Jedoch vorstehende Formul wäre gegen den Freyer oder vermeinten Bräutigam selbst gerichtet; folget nun die abschlägige
Antwort des Vatters auf die Ansu- chung eines Freywerbers.
Mein Herr! Jch bedauere, daß Jh- nen auf ihren bescheidenen Vortrag kei- ne gewährige Resolution und Antwort geben noch ertheilen kan: Denn es nö- thigen mich verschiedene Umstände, in diese Werbung nicht zu geheelen; weil mein Kind ziemlich schwach, und also nicht geschickt sey, einer so grossen und schwehren Haushaltung gebührlich für- zustehen. Zudem ist solche bißhero auf dem Land in lauter Einfalt erzogen, und nie zum prächtigen Stadt-Leben gewöh- net worden, dahero sie schlechten Staat machen, und wol vielen Leuten zum Ge- lächter werden dürfte, und zu dem bin ich von meiner Tochter versichert, daß sie von dem Land-Leben Zeit ihres Le- bens, nicht tretten und weichen wird. Der Herr wird diese wichtige Entschul- digung nicht mißbilligen, sondern solche selbst vernünfftig erkennen. Jch wün-
sche
D 6
Jedoch vorſtehende Formul waͤre gegen den Freyer oder vermeinten Braͤutigam ſelbſt gerichtet; folget nun die abſchlaͤgige
Antwort des Vatters auf die Anſu- chung eines Freywerbers.
Mein Herr! Jch bedauere, daß Jh- nen auf ihren beſcheidenen Vortrag kei- ne gewaͤhrige Reſolution und Antwort geben noch ertheilen kan: Denn es noͤ- thigen mich verſchiedene Umſtaͤnde, in dieſe Werbung nicht zu geheelen; weil mein Kind ziemlich ſchwach, und alſo nicht geſchickt ſey, einer ſo groſſen und ſchwehren Haushaltung gebuͤhrlich fuͤr- zuſtehen. Zudem iſt ſolche bißhero auf dem Land in lauter Einfalt erzogen, und nie zum praͤchtigen Stadt-Leben gewoͤh- net worden, dahero ſie ſchlechten Staat machen, und wol vielen Leuten zum Ge- laͤchter werden duͤrfte, und zu dem bin ich von meiner Tochter verſichert, daß ſie von dem Land-Leben Zeit ihres Le- bens, nicht tretten und weichen wird. Der Herr wird dieſe wichtige Entſchul- digung nicht mißbilligen, ſondern ſolche ſelbſt vernuͤnfftig erkennen. Jch wuͤn-
ſche
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Jedoch vorſtehende Formul waͤre
gegen den Freyer oder vermeinten
Braͤutigam ſelbſt gerichtet; folget
nun die abſchlaͤgige
Antwort des Vatters auf die Anſu-
chung eines Freywerbers.
Mein Herr! Jch bedauere, daß Jh-
nen auf ihren beſcheidenen Vortrag kei-
ne gewaͤhrige Reſolution und Antwort
geben noch ertheilen kan: Denn es noͤ-
thigen mich verſchiedene Umſtaͤnde, in
dieſe Werbung nicht zu geheelen; weil
mein Kind ziemlich ſchwach, und alſo
nicht geſchickt ſey, einer ſo groſſen und
ſchwehren Haushaltung gebuͤhrlich fuͤr-
zuſtehen. Zudem iſt ſolche bißhero auf
dem Land in lauter Einfalt erzogen, und
nie zum praͤchtigen Stadt-Leben gewoͤh-
net worden, dahero ſie ſchlechten Staat
machen, und wol vielen Leuten zum Ge-
laͤchter werden duͤrfte, und zu dem bin
ich von meiner Tochter verſichert, daß
ſie von dem Land-Leben Zeit ihres Le-
bens, nicht tretten und weichen wird.
Der Herr wird dieſe wichtige Entſchul-
digung nicht mißbilligen, ſondern ſolche
ſelbſt vernuͤnfftig erkennen. Jch wuͤn-
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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/89>, abgerufen am 16.06.2024.
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