in Gruppen herum-
standen. Der Kampf wurde jetzt mehr ein persönlicher, Replik gegen
Replik. Gegen Cavaignac bemerkte er, die provisorische Regierung habe
die Intervention gewollt als die Italiener sie nicht gewollt hätten, aber
der General, der doch nicht der bloße Arm der Nationalversammlung ge-
wesen, der, wie die vollziehende Gewalt jeder Zeit, eine Initiative ge-
habt, solle die Verantwortlichkeit nicht auf seine Vorgänger zurückweisen
wenn die von ihm angeknüpften Unterhandlungen die Verträge von 1815
zur Grundlage genommen. Hrn. Thiers aber rückte er die 800 Mill. Fr.
für Kriegsrüstungen im Jahr 1840 auf, dieser Aufwand sey lediglich auch
wegen einer Frage des Einflusses gemacht worden, und jetzt stimme
jener ein de profundis über das unglückliche Italien an, aber noch sey
die italienische Freiheit nicht verloren. Zum Beweis gab er einen höchst
übertriebenen Bericht über den Ausfall des Generals Pepe aus Venedig.
5000 Oesterreicher sollten zusammengehauen, das Land rings in Aufstand
seyn. Den unglücklichen Ausgang jenes Unternehmens hatte sein angeb-
licher Mailänder Correspondent noch nicht erfahren oder absichtlich ver-
schwiegen. Sie haben gesagt, Hr. Thiers, fuhr er fort, der Krieg mit
Oesterreich sey der Krieg mit Europa. Als Sie in einer andern Epoche
in Ihrer Weise die Ehre Frankreichs vertheidigten, was sagte Ihr Freund,
Hr. Duvergier de Hauranne? Er sagte: Man kann nicht von der Ehre
Frankreichs reden, ohne daß man sagt Europa werde sich auflehnen. Das
ist Rhetorik. Und was sagte Hr. Barrot im Jahr 1840, als man von der
Störung Europa's sprach aus Anlaß der bedrohten Ehre Frankreichs?
Er sagte die Frage sey unrichtig gefaßt, es handle sich nicht um den euro-
päischen Krieg, sondern um die Ehre Frankreichs. Sie wollen also auf uns
wirken, wie man auf Sie wirken wollte, durch die Furcht (Ja! Ja! Nein!
Nein!) Ja, es ist das Interesse Frankreichs in Piemont einzurücken, nach
dem Text unserer Depeschen, nach den Worten des Hrn. v. Lamartine, der
zu einer italienischen Deputation sagte: Sagen sie Ihren Brüdern daß sie

[Spaltenumbruch] des ſogenannten Werften-Bataillons verwendet worden. An der Tags-
ordnung war dann die weitere Berathung über die von Lord John Ruſſell
beantragte zweite Lefung der Bill behufs einer Extra-Umlage zur Unter-
flützung der iriſchen Armen (Poor law rate-in-aid bill). Die iriſchen Grund-
eigenthümer, denen dieſe Bill in den Säckel greift, beharren bei ihrer hart-
näckigen Oppoſition, welche die Times mit der Bemerkung kenn zeichnet: „Als
die Einkommenſteuer für England und Schottland eingeführt wurde, fanden
die Gutsherren von Nord-Irland dieß ganz in der Ordnung, indem ſie
ſagten: „Wir armen Irländer könnten dieſe Taxe nicht tragen;“ jetzt, wo
die Einkommenſteuer in milderem Maße auf ſie ausgedehnt werden ſoll,
rufen ſie: ſie ſeyen keine Irländer, ſondern Engländer die nur zufällig in
Irland wohnen!“
Sir R. Peel unterſtützte das Miniſterium in einer
ſeiner beſten Reden — einer Rede voll Mitgefühl für das iriſche Volk und
ſeine Leiden, wobei er auf ſeinen mehrerwähnten Gedanken zurückkam daß
Irland nur dann zu helfen ſey wenn die überſchuldeten Güter in die Hände
beſſerer Wirthe übergeben.

In Southampton iſt eine weſtindiſche Poſt mit dem Dampfboot
„Dee“ eingelaufen, welches außer einer reichen Waarenladung gegen 2½
Millionen Dollars an Bord hatte. Die Inſeln waren ruhig, ebenſo
Mexico, wo die Regierung Feſtigkeit und Vertrauen gewinnt.

Der rühmlich bekannte Thiermaler Bateman iſt, erſt 35 Jahre alt,
in London geſtorben.

Frankreich.

Der Proceß in Bourges hat eine unerwartete Wendung genommen.
Der flüchtige Hauptangeklagte Huber, derſelbe der die Auflöſung der Na-
tionalverſammlung ausgeſprochen hatte und der ſeitdem als Naderer ver-
dächtig geworden war, hat ſich am 31 März freiwillig geſtellt.

Eine Rede von Hrn. Thiers war ſonſt ein Ereigniß, Freund und
Feind bewunderter dieſen leichten Redefluß, dieſe Gewandtheit die verwi-
ckeltſten Dinge auf einfache Fragen zurückzuführen und dem geſunden Ver-
ſtand eines jeden mundgerecht zu machen. In der Nationalverſammlung
genießt er nicht mehr dieſe Gunſt, die demokratiſchen Ueberſpanntheiten
ſind jedoch bereits ſoweit abgeſchwächt daß er ſich nicht nur Gehör ver-
ſchafft, ſondern daß man ihn großentheils gern, mit Intereſſe hört. In
der Debatte über Italien hatte ihn Hr. Ledru-Rollin herausgefordert, und
daran knüpfte er ſein Auftreten, aber nicht allein. Die Frage, ſagte er, ſey
eine ernſte, ſie bedürfe der Aufklärung, und jeder habe die Pflicht den
Tribut ſeiner Einſicht beizutragen. Ohne einen Angriff des Hrn. Ledru-
Rollin gering zu achten hätte er ſich dadurch allein nicht bewegen laſſen
das Wort zu ergreifen, allein er habe auch einige Erfahrung und könne
vielleicht dadurch nützlich ſeyn. Weil er und ſeine Freunde vor Jahren
die Räumung Ancona’s bedauert hätten, werde behauptet müßten ſie con-
ſequenterweiſe die Politik des Hrn. Ledru-Rollin unterſtützen. Das heiße
ſehr verſchiedene Dinge verwechſeln. Das ſey wie wenn er deßwegen ein
demokratiſcher Republicaner ſeyn müßte weil er unter der vorigen Regie-
rung in den Reihen der Oppoſition geſtanden. Dieſe Politik wäre der
Krieg. Italien ſey unterlegen (Aufſchrei links), ja unterlegen, hoffentlich
nicht für immer, aber wohl für lange Zeit. Man ſolle nicht mit leeren
Worten daher kommen, müſſe wiſſen was man wolle. So würde er an
einem von Miniſtern umgebenen Tiſch reden: Ihr berieſt euch auf das
Decret vom 24 Mai, auf dieſes Decret das den Bruderbund mit Deutſch-
land, die Herſtellung Polens, die Befreiung Italiens verkündigt. Dieß
iſt der Krieg. Ihr wollt offenbar Oeſterreich die Lombardei und Venedig
entreißen — könnt ihr zweifeln daß das der Krieg iſt? Allein der Krieg
mit Oeſterreich, ſagt ihr, was liegt daran? Täuſcht euch nicht, der Krieg
mit Oeſterreich iſt eine ernſte Sache, ſelbſt wenn es allein ſteht, aber iſt
einer unter euch der glaubt Oeſterreich werde allein ſtehen? Ihr die ihr
beſtändig an Coalitionen glaubt, ſeht ihr nicht hier wie Rußland hinter
Oeſterreich ſteht? Ihr ſchmeichelt euch mit der Allianz der Völker? Trau-
rige Täuſchung! Als Oeſterreich beſchloß Ungarn zu bekriegen, ſagtet ihr
auch die Ungarn, die eine Abtheilung des öſterreichiſchen Heers bilden,
würden ſich nicht ſchlagen. Nun, wie haben ſie ſich gehalten? Die ganze
Welt iſt innigſt betroffen von den Umſtürzen deren Augenzeuge ſie war.
Ihr hättet für euch höchſtens einige unzufriedene Menſchen, die Maſſen
wären gegen euch. Ihr wollt uns um Italiens willen in einen allgemei-
nen Krieg verwickeln. Welches Intereſſe haben wir denn in Italien? Ein
Intereſſe des Einfluſſes! Darum wollt ihr das Land in das Glücksſpiel des
Kriegs, vielleicht in einen unheilvollen Krieg ſtürzen? Das wäre eine
große Thorheit. Ich habe das Nationalgefühl ſo gut als ihr. Ich weiß
daß Frankreich zu andern Zeiten ganz Europa die Spitze geboten hat.
Aber bedenkt unter welchen Umſtänden — als es vom Feind überzogen
war. Dieſe Bewegung war herrlich, ſie war ein Erſatz für jämmerliche
Unfälle. Aber iſt heute etwas der Art? Man beruft ſich auf das Manifeſt
des Hrn. v. Lamartine. Erlaubt mir es zu ſagen: am Tag nach der Fe-
[Spaltenumbruch] bruarrevolution habt ihr erklärt daß die Verträge von 1815 nicht mehr be-
ſtehen. Ich habe dieſe Erklärung in dem Manifeſt wieder gefunden, ich
habe darüber gezittert, denn ihr konntet mein Land in eine Reihe von
Drangſalen hineinführen, ich habe mich aber bald beruhigt. Die Berüh-
rung mit den Geſchäften gibt oft eine Weisheit die man vorher nicht
hatte. Ich habe bald geſehen daß dieſe Erklärung nur eine Prahlerei war
(Widerſpruch links). Mein Gott! Seyd überzeugt daß ich euch nichts
kränkendes ſagen will. Ich will euch bloß ſagen was die Bedeutung die-
ſer Erklärung iſt: Die Verträge von 1815 beſtehen nicht mehr rechtlich,
ſie beſtehen nur noch factiſch. Das hat in der Diplomatie keinen Sinn,
das iſt ein Nachhall der Clubs. Die Verträge von 1815 — ihr könnt ſie
verabſcheuen, aber ſollt ſie nicht zerreißen. Wenn ihr ſie zerreißt ſo müßt
ihr mit dem Degen in der Hand erklären daß ſie abgeſchafft ſind, ſonſt
habt ihr nichts erklärt. Ihr verlangt die Befreiung Italiens? Eine präch-
tige Gelegenheit bot ſich dar, ihr ließet ſie entwiſchen. Es war damals
als Oeſterreich, geſchwächt, zagend, ſich geneigt zeigte auf einen Theil
von Venedig und der Lombardei zu verzichten. (Hr. Cremieux: Wann?)
Wann? Das Datum ſchlägt euch — es war am 24 Mai. Ja, damals
machte Oeſterreich in London ſeine Anerbietungen, aber in Frankreich be-
ſchäftigte man ſich mit dem vermeintlichen Ehrgeiz Karl Alberts. Natürlich
es war ein König, welch ein Verbrechen! Man lehnt ab, und die ſchönſte
Gelegenheit die Verträge von 1815 ohne Krieg, ohne Gefahr zu vernich-
ten läßt man ſo verſtreichen. Die Generale Cavaignac und Lamoricière
konnten verſucht ſeyn den Krieg anzufangen, ſie haben es nicht gethan.
Die Ungarn waren vor Wien, der Kaiſer auf der Flucht, die Verſuchung
für Militärs groß. Ihr guter Sinn hat ſie bewahrt. Aber ihr, in die-
ſer Stunde! Nochmals, das wäre eine Thorheit! Die Generationen Frank-
reichs auf alle Schlachtfelder von Europa werfen, nachdem die Illufionen
zerſtört ſind, das piemonteſiſche Heer vernichtet iſt, nachdem Europa ſich auf
ſeinen alten Grundlagen wieder feſtſetzt. Das wäre Wahnſinn! Was
bleibt zu thun übrig? Zu unterhandeln, um das Loos der Beſiegten zu
verbeſſern, um die Integrität Piemonts zu ſichern. Man ſagt das heiße
eine offene Thüre einſtoßen. Seyd gerechter gegen euer Land. Der
öſterreichiſche Marſchall hat an den Ufern der Seſia angehalten, er wird
nicht nach Turin ziehen, man wird bloß die Kriegskoſten fordern. Glaubt
ihr daß es ſo wäre wenn man nicht den Einfluß des ſelbſt entfernten
Frankreichs empfände? Alle Mächte Europa’s haben in dieſem Augenblick
ihre Verlegenheiten, eine einzige hat nichts verloren, ſie allein könnte von
den Ereigniſſen und Eventualitäten die man ihr böte Nutzen ziehen. Nichts
iſt jetzt in Europa ſo recht an ſeinem Platz. Führt zurück die Ordnung
im Innern, die Ordnung in den Geiſtern, dann werdet ihr ſtark ſeyn, ſtark und
beachtet draußen. Ich fordere meine Gegner auf ob ſie erklären können Frank-
reich ſolle ſich wegen einer Frage des Einfluſſes in einen Krieg ſtür-
zen? Hr. Ledru-Rollin war nach dem Rednerſtuhl geeilt, konnte
aber erſt nach einer Viertelſtunde zum Wort kommen, da inzwiſchen die
Mitglieder ihre Bänke verlaſſen hatten und plaudernd in Gruppen herum-
ſtanden. Der Kampf wurde jetzt mehr ein perſönlicher, Replik gegen
Replik. Gegen Cavaignac bemerkte er, die proviſoriſche Regierung habe
die Intervention gewollt als die Italiener ſie nicht gewollt hätten, aber
der General, der doch nicht der bloße Arm der Nationalverſammlung ge-
weſen, der, wie die vollziehende Gewalt jeder Zeit, eine Initiative ge-
habt, ſolle die Verantwortlichkeit nicht auf ſeine Vorgänger zurückweiſen
wenn die von ihm angeknüpften Unterhandlungen die Verträge von 1815
zur Grundlage genommen. Hrn. Thiers aber rückte er die 800 Mill. Fr.
für Kriegsrüſtungen im Jahr 1840 auf, dieſer Aufwand ſey lediglich auch
wegen einer Frage des Einfluſſes gemacht worden, und jetzt ſtimme
jener ein de profundis über das unglückliche Italien an, aber noch ſey
die italieniſche Freiheit nicht verloren. Zum Beweis gab er einen höchſt
übertriebenen Bericht über den Ausfall des Generals Pepe aus Venedig.
5000 Oeſterreicher ſollten zuſammengehauen, das Land rings in Aufſtand
ſeyn. Den unglücklichen Ausgang jenes Unternehmens hatte ſein angeb-
licher Mailänder Correſpondent noch nicht erfahren oder abſichtlich ver-
ſchwiegen. Sie haben geſagt, Hr. Thiers, fuhr er fort, der Krieg mit
Oeſterreich ſey der Krieg mit Europa. Als Sie in einer andern Epoche
in Ihrer Weiſe die Ehre Frankreichs vertheidigten, was ſagte Ihr Freund,
Hr. Duvergier de Hauranne? Er ſagte: Man kann nicht von der Ehre
Frankreichs reden, ohne daß man ſagt Europa werde ſich auflehnen. Das
iſt Rhetorik. Und was ſagte Hr. Barrot im Jahr 1840, als man von der
Störung Europa’s ſprach aus Anlaß der bedrohten Ehre Frankreichs?
Er ſagte die Frage ſey unrichtig gefaßt, es handle ſich nicht um den euro-
päiſchen Krieg, ſondern um die Ehre Frankreichs. Sie wollen alſo auf uns
wirken, wie man auf Sie wirken wollte, durch die Furcht (Ja! Ja! Nein!
Nein!) Ja, es iſt das Intereſſe Frankreichs in Piemont einzurücken, nach
dem Text unſerer Depeſchen, nach den Worten des Hrn. v. Lamartine, der
zu einer italieniſchen Deputation ſagte: Sagen ſie Ihren Brüdern daß ſie

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[1453/0005] des ſogenannten Werften-Bataillons verwendet worden. An der Tags- ordnung war dann die weitere Berathung über die von Lord John Ruſſell beantragte zweite Lefung der Bill behufs einer Extra-Umlage zur Unter- flützung der iriſchen Armen (Poor law rate-in-aid bill). Die iriſchen Grund- eigenthümer, denen dieſe Bill in den Säckel greift, beharren bei ihrer hart- näckigen Oppoſition, welche die Times mit der Bemerkung kenn zeichnet: „Als die Einkommenſteuer für England und Schottland eingeführt wurde, fanden die Gutsherren von Nord-Irland dieß ganz in der Ordnung, indem ſie ſagten: „Wir armen Irländer könnten dieſe Taxe nicht tragen;“ jetzt, wo die Einkommenſteuer in milderem Maße auf ſie ausgedehnt werden ſoll, rufen ſie: ſie ſeyen keine Irländer, ſondern Engländer die nur zufällig in Irland wohnen!“ Sir R. Peel unterſtützte das Miniſterium in einer ſeiner beſten Reden — einer Rede voll Mitgefühl für das iriſche Volk und ſeine Leiden, wobei er auf ſeinen mehrerwähnten Gedanken zurückkam daß Irland nur dann zu helfen ſey wenn die überſchuldeten Güter in die Hände beſſerer Wirthe übergeben. In Southampton iſt eine weſtindiſche Poſt mit dem Dampfboot „Dee“ eingelaufen, welches außer einer reichen Waarenladung gegen 2½ Millionen Dollars an Bord hatte. Die Inſeln waren ruhig, ebenſo Mexico, wo die Regierung Feſtigkeit und Vertrauen gewinnt. Der rühmlich bekannte Thiermaler Bateman iſt, erſt 35 Jahre alt, in London geſtorben. Frankreich. Paris, 1 April. Der Proceß in Bourges hat eine unerwartete Wendung genommen. Der flüchtige Hauptangeklagte Huber, derſelbe der die Auflöſung der Na- tionalverſammlung ausgeſprochen hatte und der ſeitdem als Naderer ver- dächtig geworden war, hat ſich am 31 März freiwillig geſtellt. Eine Rede von Hrn. Thiers war ſonſt ein Ereigniß, Freund und Feind bewunderter dieſen leichten Redefluß, dieſe Gewandtheit die verwi- ckeltſten Dinge auf einfache Fragen zurückzuführen und dem geſunden Ver- ſtand eines jeden mundgerecht zu machen. In der Nationalverſammlung genießt er nicht mehr dieſe Gunſt, die demokratiſchen Ueberſpanntheiten ſind jedoch bereits ſoweit abgeſchwächt daß er ſich nicht nur Gehör ver- ſchafft, ſondern daß man ihn großentheils gern, mit Intereſſe hört. In der Debatte über Italien hatte ihn Hr. Ledru-Rollin herausgefordert, und daran knüpfte er ſein Auftreten, aber nicht allein. Die Frage, ſagte er, ſey eine ernſte, ſie bedürfe der Aufklärung, und jeder habe die Pflicht den Tribut ſeiner Einſicht beizutragen. Ohne einen Angriff des Hrn. Ledru- Rollin gering zu achten hätte er ſich dadurch allein nicht bewegen laſſen das Wort zu ergreifen, allein er habe auch einige Erfahrung und könne vielleicht dadurch nützlich ſeyn. Weil er und ſeine Freunde vor Jahren die Räumung Ancona’s bedauert hätten, werde behauptet müßten ſie con- ſequenterweiſe die Politik des Hrn. Ledru-Rollin unterſtützen. Das heiße ſehr verſchiedene Dinge verwechſeln. Das ſey wie wenn er deßwegen ein demokratiſcher Republicaner ſeyn müßte weil er unter der vorigen Regie- rung in den Reihen der Oppoſition geſtanden. Dieſe Politik wäre der Krieg. Italien ſey unterlegen (Aufſchrei links), ja unterlegen, hoffentlich nicht für immer, aber wohl für lange Zeit. Man ſolle nicht mit leeren Worten daher kommen, müſſe wiſſen was man wolle. So würde er an einem von Miniſtern umgebenen Tiſch reden: Ihr berieſt euch auf das Decret vom 24 Mai, auf dieſes Decret das den Bruderbund mit Deutſch- land, die Herſtellung Polens, die Befreiung Italiens verkündigt. Dieß iſt der Krieg. Ihr wollt offenbar Oeſterreich die Lombardei und Venedig entreißen — könnt ihr zweifeln daß das der Krieg iſt? Allein der Krieg mit Oeſterreich, ſagt ihr, was liegt daran? Täuſcht euch nicht, der Krieg mit Oeſterreich iſt eine ernſte Sache, ſelbſt wenn es allein ſteht, aber iſt einer unter euch der glaubt Oeſterreich werde allein ſtehen? Ihr die ihr beſtändig an Coalitionen glaubt, ſeht ihr nicht hier wie Rußland hinter Oeſterreich ſteht? Ihr ſchmeichelt euch mit der Allianz der Völker? Trau- rige Täuſchung! Als Oeſterreich beſchloß Ungarn zu bekriegen, ſagtet ihr auch die Ungarn, die eine Abtheilung des öſterreichiſchen Heers bilden, würden ſich nicht ſchlagen. Nun, wie haben ſie ſich gehalten? Die ganze Welt iſt innigſt betroffen von den Umſtürzen deren Augenzeuge ſie war. Ihr hättet für euch höchſtens einige unzufriedene Menſchen, die Maſſen wären gegen euch. Ihr wollt uns um Italiens willen in einen allgemei- nen Krieg verwickeln. Welches Intereſſe haben wir denn in Italien? Ein Intereſſe des Einfluſſes! Darum wollt ihr das Land in das Glücksſpiel des Kriegs, vielleicht in einen unheilvollen Krieg ſtürzen? Das wäre eine große Thorheit. Ich habe das Nationalgefühl ſo gut als ihr. Ich weiß daß Frankreich zu andern Zeiten ganz Europa die Spitze geboten hat. Aber bedenkt unter welchen Umſtänden — als es vom Feind überzogen war. Dieſe Bewegung war herrlich, ſie war ein Erſatz für jämmerliche Unfälle. Aber iſt heute etwas der Art? Man beruft ſich auf das Manifeſt des Hrn. v. Lamartine. Erlaubt mir es zu ſagen: am Tag nach der Fe- bruarrevolution habt ihr erklärt daß die Verträge von 1815 nicht mehr be- ſtehen. Ich habe dieſe Erklärung in dem Manifeſt wieder gefunden, ich habe darüber gezittert, denn ihr konntet mein Land in eine Reihe von Drangſalen hineinführen, ich habe mich aber bald beruhigt. Die Berüh- rung mit den Geſchäften gibt oft eine Weisheit die man vorher nicht hatte. Ich habe bald geſehen daß dieſe Erklärung nur eine Prahlerei war (Widerſpruch links). Mein Gott! Seyd überzeugt daß ich euch nichts kränkendes ſagen will. Ich will euch bloß ſagen was die Bedeutung die- ſer Erklärung iſt: Die Verträge von 1815 beſtehen nicht mehr rechtlich, ſie beſtehen nur noch factiſch. Das hat in der Diplomatie keinen Sinn, das iſt ein Nachhall der Clubs. Die Verträge von 1815 — ihr könnt ſie verabſcheuen, aber ſollt ſie nicht zerreißen. Wenn ihr ſie zerreißt ſo müßt ihr mit dem Degen in der Hand erklären daß ſie abgeſchafft ſind, ſonſt habt ihr nichts erklärt. Ihr verlangt die Befreiung Italiens? Eine präch- tige Gelegenheit bot ſich dar, ihr ließet ſie entwiſchen. Es war damals als Oeſterreich, geſchwächt, zagend, ſich geneigt zeigte auf einen Theil von Venedig und der Lombardei zu verzichten. (Hr. Cremieux: Wann?) Wann? Das Datum ſchlägt euch — es war am 24 Mai. Ja, damals machte Oeſterreich in London ſeine Anerbietungen, aber in Frankreich be- ſchäftigte man ſich mit dem vermeintlichen Ehrgeiz Karl Alberts. Natürlich es war ein König, welch ein Verbrechen! 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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 95, 5. April 1849, S. 1453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine95_1849/5>, abgerufen am 05.06.2024.