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Die Bayerische Presse. Nr. 260. Würzburg, 30. Oktober 1850.

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Die Bayerische Presse.
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Ganzjährig 6 fl.
Halbjährig 3 fl.
Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.

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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

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Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]

Nr. 260.
Würzburg, Mittwoch den 30. Oktober. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

München, 29. Okt. Se. Maj. der König
haben Sich unterm 22. Okt. allergnädigst bewo-
gen gefunden den geprüften Rechtspraktikanten
Franz Barthelme aus Königshofen zum zweiten
Assessor des Landgerichts Marktheidenfeld zu er-
nennen; dem Landgerichte Alzenau einen Aktuar
extra statum beizugeben und diese Stelle dem
geprüften Rechtspraktikanten Max Bauer aus Bai-
hingen, dermalen in Aschaffenburg zu verleihen.

Würzburg, 30. Okt. Das erledigte Land-
gerichtsphysikat Bischofsheim wurde dem prakt.
Arzte Dr. Franz Bauer in Lohr verliehen, und
die Resignation des Priesters Mathäus Stäblein
auf die katholische Pfarrkuratie Homburg, Ldgs.
Marktheidenfeld, genehmigt.



Communismus.

Kaum wird man es glauben, wenn man es
liest, wie weit schon in der ersten Revolution die
communistische Theorie gediehen war. Man leug-
nete ohne Bedenken alle Resultate der früheren
Geschichte, ja das Bedürfniß einer solchen Ge-
schichte selbst. "Die Menschheit ist urkräftig, sie
vermag ohne Schwierigkeiten durch eigenes inneres
Leben alle jene Entwickelungen und Errungenschaf-
ten zu ersetzen, die wir in schwachsinnigem Glau-
ben für nothwendig halten, weil wir nicht wagen,
eine andere Gestalt der Gesellschaft uns wahrhaft
auszudenken. Daher keine Regierung, kein Staat,
keine Wissenschaft, kein Eigenthum mehr; die
Städte müssen zerstört, die Kunste verlassen, die
höhere Bildung unmöglich gemacht, die Schrift-
stellerei abgeschafft, die besondere Erziehung auf-
gehoben werden. Stände, Beamte, Künstler, Ge-
lehrte, Besitzer, -- Alles wird nivellirt." "Die
Mitglieder des Comite," sagt Buonarotti, " über-
zeugt, daß nichts einer Nation unwichtiger ist, als
zu glänzen und von sich reden zu machen, wollten
der falschen Wissenschaft allen Vorwand nehmen,
sich der gemeinschaftlichen Pflichten zu entziehen
und dem individuellen Trieb ein anderes Glück
zu bereiten, als das der Gesellschaft. Sie waren
sehr entschieden, alle theologischen Diskussionen
von vorn herein zu vernichten, und begriffen, daß
das Aufhören der Gehalte uns bald befreit haben
würde von der Manie, Schöngeisterei zu zeigen
und Bücher zu machen." "Da die Landwirth-
schaft und die nothwendigsten Fertigkeiten die wah-
ren Ernährerinen der Gesellschaft sind," fährt er
an einer andern Stelle fort, "so sind die Men-
schen nach dem Gesetze der Natur berufen, sie zu
üben. Das Dasein der großen Städte ist ein
Zeichen der Krankheit des öffentlichen Lebens; je
bevölkerter eine Stadt ist, desto größere Anzahl
sieht man von Bedienten, sittenlosen Frauen, ver-
hungerten Schriftstellern, Dichtern, Musikern, Ma-
lern, Schöngeistern, Schauspielern, Tänzern, Prie-
stern, Dieben und Bänkelsängern aller Art." Es
versteht sich von selbst, daß man über die Ge-
meinsamkeit der Güter vollkommen einig war;
dennoch sagte der Rest gesunden Menschenverstan-
des diesem Comite, daß auch durch die absoluteste
Gütergemeinschaft zwar materieller Communismus,
aber nicht geistige Gleichheit geschaffen würde.
[Spaltenumbruch] Deshalb standen jene Verkünder der Freiheit und
Gleichheit keinen Augenblick an, an die heiligsten,
unantastbarsten Rechte, ja, an die absolute Be-
dingung des Daseins der Menschen Hand zu le-
gen; es soll keine durch Kenntniß oder Bildung
ausgezeichneten Männer mehr geben, keine Wis-
senschaft, kein geistiges Leben; und damit diese
wahrhaft fürchterliche Gleichheit thatsächlich werde,
soll allen Kindern eine gleiche Erziehung gegeben
werden, in der Keiner mehr lernen soll, als lesen,
schreiben, rechnen, die Geschichte und die Gesetze
der Republik, etwas Ortskunde von derselben, ihre
Statistik und ihre natürlichen Erzeugnisse; ja, sie
erklären nach Rousseau's Vorgange, daß die Ver-
vollkommnisse der Wissenschaften und Künste selber
an sich ein Uebel sein!

Deutschland.

München, 27. Okt. Hr. Vecchioni er-
zählt über den viel besprochenen Vorfall:
Vergangenen Freitag wurde ich zu dem Polizei-
direktor Graf Reigersberg gerufen, der mir wört-
lich Folgendes sagte: "Jch habe Sie vorgeladen,
um Sie zu warnen; Sie erklärten sich in jeder
Nummer Jhres Blattes "Gradaus" für die so-
ziale Demokratie, Sie allein regen die Arbeiter
beständig auf, Sie sind Mitglied der Abeiter-
vereine und der allgemeinen deutschen Arbeiterver-
brüderung; es ist meine Pflicht und mein Wille
und steht in meiner Machtvollkommenheit, nach
einer Verordnung vom Jahr 1815 Jeden, der
den Frieden der Gemeinde oder den Frieden einer
Familie stört, auszuweisen oder in ein Zwangs-
arbeitshaus schaffen zu lassen, und ich werde Sie
nächstens ganz unvermuthet in ein Zwangsarbeits-
haus schaffen lassen, wenn Sie so fortfahren, wie
bisher, durch die Zeitung, in Wirthshäusern, in
Vereinen und Versammlungen Jhre Meinung zu
verbreiten. Sie wissen, daß ich der Mann hiezu
bin." Jch wollte hierauf etwas erwidern, doch
er ließ mich nicht zu Worte kommen und sagte:
"Jch lasse mich mit Jhnen in kein Disputat ein.
Sie haben nun meine Meinung gehört, es wird
nächster Zeit über Sie kommen." Jch verlangte
die Warnung schriftlich, er verweigerte mir Dieß
mit den Worten: "Jch gebe Jhnen nichts schrift-
lich, statt schriftlich werde ich Sie holen lassen."
( Die genannte Verordnung, die jedoch im Jahr
1816, nicht 1815, erschienen ist, spricht von
Bettlern, heimathlosen Menschen ohne Erwerb,
Gesindel, liederlichen Dirnen, Personen, die we-
gen Mangel an Beweisen von der Jnstanz ent-
lassen sind ec. ) Jch verlangte sofort Audienz bei
dem Minister Zwehl, zu dessen Kenntniß ich den
Vorfall brachte; er erwiderte mir: "Wenden Sie
sich zuerst an die Regierung." Jch sagte, daß
ich Dieß nicht könne, da ich nichts Schriftliches
in Händen habe. "Dann warten Sie ab, bis
die Polizei es thut; die Polizei ist übrigens zu
Drohungen berechtigt." Vecchioni beabsichtigt,
den Vorfall sowohl der Kreisregierung als dem
Magistrat zur Kenntniß zu bringen.

Bamberg, 28. Okt. Der seit mehreren Ta-
gen dahier vermißte General v. P. wurde gestern
Morgens bei Burgebrach von Bauern in einem
Sumpfe steckend aufgefunden, wohin sich derselbe
[Spaltenumbruch] in einem Anfalle von Geistesabwesenheit verirrt
haben mag. Derselbe war noch lebend, jedoch
von den nöthigsten Kleidungsstücken entblößt, und
nur der zufälligen Erkennung durch einen Durch-
reisenden war es zu verdanken, daß Hr. v. P.,
der sich nicht zu legitimiren vermochte und durch
seine Reden seinen getrübten Geisteszustand fort-
während verrieth, nicht auf die bei solchen Auf-
findlingen herkömmliche Weise hieher transportirt
wurde.

   
Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel, 27. Okt. Gestern Abend sind 52
Abschiede von Wilhelmsbad hier angekommen für
diejenigen Offiziere, welche man zuerst entfernen
wollte. Die übrigen wollte man noch im Dienst
festhalten.

   

Kassel, 28. Okt. Nachrichten aus Eisenach
besagen, daß das in Wetzlar gestandene preußische
Corps auf Thüringischem Boden angekommen sei,
und sich dort mit dem aus Erfurt gekommenen
vereinigt habe. Die Stimmung der kurhesssschen
Soldaten ist eine gedrückte, aber rühmend muß
erwähnt werden, daß die Disciplin in musterhaf-
terhafter Weise aufrecht erhalten wurde. Ein
Theil unserer Behörden hat die Wahlen für den
nächsten Landtag ausgeschrieben, und hie und da
werden sie auch vorgenommen, trotzdem, daß die
Landesregierung hierüber nichts verfügt hat. Man
sieht daraus, daß die Widerspänstigkeit unserer
Beamtenoligarchie noch die alte ist, und daß sie
jetzt förmlich Republikchen spielt.

   

Fulda, 28. Okt. Zufolge gestern Abend ein-
getroffener Ordre von Wilhelmsbad ist so eben
12 Uhr unser Regiment, begleitet von den Offi-
zieren der Bürgergarde und einer großen Volks-
menge, welche ihm am Thore der Stadt ein Le-
bewohl und Hoch zurief, abgezogen. Der Marsch-
befehl lautet nach Gelnhausen, allwo das Wei-
tere erwartet werden soll. Das Regiment muß
sämmtliche Effekten mitnehmen, nur das Kaser-
neninventar bleibt zurück. -- Unsere Bürgergarde
hat seit heute des Morgens die Wachen der
Stadt bezogen.

   

Bockenheim, 29. Okt. Heute Morgen um 5
Uhr ist, in Folge einer Nachts um 1 Uhr ein-
getroffenen Stafette, Generalmarsch geschlagen
worden. Nachdem die hier in Besatzung stehen-
den kurfürstlichen Truppen sich alsbald versammelt
hatten, ist denselben verkündet worden, daß Be-
urlaubungen bis zu 30 Mann per Compagnie
eintreten sollten. Die zum Cadre bestimmten 30
Mann sind sofort abgezählt und der Ueberrest der
Mannschaft auf Urlaub entlassen worden.

Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten
.

Schleswig=Holstein. Die amtliche Verlustliste
der schleswig=holsteinischen Armee in den Gefechten
bei Friedrichstadt und Tönning theilt, die Namen
folgender Bayern mit: Friedrich Lay aus Nürn-
berg Schuß durch die Wade; Oberjäger Ferdi-
nand Roppelt aus Bamberg vermißt ( muthmaß-
lich todt ) ; Unteroffizier Ludwig Adam aus Nürn-

Die Bayerische Presse.
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Nr. 533.

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und Gelder frei.

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Nr. 260.
Würzburg, Mittwoch den 30. Oktober. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

München, 29. Okt. Se. Maj. der König
haben Sich unterm 22. Okt. allergnädigst bewo-
gen gefunden den geprüften Rechtspraktikanten
Franz Barthelme aus Königshofen zum zweiten
Assessor des Landgerichts Marktheidenfeld zu er-
nennen; dem Landgerichte Alzenau einen Aktuar
extra statum beizugeben und diese Stelle dem
geprüften Rechtspraktikanten Max Bauer aus Bai-
hingen, dermalen in Aschaffenburg zu verleihen.

Würzburg, 30. Okt. Das erledigte Land-
gerichtsphysikat Bischofsheim wurde dem prakt.
Arzte Dr. Franz Bauer in Lohr verliehen, und
die Resignation des Priesters Mathäus Stäblein
auf die katholische Pfarrkuratie Homburg, Ldgs.
Marktheidenfeld, genehmigt.



Communismus.

Kaum wird man es glauben, wenn man es
liest, wie weit schon in der ersten Revolution die
communistische Theorie gediehen war. Man leug-
nete ohne Bedenken alle Resultate der früheren
Geschichte, ja das Bedürfniß einer solchen Ge-
schichte selbst. „Die Menschheit ist urkräftig, sie
vermag ohne Schwierigkeiten durch eigenes inneres
Leben alle jene Entwickelungen und Errungenschaf-
ten zu ersetzen, die wir in schwachsinnigem Glau-
ben für nothwendig halten, weil wir nicht wagen,
eine andere Gestalt der Gesellschaft uns wahrhaft
auszudenken. Daher keine Regierung, kein Staat,
keine Wissenschaft, kein Eigenthum mehr; die
Städte müssen zerstört, die Kunste verlassen, die
höhere Bildung unmöglich gemacht, die Schrift-
stellerei abgeschafft, die besondere Erziehung auf-
gehoben werden. Stände, Beamte, Künstler, Ge-
lehrte, Besitzer, -- Alles wird nivellirt.“ „Die
Mitglieder des Comite,“ sagt Buonarotti, „ über-
zeugt, daß nichts einer Nation unwichtiger ist, als
zu glänzen und von sich reden zu machen, wollten
der falschen Wissenschaft allen Vorwand nehmen,
sich der gemeinschaftlichen Pflichten zu entziehen
und dem individuellen Trieb ein anderes Glück
zu bereiten, als das der Gesellschaft. Sie waren
sehr entschieden, alle theologischen Diskussionen
von vorn herein zu vernichten, und begriffen, daß
das Aufhören der Gehalte uns bald befreit haben
würde von der Manie, Schöngeisterei zu zeigen
und Bücher zu machen.“ „Da die Landwirth-
schaft und die nothwendigsten Fertigkeiten die wah-
ren Ernährerinen der Gesellschaft sind,“ fährt er
an einer andern Stelle fort, „so sind die Men-
schen nach dem Gesetze der Natur berufen, sie zu
üben. Das Dasein der großen Städte ist ein
Zeichen der Krankheit des öffentlichen Lebens; je
bevölkerter eine Stadt ist, desto größere Anzahl
sieht man von Bedienten, sittenlosen Frauen, ver-
hungerten Schriftstellern, Dichtern, Musikern, Ma-
lern, Schöngeistern, Schauspielern, Tänzern, Prie-
stern, Dieben und Bänkelsängern aller Art.“ Es
versteht sich von selbst, daß man über die Ge-
meinsamkeit der Güter vollkommen einig war;
dennoch sagte der Rest gesunden Menschenverstan-
des diesem Comite, daß auch durch die absoluteste
Gütergemeinschaft zwar materieller Communismus,
aber nicht geistige Gleichheit geschaffen würde.
[Spaltenumbruch] Deshalb standen jene Verkünder der Freiheit und
Gleichheit keinen Augenblick an, an die heiligsten,
unantastbarsten Rechte, ja, an die absolute Be-
dingung des Daseins der Menschen Hand zu le-
gen; es soll keine durch Kenntniß oder Bildung
ausgezeichneten Männer mehr geben, keine Wis-
senschaft, kein geistiges Leben; und damit diese
wahrhaft fürchterliche Gleichheit thatsächlich werde,
soll allen Kindern eine gleiche Erziehung gegeben
werden, in der Keiner mehr lernen soll, als lesen,
schreiben, rechnen, die Geschichte und die Gesetze
der Republik, etwas Ortskunde von derselben, ihre
Statistik und ihre natürlichen Erzeugnisse; ja, sie
erklären nach Rousseau's Vorgange, daß die Ver-
vollkommnisse der Wissenschaften und Künste selber
an sich ein Uebel sein!

Deutschland.

München, 27. Okt. Hr. Vecchioni er-
zählt über den viel besprochenen Vorfall:
Vergangenen Freitag wurde ich zu dem Polizei-
direktor Graf Reigersberg gerufen, der mir wört-
lich Folgendes sagte: „Jch habe Sie vorgeladen,
um Sie zu warnen; Sie erklärten sich in jeder
Nummer Jhres Blattes „Gradaus“ für die so-
ziale Demokratie, Sie allein regen die Arbeiter
beständig auf, Sie sind Mitglied der Abeiter-
vereine und der allgemeinen deutschen Arbeiterver-
brüderung; es ist meine Pflicht und mein Wille
und steht in meiner Machtvollkommenheit, nach
einer Verordnung vom Jahr 1815 Jeden, der
den Frieden der Gemeinde oder den Frieden einer
Familie stört, auszuweisen oder in ein Zwangs-
arbeitshaus schaffen zu lassen, und ich werde Sie
nächstens ganz unvermuthet in ein Zwangsarbeits-
haus schaffen lassen, wenn Sie so fortfahren, wie
bisher, durch die Zeitung, in Wirthshäusern, in
Vereinen und Versammlungen Jhre Meinung zu
verbreiten. Sie wissen, daß ich der Mann hiezu
bin.“ Jch wollte hierauf etwas erwidern, doch
er ließ mich nicht zu Worte kommen und sagte:
„Jch lasse mich mit Jhnen in kein Disputat ein.
Sie haben nun meine Meinung gehört, es wird
nächster Zeit über Sie kommen.“ Jch verlangte
die Warnung schriftlich, er verweigerte mir Dieß
mit den Worten: „Jch gebe Jhnen nichts schrift-
lich, statt schriftlich werde ich Sie holen lassen.“
( Die genannte Verordnung, die jedoch im Jahr
1816, nicht 1815, erschienen ist, spricht von
Bettlern, heimathlosen Menschen ohne Erwerb,
Gesindel, liederlichen Dirnen, Personen, die we-
gen Mangel an Beweisen von der Jnstanz ent-
lassen sind ec. ) Jch verlangte sofort Audienz bei
dem Minister Zwehl, zu dessen Kenntniß ich den
Vorfall brachte; er erwiderte mir: „Wenden Sie
sich zuerst an die Regierung.“ Jch sagte, daß
ich Dieß nicht könne, da ich nichts Schriftliches
in Händen habe. „Dann warten Sie ab, bis
die Polizei es thut; die Polizei ist übrigens zu
Drohungen berechtigt.“ Vecchioni beabsichtigt,
den Vorfall sowohl der Kreisregierung als dem
Magistrat zur Kenntniß zu bringen.

Bamberg, 28. Okt. Der seit mehreren Ta-
gen dahier vermißte General v. P. wurde gestern
Morgens bei Burgebrach von Bauern in einem
Sumpfe steckend aufgefunden, wohin sich derselbe
[Spaltenumbruch] in einem Anfalle von Geistesabwesenheit verirrt
haben mag. Derselbe war noch lebend, jedoch
von den nöthigsten Kleidungsstücken entblößt, und
nur der zufälligen Erkennung durch einen Durch-
reisenden war es zu verdanken, daß Hr. v. P.,
der sich nicht zu legitimiren vermochte und durch
seine Reden seinen getrübten Geisteszustand fort-
während verrieth, nicht auf die bei solchen Auf-
findlingen herkömmliche Weise hieher transportirt
wurde.

   
Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel, 27. Okt. Gestern Abend sind 52
Abschiede von Wilhelmsbad hier angekommen für
diejenigen Offiziere, welche man zuerst entfernen
wollte. Die übrigen wollte man noch im Dienst
festhalten.

   

Kassel, 28. Okt. Nachrichten aus Eisenach
besagen, daß das in Wetzlar gestandene preußische
Corps auf Thüringischem Boden angekommen sei,
und sich dort mit dem aus Erfurt gekommenen
vereinigt habe. Die Stimmung der kurhesssschen
Soldaten ist eine gedrückte, aber rühmend muß
erwähnt werden, daß die Disciplin in musterhaf-
terhafter Weise aufrecht erhalten wurde. Ein
Theil unserer Behörden hat die Wahlen für den
nächsten Landtag ausgeschrieben, und hie und da
werden sie auch vorgenommen, trotzdem, daß die
Landesregierung hierüber nichts verfügt hat. Man
sieht daraus, daß die Widerspänstigkeit unserer
Beamtenoligarchie noch die alte ist, und daß sie
jetzt förmlich Republikchen spielt.

   

Fulda, 28. Okt. Zufolge gestern Abend ein-
getroffener Ordre von Wilhelmsbad ist so eben
12 Uhr unser Regiment, begleitet von den Offi-
zieren der Bürgergarde und einer großen Volks-
menge, welche ihm am Thore der Stadt ein Le-
bewohl und Hoch zurief, abgezogen. Der Marsch-
befehl lautet nach Gelnhausen, allwo das Wei-
tere erwartet werden soll. Das Regiment muß
sämmtliche Effekten mitnehmen, nur das Kaser-
neninventar bleibt zurück. -- Unsere Bürgergarde
hat seit heute des Morgens die Wachen der
Stadt bezogen.

   

Bockenheim, 29. Okt. Heute Morgen um 5
Uhr ist, in Folge einer Nachts um 1 Uhr ein-
getroffenen Stafette, Generalmarsch geschlagen
worden. Nachdem die hier in Besatzung stehen-
den kurfürstlichen Truppen sich alsbald versammelt
hatten, ist denselben verkündet worden, daß Be-
urlaubungen bis zu 30 Mann per Compagnie
eintreten sollten. Die zum Cadre bestimmten 30
Mann sind sofort abgezählt und der Ueberrest der
Mannschaft auf Urlaub entlassen worden.

Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten
.

Schleswig=Holstein. Die amtliche Verlustliste
der schleswig=holsteinischen Armee in den Gefechten
bei Friedrichstadt und Tönning theilt, die Namen
folgender Bayern mit: Friedrich Lay aus Nürn-
berg Schuß durch die Wade; Oberjäger Ferdi-
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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 260. Würzburg, Mittwoch den 30. Oktober. 1850. Amtliche Nachrichten. München, 29. Okt. Se. Maj. der König haben Sich unterm 22. Okt. allergnädigst bewo- gen gefunden den geprüften Rechtspraktikanten Franz Barthelme aus Königshofen zum zweiten Assessor des Landgerichts Marktheidenfeld zu er- nennen; dem Landgerichte Alzenau einen Aktuar extra statum beizugeben und diese Stelle dem geprüften Rechtspraktikanten Max Bauer aus Bai- hingen, dermalen in Aschaffenburg zu verleihen. Würzburg, 30. Okt. Das erledigte Land- gerichtsphysikat Bischofsheim wurde dem prakt. Arzte Dr. Franz Bauer in Lohr verliehen, und die Resignation des Priesters Mathäus Stäblein auf die katholische Pfarrkuratie Homburg, Ldgs. Marktheidenfeld, genehmigt. Communismus. Kaum wird man es glauben, wenn man es liest, wie weit schon in der ersten Revolution die communistische Theorie gediehen war. Man leug- nete ohne Bedenken alle Resultate der früheren Geschichte, ja das Bedürfniß einer solchen Ge- schichte selbst. „Die Menschheit ist urkräftig, sie vermag ohne Schwierigkeiten durch eigenes inneres Leben alle jene Entwickelungen und Errungenschaf- ten zu ersetzen, die wir in schwachsinnigem Glau- ben für nothwendig halten, weil wir nicht wagen, eine andere Gestalt der Gesellschaft uns wahrhaft auszudenken. Daher keine Regierung, kein Staat, keine Wissenschaft, kein Eigenthum mehr; die Städte müssen zerstört, die Kunste verlassen, die höhere Bildung unmöglich gemacht, die Schrift- stellerei abgeschafft, die besondere Erziehung auf- gehoben werden. Stände, Beamte, Künstler, Ge- lehrte, Besitzer, -- Alles wird nivellirt.“ „Die Mitglieder des Comite,“ sagt Buonarotti, „ über- zeugt, daß nichts einer Nation unwichtiger ist, als zu glänzen und von sich reden zu machen, wollten der falschen Wissenschaft allen Vorwand nehmen, sich der gemeinschaftlichen Pflichten zu entziehen und dem individuellen Trieb ein anderes Glück zu bereiten, als das der Gesellschaft. Sie waren sehr entschieden, alle theologischen Diskussionen von vorn herein zu vernichten, und begriffen, daß das Aufhören der Gehalte uns bald befreit haben würde von der Manie, Schöngeisterei zu zeigen und Bücher zu machen.“ „Da die Landwirth- schaft und die nothwendigsten Fertigkeiten die wah- ren Ernährerinen der Gesellschaft sind,“ fährt er an einer andern Stelle fort, „so sind die Men- schen nach dem Gesetze der Natur berufen, sie zu üben. Das Dasein der großen Städte ist ein Zeichen der Krankheit des öffentlichen Lebens; je bevölkerter eine Stadt ist, desto größere Anzahl sieht man von Bedienten, sittenlosen Frauen, ver- hungerten Schriftstellern, Dichtern, Musikern, Ma- lern, Schöngeistern, Schauspielern, Tänzern, Prie- stern, Dieben und Bänkelsängern aller Art.“ Es versteht sich von selbst, daß man über die Ge- meinsamkeit der Güter vollkommen einig war; dennoch sagte der Rest gesunden Menschenverstan- des diesem Comite, daß auch durch die absoluteste Gütergemeinschaft zwar materieller Communismus, aber nicht geistige Gleichheit geschaffen würde. Deshalb standen jene Verkünder der Freiheit und Gleichheit keinen Augenblick an, an die heiligsten, unantastbarsten Rechte, ja, an die absolute Be- dingung des Daseins der Menschen Hand zu le- gen; es soll keine durch Kenntniß oder Bildung ausgezeichneten Männer mehr geben, keine Wis- senschaft, kein geistiges Leben; und damit diese wahrhaft fürchterliche Gleichheit thatsächlich werde, soll allen Kindern eine gleiche Erziehung gegeben werden, in der Keiner mehr lernen soll, als lesen, schreiben, rechnen, die Geschichte und die Gesetze der Republik, etwas Ortskunde von derselben, ihre Statistik und ihre natürlichen Erzeugnisse; ja, sie erklären nach Rousseau's Vorgange, daß die Ver- vollkommnisse der Wissenschaften und Künste selber an sich ein Uebel sein! Deutschland. München, 27. Okt. Hr. Vecchioni er- zählt über den viel besprochenen Vorfall: Vergangenen Freitag wurde ich zu dem Polizei- direktor Graf Reigersberg gerufen, der mir wört- lich Folgendes sagte: „Jch habe Sie vorgeladen, um Sie zu warnen; Sie erklärten sich in jeder Nummer Jhres Blattes „Gradaus“ für die so- ziale Demokratie, Sie allein regen die Arbeiter beständig auf, Sie sind Mitglied der Abeiter- vereine und der allgemeinen deutschen Arbeiterver- brüderung; es ist meine Pflicht und mein Wille und steht in meiner Machtvollkommenheit, nach einer Verordnung vom Jahr 1815 Jeden, der den Frieden der Gemeinde oder den Frieden einer Familie stört, auszuweisen oder in ein Zwangs- arbeitshaus schaffen zu lassen, und ich werde Sie nächstens ganz unvermuthet in ein Zwangsarbeits- haus schaffen lassen, wenn Sie so fortfahren, wie bisher, durch die Zeitung, in Wirthshäusern, in Vereinen und Versammlungen Jhre Meinung zu verbreiten. Sie wissen, daß ich der Mann hiezu bin.“ Jch wollte hierauf etwas erwidern, doch er ließ mich nicht zu Worte kommen und sagte: „Jch lasse mich mit Jhnen in kein Disputat ein. Sie haben nun meine Meinung gehört, es wird nächster Zeit über Sie kommen.“ Jch verlangte die Warnung schriftlich, er verweigerte mir Dieß mit den Worten: „Jch gebe Jhnen nichts schrift- lich, statt schriftlich werde ich Sie holen lassen.“ ( Die genannte Verordnung, die jedoch im Jahr 1816, nicht 1815, erschienen ist, spricht von Bettlern, heimathlosen Menschen ohne Erwerb, Gesindel, liederlichen Dirnen, Personen, die we- gen Mangel an Beweisen von der Jnstanz ent- lassen sind ec. ) Jch verlangte sofort Audienz bei dem Minister Zwehl, zu dessen Kenntniß ich den Vorfall brachte; er erwiderte mir: „Wenden Sie sich zuerst an die Regierung.“ Jch sagte, daß ich Dieß nicht könne, da ich nichts Schriftliches in Händen habe. „Dann warten Sie ab, bis die Polizei es thut; die Polizei ist übrigens zu Drohungen berechtigt.“ Vecchioni beabsichtigt, den Vorfall sowohl der Kreisregierung als dem Magistrat zur Kenntniß zu bringen. Bamberg, 28. Okt. Der seit mehreren Ta- gen dahier vermißte General v. P. wurde gestern Morgens bei Burgebrach von Bauern in einem Sumpfe steckend aufgefunden, wohin sich derselbe in einem Anfalle von Geistesabwesenheit verirrt haben mag. Derselbe war noch lebend, jedoch von den nöthigsten Kleidungsstücken entblößt, und nur der zufälligen Erkennung durch einen Durch- reisenden war es zu verdanken, daß Hr. v. P., der sich nicht zu legitimiren vermochte und durch seine Reden seinen getrübten Geisteszustand fort- während verrieth, nicht auf die bei solchen Auf- findlingen herkömmliche Weise hieher transportirt wurde. ( N. Corresp. ) Die Ereignisse in Kurhessen. Kassel, 27. Okt. Gestern Abend sind 52 Abschiede von Wilhelmsbad hier angekommen für diejenigen Offiziere, welche man zuerst entfernen wollte. Die übrigen wollte man noch im Dienst festhalten. ( N. H. Z. ) Kassel, 28. Okt. Nachrichten aus Eisenach besagen, daß das in Wetzlar gestandene preußische Corps auf Thüringischem Boden angekommen sei, und sich dort mit dem aus Erfurt gekommenen vereinigt habe. Die Stimmung der kurhesssschen Soldaten ist eine gedrückte, aber rühmend muß erwähnt werden, daß die Disciplin in musterhaf- terhafter Weise aufrecht erhalten wurde. Ein Theil unserer Behörden hat die Wahlen für den nächsten Landtag ausgeschrieben, und hie und da werden sie auch vorgenommen, trotzdem, daß die Landesregierung hierüber nichts verfügt hat. Man sieht daraus, daß die Widerspänstigkeit unserer Beamtenoligarchie noch die alte ist, und daß sie jetzt förmlich Republikchen spielt. ( K. Z. ) Fulda, 28. Okt. Zufolge gestern Abend ein- getroffener Ordre von Wilhelmsbad ist so eben 12 Uhr unser Regiment, begleitet von den Offi- zieren der Bürgergarde und einer großen Volks- menge, welche ihm am Thore der Stadt ein Le- bewohl und Hoch zurief, abgezogen. Der Marsch- befehl lautet nach Gelnhausen, allwo das Wei- tere erwartet werden soll. Das Regiment muß sämmtliche Effekten mitnehmen, nur das Kaser- neninventar bleibt zurück. -- Unsere Bürgergarde hat seit heute des Morgens die Wachen der Stadt bezogen. ( F. J. ) Bockenheim, 29. Okt. Heute Morgen um 5 Uhr ist, in Folge einer Nachts um 1 Uhr ein- getroffenen Stafette, Generalmarsch geschlagen worden. Nachdem die hier in Besatzung stehen- den kurfürstlichen Truppen sich alsbald versammelt hatten, ist denselben verkündet worden, daß Be- urlaubungen bis zu 30 Mann per Compagnie eintreten sollten. Die zum Cadre bestimmten 30 Mann sind sofort abgezählt und der Ueberrest der Mannschaft auf Urlaub entlassen worden. Schleswig=holsteinische Ange- legenheiten . Schleswig=Holstein. Die amtliche Verlustliste der schleswig=holsteinischen Armee in den Gefechten bei Friedrichstadt und Tönning theilt, die Namen folgender Bayern mit: Friedrich Lay aus Nürn- berg Schuß durch die Wade; Oberjäger Ferdi- nand Roppelt aus Bamberg vermißt ( muthmaß- lich todt ) ; Unteroffizier Ludwig Adam aus Nürn-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 260. Würzburg, 30. Oktober 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische260_1850/1>, abgerufen am 29.03.2024.